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Edward Snowden prangert Apple an und warnt vor einem Desaster

Diese Illustration stammt aus dem Essay des NSA-Whistleblowers. Eine Anlehnung an die Serie «The Handmaid’s Tale», die sich um eine schrecklich-totalitäre Zukunft dreht.
Diese Illustration stammt aus dem Essay des NSA-Whistleblowers. Eine Anlehnung an die Serie «The Handmaid’s Tale», die sich um eine schrecklich-totalitäre Zukunft dreht.screenshot: edwardsnowden.substack.com

Darum prangert Edward Snowden Apple an und warnt vor einem sich anbahnenden Desaster

Der Whistleblower, der das ungeheure Ausmass der Online-Überwachung durch die Geheimdienste aufdeckte, warnt vor einer neuen Gefahr für die Demokratie. Das iPhone werde zum allwissenden Auge.
29.08.2021, 09:5030.08.2021, 15:40
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Diesen Herbst will Apple eine Massenüberwachung lancieren, wie es sie noch nicht gegeben hat. Und das soll etwas heissen, angesichts der bestehenden Massenüberwachung der globalen Kommunikation durch diverse Geheimdienste und angesichts von israelischer Spionage-Software wie Pegasus, die unbemerkt in jedes iPhone eindringen kann.

Wer weiss das besser als Edward Snowden?

Der NSA-Whistleblower hat sich diese Woche mit einer eindringlichen Warnung an die Welt gewendet. Der (übersetzte) Titel seines am Donnerstag veröffentlichten Essays lautet: «Das allwissende ‹i›: Apple hat gerade deiner Privatsphäre den Krieg erklärt».

Apple gehts um den Kampf gegen Kinderpornografie, oder auf Englisch: «Child Sexual Abuse Material» (CSAM).

Doch die vom iPhone-Hersteller angekündigten «Kinderschutz-Tools», die eine Überwachung auf den iPhones und iPads selbst bringen, haben viele unabhängige Expertinnen und Experten alarmiert.

Snowden findet deutliche Worte für das Vorhaben:

«Das neue System von Apple wird, egal wie man es zu rechtfertigen versucht, dauerhaft neu definieren, was dir gehört und was ihnen gehört.»

Er könne sich an kein anderes Unternehmen erinnern, das so stolz und öffentlich Spyware (Spionageprogramme) für seine eigenen Geräte verbreitet habe – und er könne sich keine gefährlichere Bedrohung für die Sicherheit eines Produkts vorstellen als den Unfug seines eigenen Herstellers.

«Um es ganz offen zu sagen: Das ist keine Innovation, sondern eine Tragödie, ein sich anbahnendes Desaster.»

Wann geht es los?

«In wenigen Wochen will Apple die Grenze aufheben zwischen den Geräten, die für dich arbeiten, und den Geräten, die für sie arbeiten.»
Snowden bezieht sich hier auf die neue iPhone- und iPad-Software, die im September herauskommen dürfte. Mit ihr werden die technischen Voraussetzungen geschaffen für die neuen Überwachungsfunktionen.

Wo ist das Problem?

«Der Vorschlag von Apple, seine Handys dazu zu bringen, ihre Besitzer auszuspionieren und zu verraten, markiert den Beginn einer dunklen Zukunft. Diese wird mit dem Blut der politischen Opposition von hundert Ländern geschrieben, die dieses System bis zum Äussersten ausnutzen werden.»
Menschenrechts-Organisationen rund um den Globus befürchten, Apples gut gemeinte Überwachungsfunktionen würden von autoritären Staaten missbraucht.

Was kann schon passieren?

«Was passiert, wenn eine Partei in Indien verlangt, dass sie nach Memes scannen, die mit einer separatistischen Bewegung in Verbindung gebracht werden?

Was passiert, wenn Grossbritannien verlangt, dass sie nach einer Bibliothek mit terroristischen Bildern scannen?

Wie lange dauert es noch, bis das iPhone in deiner Tasche anfängt, leise Berichte über die Begegnung mit ‹extremistischem› politischem Material oder über deine Anwesenheit bei ‹zivilen Unruhen› abzugeben?»

Die entscheidende Frage:

«Und warum? Warum riskiert Apple so viel für ein CSAM-Erkennungssystem, das von genau den Informatikern, die es bereits getestet haben, als ‹gefährlich› und ‹leicht für Überwachung und Zensur umfunktionierbar› angeprangert wird? Was könnte es wert sein, den grundlegenden Apple-Gedanken entscheidend zu erschüttern, nämlich dass ein iPhone der Person gehört, die es trägt, und nicht dem Unternehmen, das es hergestellt hat?»
Snowden verweist hier auf die beiden Computerwissenschaftler von der Princeton-Universität, die in der «Washington Post» vor dem Vorhaben warnten, nachdem sie selbst ein solches System entwickelt hatten.

Und was meint Snowden zu Optimisten, die immer noch hoffen, dass Apple eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für die ganze iCloud einführt?

«Ab dem Tag, an dem dieses System in Betrieb geht, wird es keine Rolle mehr spielen, ob Apple jemals eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ermöglicht, denn unsere iPhones werden ihre Inhalte melden, bevor unsere Schlüssel überhaupt benutzt werden. »

Und jetzt du!

Was hältst du von Apples Überwachungs-Tools? Und werden Android-User vor Ähnlichem verschont bleiben?

Quellen

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123 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DerRabe
29.08.2021 10:05registriert Juli 2014
Was ich dazu meine? Ganz einfach: Snowden in diesen Dingen zu widersprechen, wäre schlicht töricht.
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Yolo
29.08.2021 10:01registriert Mai 2015
Ich bin überzeugter Apple-User. Ich finde es toll, was der Konzern die letzten Jahren entwickelt hat, unter anderem die schnellsten Chips, die geräteübergreifende Verknüpfung und die komfortable Bedienung sämtliche Gerätschaften. Das neue Tool, wie soll ich sagen, schiesst über das Ziel hinaus und ich frage mich wirklich, ob ich weiterhin auf Apple-Produkte setzen möchte. Die Datenkrake Google ist für mich auch keine richtige Option. Was bleibt sonst noch? Kein Smartphone mehr.
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Snowy
29.08.2021 12:19registriert April 2016
Und vor allem werden die anderen grossen Player (wenn es „sogar Apple tut“) umgehend nachziehen.

Diese Scanmöglichkeit gilt es unter allen Umständen zu verhindern.

Gut, dass es eine breite Opposition gibt. Hoffen wir, dass es reicht.
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