Schweiz
Wirtschaft

Zölle: Höhere Medikamentenpreise in der Schweiz werden wahrscheinlicher

epa12406122 US President Donald Trump signs an executive order in the Oval Office of the White House in Washington, DC, USA, 25 September 2025. EPA/YURI GRIPAS / POOL
Hat die Pharma-Welt geschockt: Trump mit seiner Zollankündigung.Bild: keystone

Experte zu Pharma-Zöllen: «Sie könnten die Verluste in Europa wieder reinholen»

Die 100-Prozent-Zollankündigung schockt die Pharmabranche. Schweizer Firmen sichern sich bereits jetzt mit Milliardenprojekten in den USA ab – doch Experten warnen: Die Zeche könnte Europa und die Schweiz zahlen.
26.09.2025, 18:1526.09.2025, 18:40

Der nächste Zollhammer von US-Präsident Donald Trump: Ab dem 1. Oktober sollen alle patentierten Medikamente beim Import in die USA mit 100 Prozent Zoll belegt werden. Für die Schweiz ist das eine Ankündigung mit Sprengkraft.

Kaum ein anderes Land ist so abhängig von der Pharmaindustrie: Zehn Prozent des BIP, über die Hälfte aller Exporte – und ein grosser Teil davon geht in die USA. Politikerinnen warnten sofort vor «zehntausenden gefährdeten Jobs», sollten die Zölle in dieser Höhe bleiben.

Doch während in Bern die Alarmglocken schrillen, arbeiten die Unternehmen längst an ihren eigenen Lösungen und hoffen, dadurch verschont zu bleiben.

Nicht nur die Grossen sichern sich ab

Die beiden Basler Pharmariesen Roche und Novartis haben ihre Vorkehrungen bereits getroffen. Beide investieren zweistellige Milliardenbeträge in neue Werke in den USA – 23 Milliarden Dollar bei Novartis, 50 Milliarden bei Roche. Damit sichern sie sich nicht nur gegen Trumps Zollhammer ab, sondern stellen ihre gesamte Lieferkette für den US-Markt neu auf.

Auch ‹kleinere› Unternehmen reagieren noch eher gelassen auf Trumps Zollankündigung. Die Siegfried AG aus Zofingen, ein Auftragsfertiger für Wirkstoffe und Medikamente, schätzt die direkten Folgen als gering ein. «Am Ende sind weniger als fünf Millionen Franken unseres Umsatzes von den Zöllen betroffen», schreibt das Unternehmen auf Anfrage von watson.

Das Logo der Siegfried AG in Zofingen am Montag 26. Maerz 2018. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Fünf Millionen Franken des Umsatzes wären vom Trump-Zoll betroffen: die Zofinger Siegfried AG.Bild: KEYSTONE

Zudem würden die Kunden für die Zölle aufkommen, nicht die Firma selbst. «Unsere Verträge sind so, dass die Kunden die Ware kaufen und somit für die Zölle verantwortlich sind.» Dank Werken in den USA, Europa und China könne man flexibel reagieren: «Wir sind weltweit einer der einzigen Auftragsfertiger, der ein solches Netzwerk anbieten kann.»

Auch die Lonza-Gruppe, einer der grössten Pharma-Dienstleister des Landes, gibt sich betont ruhig. «Wir erwarten keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen der geplanten Änderungen der US-Handelspolitik auf das Geschäftsjahr 2025», schreibt das Unternehmen. Lonza baut seine Präsenz in den USA bereits seit Jahren massiv aus. Rund 500 Millionen Franken fliessen derzeit in ein Werk im kalifornischen Vacaville. Zudem entsteht in New Hampshire eine Grossanlage für einen Grosskunden, die 300 neue Arbeitsplätze schaffen soll.

Blick auf den Lonza Turm, in Basel am Montag, 24. September 2018. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Investiert bereits viel in den USA: die Lonza-Gruppe, hier der Basler Sitz.Bild: KEYSTONE

Verband warnt vor globalen Engpässen

Der Verband Scienceindustries mahnt hingegen zur Vorsicht. «Zölle und Handelshemmnisse verschärfen die ohnehin bereits belasteten globalen Lieferketten für Arzneimittel und gefährden die rechtzeitige Versorgung von Patienten in den USA, aber auch weltweit.»

