Null Punkte beim Deutschland Cup. Drei Niederlagen (0:3 Kanada, 2:3 Deutschland B, 1:4 Slowakei). 3:10 Tore. Null Punkte. Kein Powerplay-Tor. Aber zwei Tore in Überzahl kassiert. Noch schlimmer: keine Disziplin. Keine Emotionen. Es schien, als sei der Deutschland Cup für alle eine Strafaufgabe.
Es war Verrat an unserem Hockey. Denn unser Hockey ist besser als es die Nationalmannschaft vermuten liesse. Diese Woche haben vier Teams (Fribourg, Bern, die ZSC Lions und Lugano) eine Chance auf den Vorstoss ins Viertelfinale der Champions Hockey League. Die Liga rockt. Ab nächster Saison wird für die TV-Rechte pro Saison 35,50 Millionen pro Jahr bezahlt.
Vor 14 Jahren, im November 2002, haben wir letztmals eine so erbärmliche Nationalmannschaft gesehen. Auch drei Niederlagen (1:4 Kanada, 2:5 Deutschland A, 0:1 USA). Auch 3:10 Tore. Auch null Punkte beim Deutschland Cup. Aber es gibt einen ganz grossen Unterschied: Damals gab es einen Traum, eine Vision und einen Trainer, der daran glaubte und stark genug war, an der Verwirklichung dieses Traumes zu arbeiten.
Nationaltrainer Ralph Krueger wusste, was er wollte: eine Medaille. Er hatte klare taktische Vorstellungen, wie er dieses Ziel erreichen wollte. Weil er einen Vertrag bis 2006 hatte, war er bei leeren Verbandskassen unentlassbar. So überstand er die schwerste Krise seiner Karriere. Ab dem Deutschland Cup 2002 ging es nur noch aufwärts. Bereits ein halbes Jahr später erreichten wir bei der WM 2003 wieder das Viertelfinale und 2006 besiegten wir beim olympischen Turnier in Turin die kanadischen NHL-Profis und Weltmeister Tschechien. Nach den olympischen Spielen 2010 übernahm Sean Simpson das Amt von Ralph Krueger und krönte die Arbeit seines Vorgängers 2013 mit dem WM-Finale.
Patrick Fischer 2016 wie Ralph Krueger 2002? Geht es ab sofort auch nur noch aufwärts? Bereits im nächsten Frühjahr ins Viertelfinale? 2018 bei Olympia ein Sieg gegen die Kanadier und eine Amtszeit bis 2024?
Das Herz hofft, dass es so sein wird. Aber der Verstand sagt, dass es nicht so sein wird. Patrick Fischer fehlen das unerschütterliche Selbstvertrauen, die klaren Vorstellungen, das taugliche taktische Konzept und die Erfahrung Ralph Kruegers.
Ralph Krueger war bereits 2002 ein erprobter Bandengeneral. Ein Titan. Er hatte mit Feldkirch mehrere Titel und sensationell den europäischen Klubwettbewerb gewonnen und 1998 mit der Schweiz das WM-Halbfinale erreicht.
Patrick Fischer ist so etwas wie eine «Kunstfigur». Ein PR-Produkt des Verbandes. Ein freundlicher Mann, der mit allen gut auskommt und ein guter Kommunikator. Ein guter Hockey-Diplomat und eigentlich wäre er der ideale Sport- oder Marketing-Direktor. Aber er ist kein «kampferprobter» Bandengeneral. Er hat als Trainer noch nichts gewonnen. Ihm fehlen Erfahrung und die fachliche Autorität. Als er vor etwas mehr als einem Jahr mit Lugano auf den letzten Platz abgerutscht war, musste er gehen. Nun ist er auch mit der Nationalmannschaft auf den letzten Platz zurückgefallen. Aber er wird nicht gehen müssen. Allerdings ist Patrick Fischer, anders als Ralph Krueger, mit einem Vertrag bis 2018 aber bei vollen Verbandskassen nicht unentlassbar.
Träume von neuen Medaillen? Nein. Die neue Realität sieht anders aus. Anders als 2002 hat für Träume und Visionen niemand mehr Energie, Zeit und Lust. Alle Kräfte werden gebraucht, um wenigstens den Nationaltrainer im Amt zu halten. Beim Heimturnier in Dezember in Biel werden wir einen allfälligen Sieg gegen ein Operettenteam wie Frankreich, das für seine Nationalmannschafts-Programme weniger Geld zur Verfügung hat als der SC Bern für seine erste Mannschaft, als grossen Sieg verkaufen. Als Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und bei der WM werden wir nur dann nicht in Abstiegsgefahr geraten, wenn aus der NHL Roman Josi oder wenigstens Nino Niederreiter herbeieilen, um uns zu retten.
Unser Eishockey gehört sportlich und wirtschaftlich und von der Qualität der Liga her zu den Grossen. Aber unsere Nationalmannschaft ist auf das Niveau einer Hockey-Entwicklungsnation gesunken. Das Problem rund um unsere Nationalmannschaft lässt sich seit dem Weggang von Sean Simpson nach der WM 2014 in einem Satz zusammenfassen, den ich eigentlich nicht mehr schreiben wollte: Löwen, geführt von Eseln.
Und ja, Lugano würde sogar mit einem Besen als Coach in die PO kommen. Dieses Kader ins Playout zu coachen, das schafft einzig Fischi😂😂
Der unsäglich schlechte Geist, den Philippe Gaydoul in den Verband brachte, ist auch nach seinem Weggang allgegenwärtig. Gaydoul hat «uns» u.a. zwei gute Nati-Coachs, eine gesunde neue NLB-Mannschaft (Huttwil Falcons) und eine moderne Eishalle (Huttwil) gekostet. Letzteres wird möglicherweise gerade korrigiert.