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Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie ein Game entsteht? Nicht? Egal, wir zeigen's Ihnen trotzdem

Die vier Köpfe hinter dem Schweizer Gamestudio Gbanga. V.l.n.r. Robin, François, Chris und Matthias.
Die vier Köpfe hinter dem Schweizer Gamestudio Gbanga. V.l.n.r. Robin, François, Chris und Matthias.Bild: watson
So entsteht ein Videospiel: Teil 1

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie ein Game entsteht? Nicht? Egal, wir zeigen's Ihnen trotzdem

Wir begleiten das Schweizer Gamestudio Gbanga bei der Entwicklung des Mafia-Spiels «Famiglia Rise and Fall» – von der ersten Idee bis zum finalen Produkt. Teil eins: «60'000 Dollar bitte».
23.02.2014, 23:4224.02.2014, 16:11
Philipp Rüegg
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Nicht nur auf der anderen Seite des grossen Teichs werden Spiele produziert. Auch die hiesige Branche wächst langsam aber stetig. Anders als in den USA wird in der Schweiz aber auf kleiner Flamme gekocht. Grosse Studios wie Ubisoft («Assassin’s Creed»), Bethesda («Fallout») oder Blizzard («Diablo») gibt es bei uns nicht. Mit wenigen Ausnahmen wie Giants Software («Landwirtschafts Simulator») besinnen sich die meisten Schweizer Entwickler deshalb auf günstigere Mobile-Games.

Ein brandneues Projekt in der Pipeline hat Gbanga. Das Zürcher Unternehmen hat bereits einige Erfahrung mit Mobile-Games gesammelt. Zuletzt arbeitete das Studio an «Bumble Bee», einem Spiel, in dem man als Biene durch einen Park navigiert. Der kommende Titel «Famiglia Rise and Fall» ist die Fortsetzung von «Gbanga Famiglia» aus dem Jahre 2010. 

«Ab dem Zeitpunkt als ‹Gbanga Famiglia› 2010 fertig war, studierte ich daran herum, was man noch alles verbessern könnte», sagt Firmengründer Matthias Sala. Die Idee zu einem zweiten Teil schwirrte daher schon länger in seinem Kopf herum. Im vergangenen Sommer hat sich die kleine Game-Schmiede schliesslich entschieden, Nägel mit Köpfen zu machen. 

Wer sind Gbanga?
Gbanga wurde 2006 von Matthias Sala und Julio Perez gegründet. Der Name stammt von einer liberianischen Stadt. Julio ist mittlerweile nur noch als Aktionär an der Firma beteiligt. Matthias arbeitete eine zeitlang im Silicon Valley in den USA bei Xerox Parc, wo er Lust bekam, eigene Spiele zu entwickeln. Zurück in der Schweiz begann der ETH-Absolvent erste Apps zu entwickeln, noch bevor das iPhone die Welt auf den Kopf stellte. 



Neben Matthias besteht das Jungunternehmen aus Game-Designer Robin Di Capua, Zeichner und Artist Chris Solarski sowie François Lachausse, der sich um das technische kümmert (z.B. wie die Welt im Spiel generiert wird).



Gbanga lebt derzeit von Agenturarbeiten. Durch das Indiegogo-Projekt hofft man, das zu ändern. 
In einem Video stellen Gbanga ihr Spiel und ihre Pläne für die Crowdsourcing-Plattform Indiegogo vor.Video: Gbanga

Ein Spiel mit Bewegung

Im geobasierten Multiplayer-Spiel (ähnlich wie «Zombies, Run!» oder «Ingress») versucht man als Mafioso seinen Einflussbereich mit Autorennen, Überfällen und strategischer Planung auszuweiten. Durch die Kontrolle von Bars, Restaurants oder Banken gewinnt man an Einfluss. Das finale Spiel kann auf der ganzen Welt gespielt werden. Es soll weitläufige Rennen geben von Paris nach Dakar oder von New York nach San Francisco, je nachdem, wo man sich gerade physisch befindet. Wer in absehbarer Zeit keinen Transatlantikflug plant, kauft sich die Reise einfach mit Spielgeld und checkt mal eben im Empire State Building ein.

