Als ich angefragt wurde, ob ich Lust hätte, ein Konzept für einen Energie-Blog zu entwerfen, war meine erste Reaktion: «Ausgerechnet ich, die ich ein wandelndes schlechtes Gewissen bin, wenn's ums Energiesparen geht?» Aber dann dachte ich: «Warum auch nicht? Vielleicht gibt's ja noch mehr Leute wie mich da draussen. Leute, die wissen, dass sie sollten, und würden, wenn sie den richtigen Kick dafür bekämen.»
Das Konzept war denn auch schnell klar: Ich erzähle ehrlich, aufgeteilt nach Thema, wie das bei mir zu Hause so läuft – im Wissen, dass da manches ziemlich übel ist – und lasse diesen Zustand von Expertinnen und Expertinnen des Bundesamtes für Energie beurteilen. Und versuche danach, es gemäss ihren Angaben besser zu machen.
Gerade wenn man mit Zahlen konfrontiert wird, ist der Ansporn zu sparen gross. Zumindest, solange man diese noch im Kopf hat. Ein Elektrogerät, das ständig auf Standby ist, verschwendet bis zu 60 kW Energie pro Jahr. Mit jedem Grad, das wir die Heizung runterdrehen, sparen wir bis zu zehn Prozent Heizenergie. Pro Grad wärmer, das wir den Kühlschrank einstellen, sparen wir bis zu sieben Prozent Energie.
Wer beim Backen aufs Vorheizen verzichtet, spart bis zu zwanzig Prozent, wer mit Umluft statt Ober- und Unterhitze backt, bis 15 Prozent. Das Eco-Programm des Geschirrspülers braucht nur gut halb so viel Energie wie das normale. Jeder nicht getätigte Waschgang einer Waschmaschine spart bis zu eine kWh bei 40 Grad, Kaltwaschen und Sparprogramme halbieren den Stromverbrauch. Tumbler verbrauchen bis zu 3 kWh Energie.
Wer duscht statt badet, senkt den Energieverbrauch bis ums Dreifache. Und wer das Licht einer 15-Watt-LED-Lampe eine Stunde lang unnötig brennen lässt, verbraucht etwa so viel Energie, wie eine halbe Stunde Arbeiten am Laptop braucht.
Wie gesagt, in den ersten paar Tagen nach dem «Kopfwaschen» durch die Expertinnen und Experten war die Bereitschaft riesig. Sowohl diejenige, mich selbst am Riemen zu reissen, als auch die, meine beiden pubertären Kinder immer wieder auf die entsprechende «Schieflage» hinzuweisen. Und jetzt, ein halbes Jahr später?
Nun, es gibt tatsächlich Dinge, die ich mir angewöhnt habe und um die ich froh bin. Zum Beispiel den Laptop abends auszuschalten, statt im Standby-Modus zu lassen. Denn gleichzeitig schalte ich damit auch den Arbeitsschalter im Kopf aus. Richtig Feierabend zu machen, statt im Unterbewusstsein ständig auf Standby zu sein, möchte ich nicht mehr missen. Ein bisschen anders sieht's bei meinen Kids aus: Nach einigen Anfangsbemühungen sind Laptop und Playstation wieder ständig am Laufen, auch wenn sie nicht im Einsatz sind. Wenn ich in ihre Zimmer gehe, wenn sie nicht da sind und es sehe, ziehe ich den Stecker. Aber sie ständig dran zu erinnern, dies selbst zu tun, hab ich aufgegeben. Da kann ich genauso gut mit den Kaninchen reden, das nützt etwa gleich viel.
Ebenfalls automatisiert habe ich, dass ich die Heizung runterdrehe, sobald ich morgens mein Schlafzimmer verlasse – ich benutze es tagsüber nicht, also braucht's auch nicht geheizt zu werden. Auch die Heizungen der Kinderzimmer habe ich auf ein für mich vertretbares Minimum runtergeschraubt, und bisher kamen keine Klagen. Das Kippen der Fenster konnte ich ihnen nicht richtig abgewöhnen. So schliesse ich sie einfach immer, wenn ich's sehe.
