Und? Wie läuft's so mit dem Detox-Januar? Neues Jahr, neues ich – da stünde eine Entschlackung an, oder? Den Körper durchputzen. Die Gifte raus spülen. Und ausserdem hast du ja über die Feiertage zugenommen, nicht? Kein Problem! Neujahres-Diät – los!
So viel gleich im Voraus: Mach' ruhig beides – bestenfalls wird's vielleicht deinem Gemüt gut tun. Deinem Körper? Deswegen kannst du dir beides auch ruhig sparen.
Diät, also: Nun, vielleicht hast du tatsächlich ein bisschen mehr auf den Hüften als vor einem halben Jahr. Die Gründe dafür sind evident: Es ist Winter, wir hocken mehr in unseren Häusern herum, fahren weniger Velo. Nein, ich mag in der Winterkälte nicht wirklich joggen gehen. Und dann war da noch eine Kleinigkeit namens Feiertage, mit den allgegenwärtigen Weihnachtsguetzli, die im Büro immer herumlagen, und dem vielen Alkohol, für dessen Konsum es vermehrte Gründe gab.
Prompt ist die Diätindustrie zur Stelle und verspricht dir das Blaue vom Himmel: Wenn du Nahrungsgruppe X weglässt, kannst du so viel essen, wie du willst! Mühelos abnehmen mit der Blabla-Diät! Die Höhlenmenschen wussten, wie's geht, imfall! Du, hingegen, du ernährst dich ungesund!
Mmmh ... falsch. Noch nie hatte die Menschheit eine derart hohe Lebenserwartung wie heute. Unsere Vorfahren in der Steinzeit hingegen konnten sich Methusales schätzen, wenn sie 30 Jahre erreichten – dies, nur wenn sie Kälte, Seuchen, Infektionen, religiöse Menschenopfer, Stammesfehden, Säbelzahntiger-Angriffe oder Hungersnöte überlebten. Die meisten starben eh bereits als Kleinkinder.
Leider ist es so: Die meisten Diäten sind Nonsens. Oftmals gar: Sie sind schädlich. Und am schädlichsten sind sie für unsere Psyche.
«Dick» und «fett» sind sehr relative Begriffe, die historisch und kulturell stets neu definiert wurden und werden. Deine «fetten Hüften» von heute gingen in den Fünfzigerjahren als «weibliche Kurven» durch. Ärsche heutiger Sexsymbole galten in den Neunzigerjahren als adipös. Dazu kommt, dass Übergewicht verschiedenste Ursachen haben kann, von denen die sozioökonomischen meistens die wichtigsten sind.
Doch die Diätindustrie will, dass du die Schuld bei dir selbst suchst. Was? Du hast über die Feiertage zugenommen? Du hast dich aber gehen lassen! DU LOSER! Mach' mal was! Kauf diesen Diätplan! Kauf dieses Low-Fat-Produkt, jene Diätpille, und schau noch jede Menge Reality-TV, lies jede Menge Hochglanz-Magazine und folge jede Menge Instagrammern, jenen perfekten Menschen mit ihren perfekten Körpern, die ihr perfektes Leben sowas von perfekt im Griff haben! #goals #believeinyourself. Arschlöcher, allesamt.
Merke: Die obige Dame sieht nicht so aus, weil sie das Zeugs dort isst, sondern weil sie von Beruf Fitness-Model ist, dessen Job darin besteht, tagtäglich ein rigoroses Trainingsprogramm zu absolvieren. Solche Menschen sollten für uns Normalsterbliche komplett irrelevant sein.
Und dann kommt hier noch die Detox-Industrie und haut gleich in dieselbe Kerbe. #cleaneating #detox #cleanse #plenish #bollocks. Pseudowissenschaftlicher Humbug ist das, Leute.
