«Darf mein Arbeitgeber mir in der Quarantäne künden?»
Liebe Christine
Das ist in der Tat ein Thema, das aktuell viele Menschen in der Schweiz beschäftigt; leider mit vielen Fragezeichen.
Sperrfrist oder nicht?
Grundsätzlich sieht das Obligationenrecht Art. 336c Sperrfristen für besondere Situationen vor. Die abschliessende Liste enthält auch den Punkt «unverschuldete Krankheit oder Unfall».
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Im eigentlichen Sinn ist Quarantäne zwar keine Krankheit, denn wer am Coronavirus erkrankt, muss in die Isolation. Aber wegen gesundheitlicher Fragen kann ein Arbeitnehmer in dieser Zeit seine Arbeit nicht in vollem Umfang verrichten bzw. bei der Stellensuche Vorstellungsgespräche führen. Aus diesem Grund gibt es Lehrmeinungen, wie sie etwa Prof. Dr. Thomas Geiser von der Universität St. Gallen vertritt, die Quarantäne diesem Punkt unterzuordnen.
Staatssekretariat für Wirtschaft hält sich heraus
Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco bestätigt, dass bei einer Anwendung von Art. 336c des Obligationenrechts einzig der Tatbestand der Krankheit zum Tragen kommen könne. Allerdings will es sich auf Anfrage von watson nicht festlegen: Es handle sich bei dieser Frage um privates Arbeitsrecht. Und weil es weit auseinander gehende Lehrmeinungen ohne Rechtsprechung gibt, könne die Behörde keine verbindliche Auskunft dazu erteilen.
Das Seco empfiehlt den Betroffenen grundsätzlich, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine tragbare Lösung zu finden. Im Streitfall könne einzig der Zivilrichter für eine Klärung der Rechtslage sorgen.
Unverschuldete Quarantäne als Basis
Wichtig für einen Erfolg ist allerdings laut Geiser, dass es sich bei der Quarantäne um eine unverschuldete Arbeitsunfähigkeit handelt. Will heissen: Reisen Arbeitnehmende ohne zwingenden Grund in ein Risikoland, so ist die Situation selbst verschuldet. Noch ungeklärt ist die Frage des Verschuldens, wenn das Land zum Zeitpunkt der Einreise noch nicht als risikoreich galt.
Bei positivem Test gilt der Grundsatz der Krankheit
Einfacher ist die Situation hingegen, wenn du in der Quarantäne positiv auf Corona getestet wirst und daraufhin in die Isolation gehst. Bei einem solchen Szenario gilt gemäss Seco diskussionslos Art. 336c. Du würdest in diesem Fall vom Kündigungsschutz profitieren, sofern du dich nicht mehr in der Probezeit befindest. Die Sperrfristen betragen bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit im ersten Jahr 30 Tage, vom 2. bis 5. Betriebszugehörigkeitsjahr 90 Tage und ab dem 6. Anstellungsjahr 180 Tage.
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