Schweiz
Winter

Corona: Merkel und Macron fordern Ski-Pause bis im Januar

Droht uns ein Winter ohne Skifahren? Diese 8 Dinge musst du wissen

26.11.2020, 14:4226.11.2020, 16:15
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Was ist passiert?

epa08785753 A skier wearing face mask ski down the slope on the opening day of the Verbier ski area in the Swiss Alps during the coronavirus disease (COVID-19) outbreak, in Verbier, Switzerland, 30 Oc ...
Im Wallis wird seit Ende Oktober wieder Ski gefahren. Bild: keystone

Die Skisaison steht auf der Kippe. Also zumindest ihr Beginn in den grösseren umliegenden Ländern. Am Anfang stand eine Forderung des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. Er will den Beginn der Wintersaison auf europäischer Ebene nach hinten verschieben – bis mindestens Mitte Januar. «Es ist nicht möglich, einen Winterurlaub zuzulassen. Wir können uns das nicht leisten», sagte er am Montag dem Sender «La 7».

Und er ist nicht alleine.

Wer ist denn noch dafür?

epa08834445 French President Emmanuel Macron listens during a visit to the 2020 Phoneton, an annual fundraising operation organised by the Hayastan All-Armenian Fund's French affiliate (Fonds Arm ...
Der französische Präsident Emmanuel Macron bleibt vorsichtig. Bild: keystone

Conte hat gewichtige Unterstützung aus Deutschland und Frankreich. Dessen Präsident Macron hat sich am Dienstag gegen eine Öffnung von Wintersportorten an den Festtagen ausgesprochen. Frankreich hat wichtige Wintersportzentren in den Alpen und in den Pyrenäen.

In Deutschland wollen Bund und Länder eine europaweite Regelung erreichen, um den Skitourismus bis zum 10. Januar zu unterbinden: «Die Bundesregierung wird gebeten, auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass bis zum 10. Januar Skitourismus nicht zugelassen wird», heisst es in einem Beschlusspapier vom Mittwoch.

Wer ist dagegen?

Sebastian Kurz (
Österreichs Kanzler Kurz will die Pisten öffnen.Bild: sda

In Österreich und der Schweiz stösst dieser Vorschlag nicht auf Begeisterung. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat bereits verkündet, dass sein Land eigenständig über die Öffnung entscheiden werde. Dies sei keine Angelegenheit, in der sich die EU einmischen sollte. «Öffnungen hängen immer mit den Infektionszahlen zusammen und zwar den Infektionszahlen bei uns in Österreich.»

Sekundiert wurde Kurz von seinem Finanzminister. Gernot Blümel forderte Entschädigungen in Milliardenhöhe von der EU, falls Skilifte über die Weihnachtsferien stillstehen sollten.

Und die Schweiz?

Offiziell wartet die Schweiz noch ab. Wie ein Sprecher des Bundesamts für Gesundheit verlauten liess, sei man im Thema mit verschiedenen Ländern in Kontakt. Momentan sei eine Schliessung der Ski-Gebiete aber nicht vorgesehen.

Deutlicher wurde der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay (CVP). Im «Walliser Boten» sagt er: «Im Wallis wird über die Festtage Ski gefahren und in Restaurants gegessen, egal was Italien macht. Österreich wird so oder so offen sein. Italien, Frankreich und Deutschland sprechen sich offensichtlich ab. Die Schweiz ist aber nicht in der EU und somit auch gar nicht betroffen.»

Beim Blick auf diese Statistik verwundert die ablehnende Haltung der Schweiz und Österreich nicht: Mehr als 30% der schweizerischen und österreichischen Bevölkerung geht Ski fahren.

Nominale Beteiligungsrate der Bevölkerung am Skisport.
Nominale Beteiligungsrate der Bevölkerung am Skisport.Quelle: 2020 International Report on Snow & Mountain Tourism

Wie geht es weiter?

epa08755375 A general view of the Soelden ski resort ahead of the men's Giant Slalom race of the FIS Alpine Skiing World Cup season opener in Soelden, Austria, 18 October 2020. EPA/CHRISTIAN BRUN ...
Sollte Merkel mit ihrer Forderung Erfolg haben, könnten diese Pisten in Sölden, Österreich, leer bleiben.Bild: keystone

Ungeachtet der Proteste aus Österreich hält Deutschland an seinem Kurs fest. Angela Merkel betont heute im Bundestag in Berlin: «Wir werden uns in Europa um eine Abstimmung bemühen, ob wir alle Skigebiete schliessen könnten. Es sieht leider nicht so aus, wenn man die österreichischen Verlautbarungen hört, dass uns das so einfach gelingen könnte, aber wir werden es noch einmal versuchen.»

