Ein Herausforderer hat es vorgemacht, nun zieht der Marktführer nach – und lanciert eine «Channels»-Funktion. Doch es gibt Befürchtungen.
08.06.2023, 17:0408.06.2023, 17:10
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WhatsApp führt mit «Channels» eine neue Funktion ein. Sie soll dabei helfen, keine Neuigkeiten mehr zu verpassen, heisst es im Blog des Messenger-Dienstes.
So sollen über die verschiedenen Channels Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen Meldungen verschicken können. User können diesen Kanälen folgen, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Es gibt allerdings auch kritische Stimmen, denn:
WhatsApp könnte von einer Plattform zur privaten Kommunikation zu einer Plattform für Online-Hetze werden.
Wie funktioniert's?
Die Funktion ist von der WhatsApp-Konkurrenz Telegram bekannt. Sie werde zunächst in Singapur und Kolumbien zugänglich sein, heisst es. Weitere Länder sollen in den kommenden Monaten folgen. Zu finden sind die Kanäle dann unter einem neuen Tab mit dem Namen «Aktuelles».
Das Ziel von WhatsApp-Kanälen sei es, ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Aus diesem Grund seien sie standardmässig nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt.screenshot: whatsapp.com
Um für sich passende Kanäle zu finden, bietet WhatsApp ein durchsuchbares Verzeichnis an. Hier könne zum Beispiel nach Hobbys oder der Lieblingsmannschaft gesucht werden. Die Kanäle sollen aber auch über Einladungslinks (per E-Mail oder WhatsApp-Chat) besucht werden können.
Wie sicher ist das?
Im Firmen-Blog heisst es:
«Wir haben uns das Ziel gesetzt, einen Broadcast-Dienst zu entwickeln, bei dem Privatsphäre grossgeschrieben wird. Das beginnt damit, dass wir die persönlichen Daten von Administratoren und Followern schützen. Wenn du einen Kanal betreibst, sind deine Telefonnummer und dein Profilfoto nicht für deine Follower sichtbar.»
Wenn man einem Kanal folge, werde die eigene Telefonnummer für niemanden angezeigt – weder den Administratoren, noch anderen Followerinnen. Wem man folge, entscheide man selbst, und diese Information sei privat.
Und der Haken?
Das Ziel von WhatsApp-Kanälen sei es, ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Aus diesem Grund seien Channels standardmässig nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt.
Aus dem Beitrag im Firmen-Blog geht nicht hervor, wie die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung optional aktiviert werden kann. Das zum Facebook-Konzern Meta gehörende Unternehmen schreibt lediglich:
«Aus unserer Sicht gibt es Fälle, in denen Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kanäle für eine eingeschränkte Zielgruppe sinnvoll sein könnten, zum Beispiel für eine gemeinnützige oder gesundheitsbezogene Organisation.»
Weiter verspricht WhatsApp:
- Der Channel-Verlauf werde nur für bis zu 30 Tage auf den Servern des Unternehmens gespeichert.
- Zusätzlich solle es «weitere Möglichkeiten geben, damit die Statusmeldungen noch schneller wieder von den Geräten der Follower*innen gelöscht werden.»
- Für Administratorinnen und Administratoren bestehe ausserdem die Option, Screenshots und Weiterleitungen aus ihrem Kanal zu blockieren.
Befürchtung: Noch eine Plattform für Online-Hetze
An der neuen Funktion gibt es bereits Kritik. Was, wenn es in den Kanälen nicht nur um Hobbys geht, sondern um Gesinnungen und politische Inhalte?
Das Nachrichtenmagazin «Spiegel» konstatiert:
«Was Telegram gross gemacht hat, kommt auch zu WhatsApp: Nutzer können künftig über Kanäle unbegrenzt viele Follower erreichen. So könnte WhatsApp zu einer Plattform für Online-Hetzer und Fake News werden.»
So nutzten Extremisten, Corona-Verharmloser und Verschwörungserzähler zuletzt die vergleichbare Funktion beim Telegram-Messenger, um ihre Gefolgschaft zu vergrössern. Der rechtsextreme deutsche Koch Attila Hildmann erreichte darüber zeitweise mehr als hunderttausend Follower.
Quellen
Promo-Video (bei YouTube):
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Die Funktion ist nicht innovativ, kann aber von grossem Nutzen sein. Gemeinden können damit über Veranstaltungen, ausfallende Kehrichtabfuhr etc. informieren, ohne eine eigene App zu betreiben. Erstaunlich, dass es das nicht schon lange gibt.
Ich sage das, als nicht WhatsApp-Nutzer, mit Wehmut, weil damit die letzte Hoffnung stirbt, dass offene Systeme (wie RSS) gewählt werden.