Es war eine der ersten Amtshandlungen Donald Trumps. Am Montag unterzeichnete der US-Präsident ein Anti-Abtreibungs-Dekret. Dieser Erlass verbietet staatliche Finanzhilfen für ausländische NGOs, die Abtreibungsberatung anbieten oder Abtreibungsempfehlungen aussprechen.
Der Aufschrei, der darauf durch die sozialen Netzwerke und die Medien ging, war gross. Nicht zuletzt weil der Szene etwas Groteskes anhaftete. Als Trump das Dekret unterzeichnete, welches Frauen betrifft, war er ausschliesslich von Männern umgeben.
«So lange du lebst, wirst du niemals ein Foto von sieben Frauen sehen, die ein Gesetz unterschreiben, das Männern sagt, was sie mit ihren Fortpflanzungsorganen machen dürfen», empörte sich ein Twitter-User.
As long as you live you'll never see a photograph of 7 women signing legislation about what men can do with their reproductive organs pic.twitter.com/dXjfVjnRiX
— Martin Belam (@MartinBelam) 23. Januar 2017
Nur: So falsch dies für viele aussehen mag, so voraussehbar war die Unterzeichnung des Dekrets auch. Seit Reagans Präsidentschaft liegt es in der Tradition der Republikaner, dieses Gesetz zu erlassen. George W. Bush vollzog nach Bill Clinton den selben Schritt wie jetzt Donald Trump nach Barack Obama. Nichts Aussergewöhnliches also.
Aussergewöhnlich ist hingegen die Reaktion einer holländischen Politikerin. Sie beschwert sich nicht nur über Social Media, sondern schreitet in Aktion. In der Nacht auf Mittwoch verkündete Lilianne Ploumen, dass sie einen Fonds gründen wolle, der die weggefallene Finanzhilfe der USA ersetzen soll.
Seither ist die Politikerin der linken Arbeiterpartei (PvdA) die Frau der Stunde. Und das nicht nur in Holland, sondern in ganz Europa. Denn Ploumen sendet mit ihrer Aktion ein Signal. Es ist eine Kampfansage.
Sie beendet ein Ohnmachtsgefühl, das viele Frauen und Männer in Europa beschlich, seit Donald Trump ins Oval Office gewählt wurde.
Die Message: Wir können sehr wohl etwas tun. Es geht uns alle etwas an, was gerade im Weissen Haus passiert. Auch hier auf der anderen Seite des Atlantiks.
Rund 600 Millionen US-Dollar dürften den Hilfsorganisationen aufgrund Trumps Entscheidung fehlen. «Das ist sehr enttäuschend», meint Ploumen, «das ist sehr schlecht für sehr viele Frauen in Entwicklungsländern». Vor allem Frauen in Afrika werden gemäss Ploumen unter Trumps Entscheid leiden müssen.
Ploumen erklärt: «Ein Verbot hat nicht weniger Abtreibungen zur Folge. Die Abtreibungen werden einfach ins Hinterzimmer verlegt, wo sie unverantwortlich durchgeführt werden. Die Muttersterblichkeit wird zunehmen.»
«Das öffentliche Sprechen über sexuelle Themen hat in Holland lange Tradition», sagt Ploumen. Die Niederlande habe in den vergangenen Jahren durch Unterstützung von Hilfsorganisationen bereits viel erreicht. «Allein vergangenes Jahr haben wir rund sechs Millionen ungewünschte Schwangerschaften und eine halbe Million Abtreibungen verhindern können.» Der Beschluss der Vereinigten Staaten würde diese schönen Resultate jetzt wieder zunichte machen. «Das dürfen wir nicht zulassen.»
Ploumen sagt: «Ein Mädchen muss selber beschliessen können, ob es Sex will und daraus ein Kind resultieren soll. Mit unserer Unterstützung sind wir auf gutem Weg, aber das 600-Millionen-Loch, welches Trump schlägt, durchkreuzt unsere Pläne.»
Ploumen, die momentan Ministerin für Aussenhandel und Entwicklungszusammenarbeit ist, arbeitet jetzt mit Hochdruck daran, die fehlenden 600 Millionen Dollar zusammenzutreiben.
Ploumens Sprecher lässt am Mittwoch verlauten, dass die Ministerin bereits diverse Telefonate geführt hat, um ihre Ansage in die Realität umzusetzen. Sie sei in Gesprächen mit einer breiten Koalition aus Ländern, Firmen und Organisationen. Diese Woche werde sie Gespräche mit Kollegen in Europa und Latein-Amerika führen.
«Allerlei Ecken», hätten bereits Interesse an ihrem Vorhaben bekundet, verkündete ihr Sprecher vielversprechend. Wie viel Geld tatsächlich zusammenkommt, werde man aber erst in einigen Wochen erfahren.
Und dann sagte er noch Folgendes: «Die Ministerin respektiert selbstverständlich die Massnahmen eines demokratisch gewählten Präsidenten. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie damit einverstanden ist.» (cma)