Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Die Kunden, die an diesem Donnerstagmorgen an der Kasse des Dirok Market im Zürcher Kreis 5 stehen, müssen nicht lange für eine Unterschrift überredet werden. «Petition – für den Verbleib vom Gemüseladen Dirok ohne schikanöse Auflagen», fordern die Unterzeichnenden. Innerhalb einer Viertelstunde ist das erste A4-Blatt fast voll.
«Viel Glück», haucht eine junge Kundin, legt den Stift wieder hin und schnappt sich ihre Einkaufstüte voller frischem Gemüse. Fatma Yapici beisst sich auf die Lippen. Sie steht an der Kasse und versucht das Tagesgeschäft möglichst normal zu aufrecht zu erhalten. «Ich kämpfe, wir bleiben hier», sagt die 50-Jährige immer wieder, «noch ist nicht alle Hoffnung verloren.»
Dieser Laden ist ihre Existenz, seit 17 Jahren führt sie ihn gemeinsam mit ihrem Mann. Auch ihr Sohn hilft mit. Der kleine Lebensmittelladen ist beliebt im Quartier. Kaum machte der Tages-Anzeiger bekannt, dass die Immobilienverwalterin Wincasa die Familie unter Druck setzt, startete die Gruppe 5im5i die Petition. «Wir wollen, dass das Problem der Vertreibung von Läden aus dem Kreis 4 und 5 in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird», sagt Sprecher Heinz Nigg. «Und, dass sich Widerstand gegen diese Vertreibung zu formieren beginnt.»
Das Vorgehen der Immobilienverwalterin Wincasa ist bizarr: Als der aktuelle Mietvertrag der Familie Yapici nach fünf Jahren erneuert werden sollte, verlangte sie plötzlich «ein neues Konzept» für den Lebensmittelladen. Begründung: Der nahegelegene Denner und die Migros verkaufen bereits Lebensmittel.
Für Fatma Yapici ist das eine unmögliche Anforderung: «Was soll ein Lebensmittelladen denn tun, wenn nicht Lebensmittel verkaufen?», fragt sie. Ihr Sohn Mehmet macht sich Sorgen um seine Eltern: «Der Laden ist alles, was sie haben. Er lief gut und der Gewinn reichte zum Leben», sagt er im Video. Er glaubt, die Grossverteiler stecken hinter dem Ganzen, weil die Preise im Dirok tiefer sind. Die Eigentümer der Immobilie ist ein Immobilienfonds der Credit Suisse, in den Schweizer Pensionskassen anlegen. Im vergangen Jahr liess der CS-Fonds die Wohnungen über dem Laden von Grund auf modernisieren und die Mietpreise erhöhen.
Dass es um Konkurrenz geht, glaubt Elena Marti nicht, Präsidentin der Jungen Grünen Zürich. Für sie ist klar: «Hier geht es um Aufwertung». Die orientalischen Läden sollen zahlkräftigeren Mietern weichen, die Gemüseauslagen von der Strasse verschwinden.
Elena Marti hat sich, als sie am Morgen davon erfuhr, kurzentschlossen aufgemacht, um die Petition zu unterstützen und die Betroffenen zur Zusammenarbeit zu bewegen. Im EGE Import Export diskutiert sie mit Erol Kutlu. Ihm gehört der zweite orientalische Lebensmittelladen, nur ein paar Blocks vom Dirok entfernt. Auch ihn will Wincasa loswerden.
Kutlu wirkt verzweifelt. Das grosse Lebensmittelgeschäft mit dazugehörender Metzgerei, Imbiss und Barbierladen ist sein Lebenswerk. Seit 24 Jahren wirtschaftet er hier – erfolgreich: Der Laden ist längst nicht nur für Türken und Kurden Anlaufstelle für nahöstliche Köstlichkeiten und Halal-Fleisch. «Ich verliere alles», sagt Kutlu, «Ich habe zwischen 500'000 und 800'000 Franken in diesen Laden investiert», sagt er.
Auch von Kutlu wollte Wincasa ein neues Konzept, ohne Lebensmittelhandel. Kutlu prozessierte und verlor vor dem Bezirksgericht. Bis der Termin am Obergericht stattgefunden hat, will Kutlu bleiben. Wincasa hat die Räumlichkeiten bereits wieder zur Miete ausgeschrieben.