Mit diesen Worten kommentiert die «Neue Zürcher Zeitung» die am Mittwoch vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen zur Lockerung der Corona-Massnahmen. Es sei ein Ruck durch die Landesregierung gegangen. Statt weiter zögerlich, ja ängstlich zu agieren, habe der Bundesrat neuen Mut gefasst. In den Gesichtern und Stimmen sei Erleichterung erkennbar gewesen. Der Bundesrat müsse nun rasch aus dem Krisenmodus kommen. Gefordert sei auch das Parlament, wenn es nächste Woche zur ausserordentlichen Session zusammen komme. Es müsse seriös handeln. Für Profilierungen als Retter der Nation sei kein Platz.
Sehr kritisch äussert sich die Kommentatorin im «Tages-Anzeiger» zu den weitgehenden Lockerungen. Die neue Leichtigkeit des Seins habe sich bereits in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Für diese gefährliche Lockerheit seien der Bundesrat und die Behörden mit verantwortlich. Unter dem Druck der Solotänzer Cassis und Maurer habe der Bundesrat die Öffnung beschleunigt. So steige das Risiko, dass bald eine zweite Welle auf die Schweiz zurolle. Die Regierung habe ihren selbst gewählten Mittelweg verlassen und fahre Zickzack.
Trotz Risiken spreche vieles für die Lockerung, lautet der Tenor bei der «Aargauer Zeitung». Eine Kehrtwende, wie sie der Bundesrat nun vollzogen habe, sei bis vor kurzem nicht absehbar gewesen. Die Wirtschaft könne aufschnaufen. Euphorie sei jedoch Fehl am Platze. Die strengen Schutzregeln verunmöglichten grosse Sprünge. Bevor der gestaffelte Wiedereinstieg in die Normalität am 11. Mai beginne, müsse der Bundesrat verlorenes Vertrauenskapital zurückgewinnen. Denn ohne die Kooperation der Bevölkerung sei jede noch so ausgeklügelte Eindämmungsstrategie wirkungslos.
So lautet die Schlagzeile auf der Frontseite des «Blick». Der Bundesrat habe sich nach dem Stillstand für eine weitgehende Öffnung entschieden. Das sei ein grosser Unterschied zum Auftritt der Regierung vor zwei Wochen. Der «Blick» hatte damals das fehlende Vertrauen in die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger kritisiert. Nun erhielten die meisten Wirtschaftszweige eine Perspektive. Einzig Grossveranstaltungen blieben verboten und Auslandreisen weitgehend ausgeschlossen.
Der 11. Mai, der Termin für weitere Lockerungen nach der Coronakrise, sei so etwas wie ein vorgezogener Nationalfeiertag, kommentiert die «Berner Zeitung». Läden, Beizen und Märkte dürften mit dem entsprechenden Schutz wieder öffnen. Die Zeit der teils absurden Einschränkungen, wo der eine Laden öffnen dürfe, was dem anderen verboten bleibe, sei endlich vorbei. Bürgerinnen und Bürger hätten Selbstverantwortung bewiesen und würden es weiterhin tun. Die Schweiz müsse lernen, mit dem Virus zu leben.
Als Hochrisikospiel bezeichnet der Kommentator der «Südostschweiz» die überraschende Öffnung von Restaurants, Bars und Gastrobetrieben am 11. Mai, ohne abzuwarten, was der erste Öffnungsschritt bringen werde. Das sei offenbar der politische Preis, den die Regierung zu zahlen bereit sei. Faktisch habe der Bundesrat am Mittwoch den Stillstand per 11. Mai aufgehoben. Einige Restriktionen blieben bis zum Herbst. Aber das Gröbste sei weg. In der Bevölkerung dürfte die Vorsicht schwinden. Da könnte den Bundesexperten bald einmal der Himmel auf den Kopf fallen.
Der Kommentator im «Bund» fokussiert auf die Gastronomie, die früher als gedacht nun doch auf ein Sommermärchen zusteuern könne. Ob der Druck der Branche gewirkt habe oder die Sorge überwogen habe, einen Teil des Gewerbes gegen die Wand zu fahren, könne offen bleiben. Die Gastronomen, die eben noch den Fall ins schwarze Loch befürchtet hätten, sähen nun wieder eine Perspektive.
Der Bundesrat habe beim Entscheid über die Lockerung der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zwar auf gesundheitlichen Kriterien geachtet. Nun aber rückten Themen wie Arbeitslosigkeit und Verschuldung ins Zentrum, schreiben die Westschweizer Tageszeitungen «Tribune de Genève» und «24 Heures». Nun sei wieder die Zeit der Politiker gekommen. Die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat habe sich für die für beschleunigte Lockerungen ausgesprochen. Zwar sei es positiv, dass die Wirtschaft und die Kantone wieder über einen gewissen Handlungsspielraum. Aber viele Fragen seien noch offen.
Für die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» stellen die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen einen Wendepunkt in der Krise dar. Bisher habe die Gesundheit Priorität gehabt. Nun rücke die wirtschaftliche Erholung ins Zentrum. Die bürgerlichen Parteien, die Wirtschaft und eine Mehrheit der Deutschschweizer Kantone hätten aufs Tempo gedrückt. Bundesrat Alain Berset habe sich der rechten Mehrheit im Bundesrat beugen müssen. Positiv sei, dass die Landesregierung nicht dem Druck von Gewerkschaften nachgegeben habe, die gegen die Wiederaufnahme des Schulunterrichts waren.
(jaw/sda)
Kann böse werden, muss es nicht.
Time will tell.
Abwarten und Hygieneempfehlungen befolgen. In einigen Wochen wissen wir mehr :)