Bei OpenAI, dem angeblich wichtigsten Start-up der Welt, ist nicht nur Feuer im Dach, das ganze Unternehmen droht abzufackeln. So jedenfalls müssen die sich von Tag zu Tag überschlagenden Ereignisse interpretiert werden.
Weil der Ausgang der internen Auseinandersetzungen (noch) nicht klar ist, konzentrieren wir uns vorläufig auf die Reaktionen bei X und Co. Denn die sind pures Internet-Gold.
Seit dem erzwungenen Abgang des Firmengründers und Geschäftsführers Sam Altman Ende letzter Woche versucht Microsoft, die Wogen zu glätten. Aus gutem Grund: Der Windows-Konzern ist Hauptinvestor und wichtigster Geschäftspartner von OpenAI. Microsoft-Chef Satya Nadella hat nicht zuletzt wegen der eigenen Aktionärinnen und Aktionäre das grösste Interesse an einer Beendigung der Krise.
Live footage of Satya Nadella greeting former OpenAI employees at Microsoft HQ pic.twitter.com/A68R1F39SB
— Trung Phan (@TrungTPhan) November 20, 2023
Altman und andere Ex-Beschäftigte von OpenAI sollen bei Microsoft ein neues Forschungsteam bilden, wie Microsoft-Chef Satya Nadella am Montag ankündigte. Er hatte am Wochenende laut Medienberichten erfolglos versucht, Altmans Rückkehr auf den Chefposten bei OpenAI zu erreichen.
Microsoft arbeite daran, Altman und Co. schnellstmöglich alle nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, betonte Nadella. Das dürften vor allem Unmengen an Rechenleistung sein, die moderne KI-Modelle brauchen.
Allerdings ist nicht klar, ob es tatsächlich zu einer Massenabwanderung Richtung Microsoft kommt. Und es buhlen auch Konkurrenten öffentlich um die KI-Fachleute.
Bei OpenAI wurde der Chefposten zum zweiten Mal in drei Tagen neu besetzt. Interims-Chef ist jetzt Emmett Shear, langjähriger Chef der auf Gaming ausgerichteten Streaming-Plattform Twitch. Die bisherige Technologiechefin Mira Murati, die am Freitag ebenfalls kommissarisch die Führung bei OpenAI übernahm, soll sich in der Zwischenzeit auf die Seite Altmans geschlagen haben.
In der Nacht zum Montag schrieben Murati und Dutzende andere Beschäftigte der Firma, OpenAI sei nichts ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es wirkte wie eine Revolte.
Später berichtete unter anderem der Finanzdienst Bloomberg, rund 500 der insgesamt etwa 770 Angestellten hätten einen Brief unterschrieben, in dem sie die rasche Ablösung des Verwaltungsrates forderten. Auch betonten sie, Microsoft habe zugesichert, dass es beim Konzern Jobs für sie alle gebe.
Medienberichten zufolge führte ein Richtungsstreit bei OpenAI zu Altmans Abgang. Einige Führungsfiguren wie Technologiechef Ilya Sutskever seien der Ansicht gewesen, dass Altman die Software mit künstlicher Intelligenz zu schnell und mit einem zu kommerziellen Ansatz auf den Markt bringen wolle. Sie brachten die Mehrheit des Verwaltungsrates auf ihre Seite.
Am Montag schrieb auch Sutskever dann, er bedauere, dass er beim Vorgehen des Aufsichtsgremiums mitgemacht habe und wolle alles für die Wiedervereinigung von OpenAI unternehmen. «Ich hatte nie die Absicht, OpenAI zu schaden.»
An einem Treffen der OpenAI-Führung liess Sutskever laut «The Atlantic» eine hölzerne Skulptur verbrennen, die er extra dafür in Auftrag gegeben hatte. Diese Skulptur sollte eine «unausgerichtete» KI darstellen – also eine, die nicht den hehren Zielen ihrer menschlichen Entwickler entspreche.
“No one can destroy value faster than WeWork did.”
— Jeff Richards (@jrichlive) November 21, 2023
OpenAI board: pic.twitter.com/uwIQFuMcIK
OpenAI war 2015 als eine Non-Profit-Organisation gegründet worden, mit der Mission, künstliche Intelligenz im Interesse aller zu entwickeln. Als jedoch klar wurde, dass mit Spenden die nötigen Milliarden-Investitionen nicht aufzutreiben wären, wurde zusätzlich eine gewinnorientierte Firma mit Altman an der Spitze gebildet. Dieser holte unter anderem Microsoft als Investor an Bord und sicherte OpenAI damit den Zugang zur nötigen Rechenleistung.
Der Konflikt zwischen den beiden Ansätzen wurde aber immer tiefer. Jetzt führt er faktisch zur Spaltung von OpenAI – mit unklaren Aussichten für die verbleibende Firma nach dem Abgang führender Mitarbeiter.
Dazu, warum genau Altman den Chefposten verlor, gab es bis Montag keine offiziellen Angaben. Der Verwaltungsrat teilte am Freitag lediglich mit, man habe das Vertrauen in Altman verloren, weil er nicht aufrichtig in seiner Kommunikation mit dem Aufsichtsgremium gewesen sei.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA