International
USA

So weist Kamala Harris alle Kritiker in zurück

So weist Kamala Harris gerade alle Kritiker in die Schranken

Die ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidatin hat ein Buch über den Wahlkampf 2024 geschrieben. Darin teilt Kamala Harris vor allem aus – selbst gegen Joe Biden.
27.09.2025, 12:4527.09.2025, 12:45
Renzo Ruf, Washington / ch media

Kamala Harris ist zurück. Und das Interesse an der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, die Washington vor acht Monaten unfreiwillig verlassen musste, ist gross. Viele Stationen der Lesetour, auf der Harris ihre jüngst publizierten Wahlkampf-Memoiren «107 Days» vorstellt, sind bereits ausgebucht. In einigen Grossstädten tritt die ehemalige Vizepräsidentin gleich zweimal am gleichen Tag auf, um mit ihren Fans «ein Gespräch» zu führen.

Former Vice President Kamala Harris exits the stage after the first stop of her book tour for her new book about her presidential campaign, "107 Days," at Town Hall in New York, Wednesday, S ...
Die ehemalige US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat am Mittwoch in einem Veranstaltungslokal in New York ihr neues Buch «107 Days» präsentiert.Bild: keystone

Dumm nur, dass viele Menschen immer noch wütend auf Harris sind. Schon am ersten Tag ihrer Tournee wurde sie am Mittwoch in New York von einigen Aktivistinnen und Aktivisten unterbrochen. Diese zeigten sich empört über den Gaza-Krieg und warfen der ehemaligen Vizepräsidentin vor, einen Genozid am palästinensischen Volk toleriert zu haben. An den Händen von Harris «klebt das Blut der Palästinenser»», rief ein Demonstrant.

«Ich bin nicht Präsidentin», sagt Harris

Sicherheitskräfte entfernten die Zwischenrufer aus dem Publikum, zur grossen Freude der restlichen Anwesenden, die ein teures Ticket erstanden hatten. Harris sah sich dennoch bemüssigt, auf die Kritik der Aktivisten einzugehen.

«Ich bin nicht Präsidentin», sagte sie, «ich kann nichts tun.» Im Gegensatz zu Donald Trump aber verstehe sie, was sich derzeit in Gaza abspielt. «Was dem palästinensischen Volk widerfährt, ist ungeheuerlich und bricht mir das Herz», sagte sie. Diese Meinung habe sie bereits vertreten, als sie noch Stellvertreterin von Joe Biden gewesen sei — aber letztlich habe sie über keine Entscheidungsbefugnis verfügt, weil in den USA der Präsident die Richtlinien der Aussenpolitik definiert.

Biden war im Weissen Haus, als Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und gegen 1200 Menschen ermordete. Biden sei «loyal gegenüber Israel» gewesen, schreibt Harris in ihrem Buch. Und Ministerpräsident Benjamin Netanyahu habe dies ausgenutzt, als Israel an Hamas Vergeltung übte. Auch spekulierte der israelische Rechtspolitiker darauf, dass Trump die amerikanische Wahl gewinnen und er dann einen grösseren Handlungsspielraum besitzen würde.

President Joe Biden and Vice President Kamala Harris arrive before the 60th Presidential Inauguration in the Rotunda of the U.S. Capitol in Washington, Monday, Jan. 20, 2025. (Melina Mara/The Washingt ...
Joe Biden und Kamala Harris.Bild: keystone

Das trifft sicherlich zu. Auch ist es tatsächlich störend, dass die propalästinensischen Aktivisten einen Auftritt einer Demokratin im Ruhestand unterbrechen — während Vertreter der aktuellen Regierung ungehindert über ihre Pläne für den Nahen Osten sprechen können. Was sicherlich auch damit zu tun hat, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Weissen Haus grösser sind als in einem Veranstaltungslokal in New York.

Schuld sind immer die anderen

Aber Harris macht es sich zu einfach, wenn sie die Fehler nur bei anderen sucht und in ihrem Buch zahlreiche Parteifreunde kritisiert. Sie hätte sich während ihres Wahlkampfes im vorigen Jahr, der nur 107 Tage dauerte, in deutlicheren Worten von Biden distanzieren können. Darauf verzichtete sie aber weitgehend. In Erinnerung geblieben ist ein Auftritt in der Fernsehsendung «The View». Im Oktober 2024 antwortete sie auf die Frage, was sie in den vergangenen vier Jahren anders als Biden gemacht hätte, mit der Aussage: «Mir kommt nichts in den Sinn.»

Auf ihrer Buch-Tour machte Harris diese Woche bei «The View» Station. Dort wurde sie gefragt, ob dieser Moment vor fast einem Jahr letztlich die Wahl entschieden habe. «Nein», antwortete Harris. Und dann sagte sie: «Ich glaube, einer der wichtigsten Faktoren für den Ausgang dieser Wahl war, dass die Amerikaner es satthatten, dass die Dinge so teuer waren.» Sie erweckte damit den Eindruck, als hätte die Regierung Biden nichts mit der hohen Inflation zu tun gehabt. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
142 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gurgelhals
27.09.2025 13:01registriert Mai 2015
Gratisinfo an Herrn Ruf: Die Regierung Biden hatte auch nicht wirklich etwas mit der Inflation zu tun. Die Inflation von 2022-24 waren v.a. die Nachwehen des weltwirtschaftlichen Durcheinanders, welches durch die Pandemie verursacht wurde. Und im Gegensatz zu einer gewissen anderen Horrorclown-Truppe, die derzeit als Regierung cosplayt, war die Biden Regierung auch darum bemüht, dies so gut es geht abzufedern.

Aber eben: Herr Ruf muss in seinen Artikeln aus Gründen halt weiterhin solche für ihn typischen "both sides"-Sachen schreiben, selbst wenn sie auf haltlosen Unterstellungen basieren.
21429
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pebbles F.
27.09.2025 13:25registriert Mai 2021
Leider hat man Kamala Harris ganz einfach verheizt. Wenn Biden ihr ein paar glänzendere Verantwortungen übergeben hätte statt sie bei Trumps Zaun/Mauer gegen Mexiko hinzustellen, hätte man sie klug nach den Midterms als sichtbare Vize mit Potential zeigen können.
Super einfach, ihr sämtliche Versäumnisse in die Schuhezu schieben - und jetzt guckt Euch mal das autokratische Trumpistan an. Was für ein Festival der Rücksichslosigkeit 😭
15821
Melden
Zum Kommentar
avatar
FrancoL
27.09.2025 13:44registriert November 2015
Ich finde es grenzwertig immer auf die Schiene "both sides" zu setzen, ich finde es vor allem auch heuchlerisch und alles andere als Sinn stiftend.
386
Melden
Zum Kommentar
142
Islamische Länder begrüssen Trump-Plan für Gaza
Die wichtigsten Ereignisse im Nahen Osten in der Übersicht, fortlaufend aktualisiert.
(red)
Zur Story