«Famiglia Rise and Fall» verfügt dank GPS über Aufgaben, die nur an bestimmten Orten erfüllt werden können.
«Famiglia Rise and Fall» verfügt dank GPS über Aufgaben, die nur an bestimmten Orten erfüllt werden können.Bild: Gbanga

Die Spendenkasse ist eröffnet

Nun steht Gbanga an einem Wendepunkt. Über die Crowfunding-Plattform Indiegogo versucht man innerhalb von 36 Tagen, genug Geld aufzubringen, um das Spiel ohne den Einfluss eines Publishers produzieren zu können. 60’000 US-Dollar ist das Mindestziel. Seit Freitag läuft die Aktion. Für den Fall, dass mehr Geld gespendet wird, hat man verschiedene sogenannte Strech Goals aufgestellt. Für 80’000 Dollar gibt es fünf zusätzliche Mini-Spiele und bei 400’000 Dollar wird die webbasierte Programmierschnittstelle (API) öffentlich gestellt, damit Spieler selbstständig neue Quests oder Figuren programmieren können.

Bevor die Figuren im Spiel landen, werden sie skizziert.Bild: watson
Anschliessend werden sie am Computer von Chris modelliert und gestaltet.Bild: watson
Und so sehen die Figuren am Schluss aus.Bild: Gbanga

Ich konnte das Spiel bereits kurz antesten. Game-Designer Robin ist derzeit mit der Steuerung beschäftigt. «Wir testen verschiedene Eingabemethoden, um herauszufinden, welche am besten für unser Spiel geeignet ist.» In einer ersten Demo schlenderte ich in der Rolle eines grossköpfigen Gangsters durch Zürich – bevor sich das Spiel aufhängte. «Den Fehler kenne ich, daran arbeiten wir noch», versichert Robin mit einem Grinsen.

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Bild: watson
Matthias Sala ist das Mädchen für alles. Er agiert als Organisator, Produzent und technischer Berater.
Matthias Sala ist das Mädchen für alles. Er agiert als Organisator, Produzent und technischer Berater.Bild: watson
«Das ist doch kein richtiges Spiel»
Gamemagazin Edge

Auf die Frage, wieso gerade jetzt, antwortet Matthias: «Wir wollten nicht immer die ersten sein und jetzt scheint uns ein guter Zeitpunkt.» Bereits vor iPhone-Zeiten hat Gbanga erste Mobile-Games programmiert. Allerdings wurde man damals noch belächelt. «Es gab noch keinen App Store, kein Ökosystem. Spielemagazine reagierten ablehnend mit der Begründung: ‹Das ist doch kein richtiges Spiel›», sagt Matthias. Daher sprang man auch nicht sofort auf den Kickstarter-Zug auf und liess erst andere als Versuchskaninchen vor.

Als Gründer des Schweizerischen Gamerverbands (SGDA) möchte Matthias die lokale Branche vorantreiben. Mit seinem Projekt erhofft er sich eine Signalwirkung zu erzielen. «Wir wollen beweisen, dass wir es schaffen können und andere dazu inspirieren, dass man auch in der Schweiz erfolgreich Games produzieren kann», sagt der junge Firmenchef. «Wir wollen die Sicht auf die Schweizer Spielebranche verändern», denn die Unterhaltungsindustrie habe hierzulande etwas anrüchiges, findet Matthias. Damit soll endlich Schluss sein.

Dass man auch als kleines Team in der Game-Industrie Erfolg haben kann, zeigen die folgenden Beispiele.

Lediglich zu zweit oder alleine haben die jeweiligen Entwickler ihre Spiele programmiert.
Lediglich zu zweit oder alleine haben die jeweiligen Entwickler ihre Spiele programmiert.Bild/Quelle: watson/Wikipedia

Zur Indiegogo-Seite des Spiels geht's hier.

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