Warum das neue «Metroid»-Game eine Achterbahnfahrt der Gefühle auslöst
Seit der ersten Ankündigung sind viele Jahre vergangen. Es gab diverse Rückschritte in der Entwicklung, Konzeptänderungen und immer wieder wurden wir vertröstet. Dann endlich wurde das Projekt konkreter und das Release-Datum in Stein gemeisselt.
Samus Aran hat zahlreiche Abenteuer hinter sich und durfte auf diversen Nintendo-Konsolen immer wieder Begeisterungsstürme auslösen. Über Jahrzehnte wurde die «Metroid»-Marke zu einem Gütesiegel für kurzweilige Spielstunden, wo eine simple Geschichte und ausgefeilte Spielmechanik dominierten.
Nun ist Samus Aran, die berühmteste Kopfgeldjägerin der Videospielgeschichte, zurück und serviert uns die liebgewonnene Spielmechanik, die uns schon seit Jahrzehnten begleitet. Doch um besonders trendy zu sein, wurden im Vorfeld Gameplay-Entscheidungen getroffen, die als Fremdkörper wahrgenommen werden können und uns mit Stirnfalten zurücklassen.
Und trotzdem macht das alles irgendwie Spass, aber eine grosse Portion Ernüchterung bleibt dennoch zurück. Beziehungsstatus: Es ist kompliziert!
Eine Bitte, die man nicht abschlagen kann
Im jüngsten Ableger verschlägt es die gepanzerte Heldin im Auftrag der Galaktischen Föderation auf den Planeten Viewros, wo feindlich gesinnte Aliens unter der Führung von Antagonist Sylux, der ebenfalls im Kopfgeld-Geschäft mitwirkt, herumwüten und eine mysteriöse Rasse in Geisterform um Hilfe bittet, wo schlicht das Überleben dieser aussergewöhnlichen Spezies auf dem Spiel steht.
Selbstverständlich willigt die stumme Heldin ein und tut, was man in einem Videospiel halt tut: Fünf mystische Gegenstände müssen in unterschiedlichen Arealen gefunden und an einem bestimmten Ort eingesetzt werden, um einen Teleporter zu aktivieren.
Wie es die Videospielregeln verlangen, warten grosse Endgegner darauf, auf den Rücken gelegt zu werden, und mit der Hilfe von immer neuen Fähigkeiten werden vorerst verschlossene Wege in verzweigten Arealen geöffnet, damit die Story weitergeht. Es folgen zünftige Ballereien mit vielen Standardgegnern und Rätseleinlagen, die uns Schritt für Schritt weiterbringen.
Psycho-Fähigkeiten für die Heldin
Im Fokus ihrer Heldentaten stehen neue Psy-Fähigkeiten, die sie von den freundlichen Geisterwesen mitbekommt, damit Samus alle Herausforderungen auf dem Planeten mit den unterschiedlichen Vegetationsabschnitten meistern kann. Natürlich erhält sie nicht gleich zu Beginn alle in einem Sack serviert, sondern muss sich jede einzelne verdienen, sprich sie erst mal auffinden.
Mit diesen neuen Fähigkeiten können dann versteckte Mechanismen via Scan betätigt werden, um kleine Rätsel zu lösen oder Türen zu öffnen. Zudem bekommt die Kopfgeldjägerin neue Feuerkraft verpasst, kann die Flugbahn von Schüssen steuern, einen Greifhaken einsetzen und auf noch viele weitere Möglichkeiten zurückgreifen, damit die Gameplay-Abwechslung ständig pulsiert.
Damit Samus übrigens zwischen den unterschiedlichen Arealen schnell hin und her reisen kann, bekommt sie ein stylisches Motorrad mit dem prägenden Namen Vi-o-La geschenkt, um geschmeidig über die Oberfläche und die offene Spielwelt zu düsen.
Das Problem mit der offenen Spielwelt
Die offene Spielwelt von «Metroid Prime 4» ist genau genommen zwar offen, aber keine wirkliche Spielwelt. Denn mit dem futuristischen Motorrad brettern wir durch eine ziemlich leere Wüstenwelt, um von A nach B zu gelangen. Und das kann dann schon mal eine Weile dauern und ausufern.
Zwar sieht das alles sehr schick aus und ist auch eine willkommene Abwechslung zum herkömmlichen Gameplay, doch schnell setzt in den offenen Arealen die Langeweile ein.
Hie und da gibt es zwar eine klitzekleine Aufgabe, ein kleines Rätsel zu lösen, um Upgrades zu erhalten, doch das war's dann auch schon. Puristen werden sich daran aber hauptsächlich stossen, weil die Grundstruktur der Spielmechanik dadurch unterbrochen und auch ziemlich gestreckt wird.
Einzelgängerin ist nicht allein
Auf ihrer Reise trifft Samus immer wieder auf eine Handvoll Soldaten, die in der Schlacht verloren gegangen sind und nun in jeder Welt auf ihre Rettung warten. Diese sammeln sich dann in einem Camp und stehen der Heldin zur Verfügung, um den Informationsaustausch zu vollziehen. Und einer sticht dabei besonders heraus: Techniker Myles.
Dieser ist ein einfach gezeichneter Charakter, der besonders nerdig daherkommt und die klassische Rolle eines plaudernden und witzigen Sidekicks einnimmt. Gerne möchte man seine Sprüche abschalten und den Kerl ignorieren, doch die Plaudertasche wird immer wieder aktiv und ballert unsere Ohren zu.
Während einige Gags von ihm durchaus als ganz okay durchgehen, geht er einem die meiste Zeit über einfach nur auf die Nerven und wird zu einem Fremdkörper, den man sich wegwünscht.
Ein Videospiel zum Durchbeissen
Fazit: Nach ca. 15 Spielstunden war ich nach dem Abspann verwirrt. Auf der einen Seite hatte ich meinen Spass mit der Mixtur aus Ballern und Rätseln, genoss jede Sekunde des atmosphärischen Soundtracks und hatte meine Freude mit der opulenten Optik.
Dann wiederum erschreckte mich diese Leere zwischen den Arealen und wurde bei mir immer mehr zu einem Fremdkörper, der mich aus dem Sog holte. Auch wenn die Motorrad-Fahrten eine Abwechslung waren, wurden sie immer mehr zu einem Pflichtabschnitt, den ich ohne grosse Emotionen hinter mich bringen musste. Ohne diese künstliche Streckung wäre das Spiel zweifellos viel intensiver und wäre dem Geist der Reihe mehr gerecht geworden.
«Metroid Prime 4: Beyond» ist keineswegs ein schlechtes Videospiel geworden, aber diverse Design-Entscheidungen im Vorfeld verwässern leider die Grundstruktur und sorgen dafür, dass man sich stellenweise durchbeissen muss. Das ist für ein «Metroid»-Game doch sehr ungewöhnlich und lässt die Gedanken kreisen, wie das Spiel geworden wäre, wenn man keine Experimente gewagt hätte.
«Metroid Prime 4: Beyond» ist erhältlich für Nintendo Switch und Nintendo Switch 2. Freigegeben ab 12 Jahren.
