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Chinas neuer Kurs bereitet europäischen Unternehmen Sorgen

Chinas neuer Kurs bereitet europäischen Unternehmen Sorgen

23.09.2021, 08:45
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epa09416186 Cargo ships sail on the Huangpu River in front of the Lujiazui financial district in Shanghai, China, 16 August 2021. China?s economy continued to slow down in July, with the unemployment  ...
Chinas Kursänderung wird in Europa nicht gerne gesehen.Bild: keystone

Die Führung in Peking setzt schonungslos neue Regeln im Privatsektor durch. Das Durchgreifen, aber auch die rasant voranschreitende Abschottung der zweitgrössten Volkswirtschaft bereiten europäischen Firmen grosse Sorgen.

«Auf den ersten Blick scheint im Reich der Mitte zwar alles in Ordnung zu sein», sagte der Präsident der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke, am Donnerstag in Peking. So hätten viele Unternehmen im vergangenen Jahr wieder einmal Rekordzahlen bei Umsatz und Gewinn erzielt, was sich in naher Zukunft auch nicht ändern dürfte.

Und auch kurzfristig blieben die Aussichten für europäische Unternehmen, die in China tätig sind, insgesamt positiv. Es gebe jedoch «besorgniserregende Anzeichen» dafür, dass sich China zunehmend nach innen wende.

«Diese Tendenz lässt erhebliche Zweifel am künftigen Wachstumspfad des Landes aufkommen», sagte Wuttke bei der Vorlage des jährlichen Positionspapiers der EU-Handelskammer. Diese verwies auf den im März auf dem Pekinger Volkskongress verabschiedeten neuen Fünfjahresplan, der als Kurs klar vorgebe, «die Abhängigkeit vom Rest der Welt zu verringern und schliesslich einen hohen Grad an Autarkie zu erreichen».

Dabei werde China voraussichtlich die Rolle, die ausländische Unternehmen derzeit in der Wirtschaft des Landes spielen, weiter reduzieren - insbesondere in den Hochtechnologiesektoren. «Grosse Sorgen bereitet den Mitgliedern der Europäischen Handelskammer die Frage, inwieweit sie in der Lage sein werden, zum künftigen Wirtschaftswachstum Chinas beizutragen», sagte Wuttke.

Besorgniserregende Regulierung

Auch die andauernde Reglementierung des Privatsektors des Landes sei besorgniserregend. Mit einer grossen Regulierungskampagne von Staats- und Parteichef Xi Jinping wurden in den vergangenen Monaten mächtige Tech-Konzerne, der Online-Handel und Finanzdienste, die Gamingbranche, Fahrdienste, der Immobiliensektor sowie die Unterhaltungs- und Bildungsindustrie immer mehr an die Leine gelegt.

Es tobt eine heftige Debatte über die Frage, wohin der Staatschef das Milliardenreich steuert. Der will «allgemeinen Wohlstand» erreichen. Aber Kritiker warnen vor einer «neuen Kulturrevolution». Sie fürchten die Rückkehr alter Zeiten, die nur Chaos gebracht hätten.

Aus Sicht der Kammer versucht die Führung in Peking derzeit offenbar, die Kontrolle über den dynamischen Privatsektor zu verstärken, um politische Ziele zu erreichen. Gleichzeitig sollen womöglich Wege gefunden werden, «ausländische Unternehmen vom Markt und insbesondere von strategischen Sektoren auszuschliessen».

Derzeitiger Kurs schlecht

Der derzeitige Kurs sei nicht nur für ausländische Firmen schlecht, die in China Geld verdienen wollen, sondern auch für die chinesische Volkswirtschaft selbst, betonte die EU-Kammer. So sei Chinas Wachstum in den vergangenen fünf Jahren bereits leicht hinter dem zurückgeblieben, wo es eigentlich sein sollte.

Ein Trend, der sich fortsetzen könnte, wenn Peking sich dafür entscheide, auf mutige Marktreformen zu verzichten und stattdessen einen eher isolierten Ansatz verfolge.

Dass China sich in jedem Fall zur globalen Wirtschaftssupermacht entwickelt, sei keineswegs sicher. Die Kammer fordert von Peking: Statt sich abzuschotten, müsse China «den Geist des 1978 begonnenen Reform- und Öffnungsplans» fortsetzen, internationale Brücken wieder aufbauen und sich für eine stärkere Integration in die Weltwirtschaft einsetzen. (aeg/sda/awp)

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Die schamlosesten Fälschungen aus er ganzen Welt (also ja, hauptsächlich China ...)
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47 Kommentare
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GuyFawkes21
23.09.2021 11:48registriert Februar 2020
Geschätzte Community, ich nehme an, dass viele aus naheliegenden Gründen der gleichen Meinung sind: man hat durch pure Profitgier sehr lange geschlafen und so viele Arbeitsplätze nach China "gebracht". Dieser Kurs sollte zumindest soweit wie möglich korrigiert werden...letztlich auch aus Umweltgründen. Waren ständig um die halbe Welt zu transportieren kann nicht nachhaltig sein. Irgendwann in der Zukunft hat China einen so hohen Standard erreicht, dass sich das Lohn- und Preisniveau (in der Gesamtrechnung) dem Westen zumindest annähert.
Aber interessiert uns das heute?
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Just-ice
23.09.2021 11:08registriert September 2019
"..zum künftigen Wirtschaftswachstum Chinas beizutragen." Herr Wuttke meint wohl "am künftigen Wirtschaftswachstum Chinas zu profitieren". Wieso sollte China überhaupt auf eine Handelskammer einer relativ desorientierten Union überhaupt Acht geben?
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