Schweizer Unternehmer bei Trump: Ein möglicher «Deal» sorgt für Wirbel
Letzte Woche tauchte ein Foto auf, das es in sich hat. Es zeigt mehrere Schweizer Wirtschaftsführer bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Oval Office des Weissen Hauses. Die Botschaft war eindeutig: Endlich gibt es Bewegung im Streit um den 39-Prozent-Zoll, den Trump der Schweiz ausgerechnet am Bundesfeiertag aufgedrückt hat.
Ein Vertreter des Bundes war nicht vor Ort, doch das Wirtschaftsdepartement war offenbar eingeweiht. Einen Durchbruch gab es nicht, doch allein die Tatsache, dass dieses Meeting stattgefunden hat, sorgte in den Medien nicht gerade für Euphorie – Trumps Sprunghaftigkeit hat sich auch bei uns herumgesprochen –, zumindest aber für Optimismus.
Very constructive conversation with Ambassador Jamieson Greer @USTradeRep on Trade and Investment. Great new dynamic in our bilateral relations, thanks to President Trump @POTUS. pic.twitter.com/ELbqsOQoNP
— Guy Parmelin (@ParmelinG) November 7, 2025
Positiv vermerkt wurde, dass der US-Handelsdelegierte Jamieson Greer das Thema gemäss Trump mit der Schweizer Führung vertiefen werde. Am Freitag sprachen Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda online mit Greer. Der SVP-Bundesrat vermeldete auf X ein «sehr konstruktives Gespräch» und eine «grossartige neue Dynamik».
Forderungen gegen China
Jamieson Greer gilt als Freund der Schweiz, doch das muss wenig heissen. Das zeigte sich am 31. Juli beim Telefonat von Trump mit Karin Keller-Sutter. Als die Bundespräsidentin auf die zu Beginn des Monats geschlossene Vereinbarung mit Greer und Finanzminister Scott Bessent verwies, soll sich der Präsident abschätzig über die beiden geäussert haben.
Bei Donald Trump kann man nie sicher sein. Für einen zusätzlichen Dämpfer sorgte am Wochenende ein Bericht in der «Sonntagszeitung». Gemäss mehreren Quellen habe die US-Seite zwei Forderungen auf den Tisch gebracht, «die für Wirbel sorgen dürften». Dabei scheint es vor allem um China zu gehen, den «Erzfeind» in der Wirtschaftspolitik.
Schweiz als Hilfspolizist?
So verlangen die Amerikaner offenbar, dass die Schweiz künftig US-Sanktionen übernimmt, «wenigstens dann, wenn sie wichtig sind». Ähnliche Deals gab es mit Kambodscha und Malaysia. Ausserdem gehe es um Investitionskontrollen. Es soll verhindert werden, dass insbesondere chinesische Firmen strategische Industriebetriebe kaufen.
Was die USA genau fordern, ist unklar. Die Schweiz werde wohl nicht darum herumkommen, «Hilfspolizist für die Amerikaner zu spielen», kommentierte die «Sonntagszeitung». Heftige Reaktionen aus der Politik blieben nicht aus, denn sollte die Schweiz nachgeben, wäre dies in mehrfacher Hinsicht brisant, nicht zuletzt mit Blick auf eine andere «Baustelle».
Parlament gegen Bundesrat
Der weniger problematische Punkt sind die Investitionskontrollen. Ein entsprechendes Gesetz ist im Parlament hängig. Es basiert auf einem Vorstoss des Walliser Mitte-Ständerats Beat Rieder. Er hatte ihn 2018 als Reaktion auf die Übernahme des Agrochemiekonzerns Syngenta durch ein chinesisches Staatsunternehmen eingereicht.
Liberale Kreise waren alarmiert, denn ein solches Kontrollregime stellt aus ihrer Sicht einen ordnungspolitischen Sündenfall dar. Auch der Bundesrat lehnte Rieders Vorstoss ab, doch nachdem National- und Ständerat ihn überwiesen hatten, musste er ein zugehöriges Gesetz erarbeiten. Beide Räte haben ihm bereits zugestimmt, doch es gibt noch Differenzen.
Heikle Sanktionsforderung
In diesem Punkt dürften die Forderungen der Amerikaner – sofern sie existieren – somit erfüllt werden. Wesentlich schwieriger wäre eine Übernahme von Sanktionen, vor allem wenn sie quasi «automatisch» erfolgen sollte. Politiker aus allen vier Bundesratsparteien verwahrten sich in der «Sonntagszeitung» gegen diese «Cowboy-Weltpolitik».
Heikel wäre es für die SVP, in deren Reihen sich einige «Trump-Versteher» tummeln, auch wenn sie seit dem «Zollhammer» leise geworden sind. Der Luzerner Nationalrat Franz Grüter wäre «sicher dagegen», wenn die Schweiz das amerikanische Regime für Exportkontrollen und Sanktionen «vollständig übernehmen müsste», nur um tiefere Zölle zu erhalten.
Der wahre Unterwerfungsvertrag
Damit öffnete der Aussenpolitiker eine Hintertür. Auch Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl signalisierte, dass «eine Zusammenarbeit bei einzelnen Massnahmen möglich ist». Für die Schweiz wäre es so oder so eine Gratwanderung, denn sie will neben dem Zollstreit mit den USA kaum einen «Handelskrieg» mit der Wirtschafts-Grossmacht China riskieren.
Und da wäre noch die Europäische Union als grösster Handelspartner. Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter verwies auf den vielleicht heikelsten Punkt, falls die Schweiz den USA nachgeben sollte: «Im Gegensatz zu dem auf Augenhöhe ausgehandelten Vertragspaket mit der EU wäre das dann wirklich ein Unterwerfungsvertrag.»
Hoffen auf das WEF
Mit anderen Worten: Für Europafreunde wie Schneider-Schneiter wäre ein derartiger Deal mit den Amerikanern ein gefundenes Fressen in der Debatte über die Bilateralen III. Was wirklich Sache ist, bleibt vorerst offen. Aber dass Donald Trump von der Schweiz eine härtere Gangart gegenüber China fordern könnte, ist ein realistisches Szenario.
Es bleibt somit fraglich, ob das Treffen der Unternehmer im Oval Office zum Durchbruch führt. Oder ob die Schweiz bloss in einer neuen Sackgasse landet. Die grössten Hoffnungen konzentrieren sich derzeit auf Donald Trumps angekündigten Besuch am WEF in Davos. Ob der Präsident wirklich kommt, wird man aber erst in letzter Minute wissen.