Gleichzeitig weist der Verband auf offene Fragen hin – etwa, wie Unternehmen behandelt werden, die bereits Milliardeninvestitionen in den USA angekündigt haben.

Genau darin liegt die Krux: Wer in den USA baut, dürfte vielleicht verschont bleiben. Doch die Rechnung könnte woanders präsentiert werden – nämlich in Europa. Diese Woche forderte etwa Novartis-Chef Vas Narasimhan höhere Medikamentenpreise in der Schweiz.

Investitionen in der Schweiz unter Druck

Dass es zu höheren Preisen kommen wird, hält Ökonom Jan-Egbert Sturm, Direktor des KOF Instituts der ETH Zürich, nicht für abwegig. Denn: «Die Pharmafirmen können sagen: Wenn wir bei Trump nachgeben müssen, holen wir die Verluste in Europa wieder rein.» Die Frage sei nur, in welchem Ausmass das geschehe – und auf welche Weise die Unternehmen es überhaupt umsetzen können.

Jan-Egbert Sturm, Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Z
«Die Branche beginnt umzudenken»: Jan-Egbert Sturm.Bild: sda

Gleichzeitig mahnt Sturm zur Nüchternheit. «Meistens wird die Suppe nicht so heiss gegessen, wie sie gekocht wird.» Die Pharmabranche habe in den letzten Jahren massiv zum Wachstum der Schweiz beigetragen und es seien viele neue Stellen geschaffen worden: «Im Moment finde ich es deshalb schwer vorstellbar, dass es zu einem radikalen Abbau kommt.»

Ganz unproblematisch sei die Lage jedoch nicht. «Die Branche beginnt umzudenken und ist nun vielleicht noch vorsichtiger, wenn es um neue Expansionspläne in der Schweiz geht.» Sturm betont, dass er nicht damit rechnet, dass die Pharmaunternehmen den Standort Schweiz aufgeben. «Doch die Bereitschaft, hier weiter stark zu investieren, könnte sinken.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die ganze Liste: Diese Zölle verteilt Trump
1 / 6
Die ganze Liste: Diese Zölle verteilt Trump
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das sagt Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter am 1. August zu Trumps Strafzöllen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
85 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
International anerkannter Experte für ALLES
26.09.2025 18:35registriert Juli 2021
Der Bully erreicht sein Ziel, weil gierige Manager nicht auf ihre Boni verzichten wollen.

Die korrekte Antwort wäre eine Preiserhöhung in den USA.
2158
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lokas
26.09.2025 18:32registriert August 2020
Ob ich jetzt in die USA investieren würde, wo wir uns immer weiter weg von einer Demokratie bewegen, würde ich mir als Unternehmen zweimal überlegen...
1977
Melden
Zum Kommentar
avatar
Emmalisa54
26.09.2025 18:47registriert Oktober 2022
Aus dem Boden stampfen kann auch in der USA niemand, Fabriken die Medis produzieren. Investitonen in einem Land zu tätigen, dessen Präsidnet am Morgen je nach seiner Laune auf den Sozialen Medien bekannt gibt, wenn er gerade vernichten will. Ist alles ander als vertrauenswürdig. Vielleicht sollten die USA Momentan nicht beliefert werden. Es gibt sicher genügend andere Länder die Medis, für einen kostendekenden Preis Kaufen würden.
1175
Melden
Zum Kommentar
85
«Kurzes Aufatmen»: So reagiert die Schweizer Wirtschaft auf den Zoll-Deal
15 Prozent statt 39: Die Schweizer Wirtschaftsverbände zeigen sich erleichtert über die Einigung. In eine rosige Zukunft blicken sie gleichwohl nicht.
«Der Deal wurde vom Weissen Haus abgesegnet»: Das verkündete Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) an der Medienkonferenz am Freitagnachmittag.
Zur Story