Wer meint, er müsse seine Leber entgiften, hat wohl im Biologieunterricht nicht aufgepasst. Und wer jetzt denkt, man könne Pillen schlucken, eine Saftkur machen, Fusspflaster kleben oder sich einer Darmspülung unterziehen und dabei alles Böse (sprich «Giftstoffe») magisch aus seinem Körper verbannen, dem sei hier gewarnt: Es ist ein Bschiss.
Sorry to break it to you this way, aber dein Körper lässt sich nicht «entgiften». Ja, der menschliche Körper nimmt mit der Nahrung Giftstoffe auf. Und, ja, im Stoffwechsel fallen auch giftige Zwischen- und Endprodukte an. Derartige Stoffe werden – zum Teil nach Umwandlungen in der Leber – über Galle, Harn und Co. ausgeschieden oder erst gar nicht im Darm aufgenommen. Solange die beteiligten Organe gesund sind, brauchen sie keine Unterstützung. Wenn du aber einen Leber- oder Nierenschaden hast, nützt dir dein veganes Gemüse-Smoothie auch nichts mehr – du brauchst ärztliche Behandlung.
Es gibt schlicht keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis, dass eine Entschlackung bei einem halbwegs gesunden Menschen irgendwas bewirkt.
Ausser, dass man sich vielleicht dabei gut «fühlt». Worauf man antworten muss: Und hoffentlich auch, verdammt nochmal! Bei den crazy Preisen, die man für die Pülverchen und Diätplan-Abos ausgibt, ist ein vages Wohlgefühl das Mindeste, das man verlangen darf.
Schaut euch etwa dieses Ding an:
«Kale, Apfel, Zitrone – drei einfache Zutaten, die deinen Körper singen lassen!» Okay, die Phrase «make your body sing» ist schon mal ein ziemlicher Bullshit-Indikator. Aber schaut mal husch auf die Zutaten: 42g Zucker ist in so einer 4,7-Dezi-Flasche. Kein Wunder bist du voller Energie, nachdem du die Brühe getrunken hast! Und, ach ja: Macht 8 Franken, bitte!
Genau deswegen existiert die Detox-Industrie: Das ist big money. Schau' dir nur mal die Preise im Superfood-Gestell im Coop an. Oder auf Gwyneth Paltrows Goop-Portal. Oder bei jenen selbsternannten Food-Coaches, die ihre Dienste anbieten. Entschlackt wird vor allem eins: dein Portemonnaie.
«Aber ich habe eine Detox-Diät gemacht und abgenommen dabei.» Ja, klar – weil diese, wie die meisten, eine Low-Calorie-Diät war. Und jetzt kommen wir zu der traurigen Wahrheit: Willst du abnehmen, musst du weniger Kalorien zu dir nehmen, als du verbrennst – ergo musst du weniger essen und dich mehr bewegen. Sorry.
Und, nein, es gibt keine «guten» oder «schlechten» Kalorien.
So. Und wenn du eigentlich nur «detoxen» wolltest, also einfach ein bisschen gesünder leben und dich ernähren? Well guess what? Auch hier gilt: Beweg' dich viel und iss' ausgewogen. Ja, iss genügend Gemüse, Früchte, Hülsenfrüchte und dergleichen – so steckst du die gelegentlichen Steaks, Donuts oder Whiskies locker weg.
Geniesst das Leben, Leute. Hört mehr Rock'n'Roll.
xxx
Genau das ist es, mit dem Grundsatz bin ich von 120..jaja ich weiss..auf 80KG runter. Nein, es gab keine Abkürzungen, nur täglich im Schnitt -500kcal (Input-Output). Es war harte Arbeit und hat auch viel Durchhaltevermögen gekostet. Schokolade gabs trotzdem, einfach nach Mass.
Heute bin ich glücklicher, vor allem selbstbewusster und das Leben fällt mir einfacher. Früher habe ich auch gedacht, es ist egal wie ich aussehe, doch schlussendlich habe ich mich dadurch nur selbst angelogen. Denn ich habe es gehasst.