Seit gestern Abend ist bekannt, wer den Grasshopper Club Zürich vor dem Abstieg retten soll: Thorsten Fink. Heute Nachmittag stellte sich der 50-jährige Deutsche den Medien. «Ich bin stolz, der Trainer dieses Vereins zu sein», sagte Fink, und er glaube an eine grosse Zukunft mit GC. Die Verhandlungen hätten nur zwei Tage gedauert: «Wir haben schnell gehandelt, es ging ruck-zuck.» Er habe ein gutes Bauchgefühl.
Fünf Runden sind noch zu spielen in der Super League, der Rekordmeister GC steckt mit vier Punkten Vorsprung auf Schlusslicht Lausanne noch mitten im Abstiegskampf. Fink sagte, er habe die letzten drei Spiele der Zürcher gesehen und dabei festgestellt, dass er eine Mannschaft mit Potenzial übernehme.
Der Champions-League-Sieger mit Bayern München (2001), der im Februar bei Austria Wien entlassen wurde, betonte, dass er nicht auf die schnellste Lösung zur Fortführung seiner Trainerlaufbahn ausgewesen war. «Die Gespräche mit den Verantwortlichen waren so professionell, dass ich gesagt habe: Das will ich machen.» Er wisse, dass GC ein Topklub sei. «Im Moment vielleicht nicht tabellenmässig. Aber GC ist in der Schweiz ein grosser Klub. Ich spüre eine gute Stimmung, Aufbruchstimmung.»
Sein Vertrag bis Ende nächster Saison gilt nur, falls GC die Klasse hält. Aber an einen Abstieg wolle er gar nicht denken, so der ehemalige Meistertrainer des FC Basel (2010 und 2011). Über die mittelfristige Zukunft wollte Fink ohnehin nicht gross sprechen: «Wir werden uns auf die nächsten fünf Spiele konzentrieren, damit wir die Klasse halten. Wir müssen jetzt nicht darüber reden, ob wir irgendwann mal wieder Meister werden können. Wer am Anfang zu viel will, wird auf die Schnauze fliegen.»
Nach dem 4:3-Sieg der Hoppers gegen Lugano am Wochenende ist die Lage nicht mehr ganz so angespannt wie zuvor. Der neue Trainer hat angesichts dieses Erfolgs auch nicht im Sinn, nun alles über den Haufen zu werfen. «Wir wollen nicht alles sofort verändern, man hat das Gefühl, das Team sei in jüngster Zeit zusammengewachsen.»
Zur Taktik wollte Fink, der bislang für offensiven Fussball stand, nicht viel verraten. Nur so viel: «Wir werden schon nicht nur hinten rein stehen.» Nächster Gegner ist Lausanne, das Schlusslicht. «Für uns ist das ein Endspiel und wenn wir es positiv gestalten können, ist eine Vorentscheidung gefallen, dann wären wir sieben Punkte weg. Das ist das Ziel.»
Manuel Huber, der CEO der Grasshoppers, ist «zu 100 Prozent davon überzeugt», den richtigen Mann verpflichtet zu haben. Die Aufgabe sei ein Spagat gewesen: Einerseits jemanden zu finden, der dem Team in der brenzligen Tabellensituation sofort helfen könne, aber auch jemanden, der die längerfristige Strategie von GC verfolgen könne. «Wir wollten nicht einfach den erstbesten Cheftrainer verpflichten, sondern uns die nötige Zeit nehmen.»
Sportchef Mathias Walther wird sich nach der Ernennung Finks wieder auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren, nachdem er zuletzt nach der Entlassung von Murat Yakin auch Interimstrainer war. «Wir haben noch nichts geschafft. Aber wir haben in den letzten zwei Wochen gesehen, dass diese Mannschaft über Charakter verfügt», sagte Walther. «Ich bin mir sicher, dass das mit Thorsten Fink noch weiter ausgebaut werden kann. Mit seiner positiven Art wird er anstecken und dieser Mannschaft voran gehen.»
Sportchef Walther gab zu, dass es für GC zentral gewesen war, einen Coach zu verpflichten, der den Schweizer Fussball bereits kennt. «Wir wollten einen Trainer, der professionelle Strukturen schätzt und der weiss, dass es bei einem Schweizer Klub dazu gehört, Spieler zu entwickeln und sie zu verkaufen. Er trägt das mit und hat das auch schon erlebt.» Fink spricht von einer hervorragenden Nachwuchsarbeit, welche bei GC geleistet werde. Es sei Teil seiner Philosophie, junge Leute zu integrieren. «Mir macht es Spass, junge Spieler zu entwickeln. Dieses Projekt passt genau zu mir.»
Nach 25 Minuten war der erste Auftritt von Thorsten Fink als GC-Trainer vorbei. Ganz alles lief nicht so professionell ab wie von allen Protagonisten betont. Denn an Getränke dachte in Niederhasli offenbar niemand, weshalb Fink am Ende stöhnte: «Durst habe ich!» (ram)