Klare Verhältnisse schafft Frankreich: In den Wintersportorten werden während der Festtage alle Skilifte und öffentlichen Einrichtungen für die Öffentlichkeit geschlossen sein, sagte Premierminister Jean Castex heute Morgen in einer Pressekonferenz. Es wäre nicht klug, grosse Bevölkerungsströme zusammenkommen zu lassen, so Castex. Auch er betont, man diskutiere auf europäischer Ebene weiter über eine Vereinheitlichung der Regeln.

In Italien haben die Regionen im Norden eine Unterredung mit der Regierung in Rom gefordert. Das sagte Venetiens Präsident Luca Zaia am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Es scheint, als wollen die Regionen eine Saison-Eröffnung in Österreich und der Schweiz nicht einfach hinnehmen.

Was wären die Konsequenzen für die Schweiz?

Sollte die Schweiz die Skigebiete schliessen – wovon Stand jetzt nicht auszugehen ist –, «wäre der Schaden enorm und oft irreparabel», warnt Marcus Caduff, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Graubünden. Gerade in Nebentälern wären die wirtschaftlichen Folgen nicht mehr rückgängig zu machen, so Caduff. «Ich gehe davon aus, dass eine grosse Zahl von Bergbahnen Konkurs gehen würde.»

In den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr werden nämlich rund ein Drittel des Jahresumsatzes von Bergbahnen und Berggastronomie eingenommen.

Jürg Schmid, Präsident von Graubünden Ferien, schlägt in die gleiche Kerbe: «Es wäre nicht gerechtfertigt, wenn man die Saison nicht stattfinden lassen würde», sagt er. Ein sicherer Betrieb sei möglich, auch dank strikter Schutzkonzepte auf den Pisten und Bergbahnen. Darum könne man den italienischen Ideen wenig abgewinnen.

Ist denn das Skifahren überhaupt problematisch?

Daniel Koch oder "Mister Corona" wurde zum Gesicht der Krisenbew
Daniel Koch wurde zum Gesicht der 1. Corona-Welle in der Schweiz.Bild: sda

«Auf den Skipisten ist das Risiko eher gering», erklärt Daniel Koch, ehemaliger Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim BAG, gegenüber «20 Minuten». «Wenn die Situation unter Kontrolle ist – die Zahlen sollten noch etwas sinken – und geeignete Schutzkonzepte vorhanden sind, sollte die Skisaison möglich sein.» Man müsse auch dem Bedürfnis der Leute nach Freizeit gerecht werden – immer mit vertretbarem Risiko. Après-Ski sei aber eher schwierig.

Koch kann die Forderungen der Nachbarländer nachvollziehen, aber: «Es wäre seltsam, wenn alle das Gleiche machen müssten. Die Situation ist in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. Wir sagen Frankreich und Italien ja auch nicht, die ‹Tour de France› oder der ‹Giro› gehe nicht.»

Kann eine Schliessung der Skigebiete erzwungen werden?

Nein, Deutschland, Italien und Frankreich können die Schweiz kaum dazu zwingen, die Skigebiete zu schliessen. Möglich sind aber Einschränkungen gegenüber den Menschen, die in der Schweiz Skifahren wollen. Denkbar sind Reisewarnungen oder eine Quarantänepflicht.

Im Moment steht die Schweiz auf der Risikoliste des Robert-Koch-Instituts: Deutsche Touristen müssten bei ihrer Heimreise nach Deutschland 10 Tag in Quarantäne. Die Schweiz liegt aber im Moment nur noch knapp über dem Grenzwert, der die Aufnahme auf der Liste möglich macht. Die Rückreise für Touristen aus Frankreich, Italien und Österreich ist Stand heute ohne Einschränkungen möglich.

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fidget
26.11.2020 15:35registriert Dezember 2018
Frau Merkel und Herr Macron können schon eine Skipause fordern und diese auch gerne in ihren Ländern umsetzen. Was andere Staaten machen, geht sie schlicht nichts an. Sowohl Österreich, wie auch die Schweiz können selbst bestimmen, was in den Skigebieten los sein wird.
Ich persönlich sehe das Skifahren selbst nicht sehr problematisch. An den Liftanlagen braucht es nur ein gutes Schutzkonzept, das knallhart durchgesetzt wird. Und Après-Ski muss komplett gestrichen werden und wenn nicht, dann nur mit Sitzpflicht an 4er-Tischen.
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octusfussuskopfus
26.11.2020 17:36registriert Mai 2020
lieber herr macron liebe frau merkel,

bitte kümmern sie sich um ihr land.
es tut mir leid das ich ihnen mitteilen muss, dass wir alt und selbständig genug sind zu bestimmen ob wir unsere skigebiete öffnen oder schliessen. auch die befugnis ihrer länder endet an der grenze.
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Moneypenny
26.11.2020 15:39registriert November 2020
Wo ist die Meinung der Taskforce? Was hat Daniel Koch hier zu melden? Zum Glück sind wir nicht in der EU und können selber entscheiden.
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