Den Kühlschrank habe ich auf sieben Grad eingestellt. Worauf ich sehr stolz bin: Ich denke beim Einräumen mit. Unten und hinten ist es kühler als oben und vorne, schneller verderbliche Lebensmittel kommen also in die entsprechenden Zonen. Fleisch und Fisch kaufe ich öfter einfach am selben Tag, an dem wir konsumieren, was erstens bewirkt, dass wir nicht mehr ganz so oft welches essen, und zweitens, dass ich tatsächlich etwas besser plane als vorher.
Den Backofen vorheizen hab ich sogar meinen Kids abgewöhnt, und seit sie gemerkt haben, dass es bei den meisten Gerichten echt keine Rolle spielt, ob man nun mit Umluft oder mit Ober- und Unterhitze backt, wählen sie auch ersteres für ihre geliebten Tiefkühlgerichte. Eine kleine «Baustelle» ist immer noch der Geschirrspüler. Je nachdem, wer wie viel gekocht hat, steht da so viel Geschirr herum, dass ein Spülgang nicht reicht. Da das Eco-Programm doppelt so lange dauert wie das normale, werfe ich dann halt doch öfter das normale an. Wenn auch mit einem schlechten Gewissen.
Ebenfalls energietechnisch noch schwierig: Waschen und Tumblern. Die Wäscheberge türmen sich ständig, dementsprechend bin ich ständig am Waschen und nach anfänglichen Bemühungen, nicht mehr so viel zu tumblern, hat sich hier wieder die Gewohnheit/Faulheit breit gemacht. Aber es gibt Hoffnung: Wir ziehen bald um und in der neuen Wohnung haben wir nur noch eine kleine eigene Waschmaschine und keinen eigenen Tumbler mehr. Das reicht nur für Notfälle, für den Rest gibt's einen Waschtag. Das wird mein Energiespargewissen massiv entlasten.
Eine Badewanne haben wir auch in der neuen Wohnung, deshalb werde ich mir auch fortan das Vergnügen, hin und wieder ein warmes Bad zu geniessen, nicht nehmen lassen. Denn für mich sind Baden und Duschen zwei verschiedene Paar Schuhe – wenn ich das Bedürfnis nach Entspannung habe, lässt sich dies nicht mit einer Dusche lösen.
Als einen der grössten Erfolge verbuche ich die Tatsache, dass meine Tochter, welche vorher immer und überall das Licht brennen liess, dieses nun abschaltet, wenn sie den Raum verlässt. Nicht immer, aber immer öfter. Zudem habe ich für die Wohnung die Möbel, die ich neu gekauft habe, alle in Weiss bestellt, da dunkle Farben Licht schlucken. Das hätte ich vor «Madame Energie» vielleicht auch nicht unbedingt gemacht.
Manches habe ich mir schwieriger vorgestellt (Kühlschrank, Laptop), manches einfacher (Geschirrspüler, Tumbler). Und dann gibt's da noch die Dinge, die wirklich total easy sind, über die ich vorher schlicht nicht nachgedacht habe (Backofen). Unterm Strich haben wir doch einiges geändert, und ich finde, ein kleines bisschen Stolz auf uns selbst ist angebracht.
also so in nennenswerten mengen?
weil ein paar LED lampen etwas weniger brennen lassen ist zwar schön und gut fürs gewissen, aber ist unter dem strich absolut irrelevant für nennenswerte stromersparnis...
und wenn man das ganze noch auf konkrete finanzielle auswirkungen runterbricht, dann merkt man, warum bei den aktuellen energiepreisen nicht wirklich damit zu rechnen ist, dass man die leute zu energiesparen erzieht ;-)
???
the fu$$$ was bitte lässt ihr auf standby rumstehen? das wären ja 60'000W standbyverbrauch? wenn man bedenkt, dass ein durchschnittlicher theaterscheinwerfer auf vollast so um 500W ist will ich nicht wissen, was für geräte ihr rumstehen habt... ;-)
oder meint ihr da kWh pro Jahr oder so?
(hab gemeint da hat man sich jetzt ein halbes jahr mit diesen grössenordnungen herumgeschlagen... ;-) )