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Tote Tauben am Zürcher HB – Verein spricht von «Todesfalle»

Video: watson/Emanuella Kälin, Hanna Hubacher

Tote Tauben am Zürcher HB – Verein spricht von «Todesfalle»

In den Spalten der Holzdecke bei der Europaallee am Zürcher HB stecken tote Tauben fest. Ein Verein spricht von einer «Todesfalle», die SBB von «Einzelfällen».
05.12.2025, 06:1105.12.2025, 06:11

Wer am Eingang des Zürcher Hauptbahnhofs bei der Europaallee derzeit nach oben blickt, dem offenbart sich ein grausiges Bild: Dort, in den Spalten der Holzdecke, die sich über den Aufgang aus dem HB und die Gleise 3 und 4 erstreckt, stecken mehrere tote Tauben fest.

In einem Instagram-Post vom Dienstag hatte der Verein Stadttauben Schweiz auf die toten Tiere aufmerksam gemacht. Im Beitrag forderte der Verein die SBB auf, etwas gegen das Sterben der Tiere zu unternehmen.

watson hat sich am Donnerstag vor Ort umgeschaut:

Video: watson/Emanuella Kälin, Hanna Hubacher

Dort zeigte sich: In der Holzdecke steckten mindestens vier tote Tauben. Eine Taube, die im Instagram-Post des Vereins zu sehen gewesen war, war am Donnerstag nicht mehr dort. Ob sie entfernt wurde, ist unklar.

Kritik von Tauben-Verein und Zürcher Tierschutz

Der Verein Stadttaube Schweiz geht davon aus, dass die Tauben den Bereich über der Holzkonstruktion als geschützten Brut- und Aufenthaltsort nutzen und einige zwischen den Holzstäben stecken bleiben und so «verenden» würden, so eine Sprecherin des Vereins gegenüber watson. Die Decken-Holzkonstruktion werde für Tauben so zur «Todesfalle».

Eine tote Taube in der Decke am HB Zürich
Wurde die Decke für diese Taube zur Todesfalle? Am Zürcher HB steckt eine tote Taube in der Holz-Decke.Bild: watson/Emanuella Kälin

Nadja Brodmann, Geschäftsleitung Zürcher Tierschutz, hält diese Überlegung für plausibel: «Tauben sind Nischen- und Spaltenbewohner. Sie ziehen sich dorthin zurück und brüten auch dort», erläutert sie gegenüber watson. Eine weitere Möglichkeit sei, dass die Vögel an etwas anderem gestorben seien und nicht das Feststecken für den Tod verantwortlich sei.

Gegenüber watson sagt die Zoologin:

«Wenn Tiere in dieser Konstruktion zu Schaden kommen und zum Beispiel verhungern, ist das inakzeptabel und tierquälerisch.»
Nadja Brodmann, Tierschutz Zürich

Die SBB wären dann moralisch in der Pflicht, zu handeln, so Brodmann.

Zwar handle es sich nicht um eine bewusste, böswillige Massnahme gegen Tiere, wie wenn Gift ausgelegt werde. Doch auch städtebauliche Massnahmen könnten als tierquälerisch eingestuft werden, wenn sie den Tauben ungerechtfertigt Schmerzen, Schäden oder Verletzungen zufügen, sagt Brodmann. Sofern die SBB deshalb angezeigt würden, müsste ein Gericht die Verhältnismässigkeit von schadensmindernden Massnahmen prüfen.

Tauben auf dem HB Zürich
Vertrauter Anblick: Tauben auf dem Bahnhofsdach des HB Zürich.Bild: watson/Emanuella Kälin

Schneller und aus Tierschutzsicht besser wäre jedoch, wenn der Verein Stadttaube Schweiz mit den SBB das Gespräch suchen und eine aussergerichtliche Lösung anstreben würde, so Brodmann.

SBB spricht von Einzelfällen

Die SBB schreiben auf Anfrage von watson von den toten Tieren als «Einzelfälle»: «Nach unserem Kenntnisstand handelt es sich um Einzelfälle, verursacht durch das unbeabsichtigte Eindringen von Tauben in schwer zugängliche Bereiche und ein unglückliches Verheddern in Vergrämungsnetzen.»

Die SBB würden an Bahnhöfen zwar Massnahmen gegen Tauben ergreifen, achteten aber darauf, dass diese tierschutzkonform seien. «Sollten Tiere dennoch zu Schaden kommen, prüfen wir die Situation und passen die Installationen an», schreibt ein Sprecher der SBB weiter.

Der Verein Stadttaube Schweiz sieht eine Lösung für die Situation beim Zürcher HB darin, einen betreuten Taubenschlag einzurichten. Damit werde Tauben ein alternativer Aufenthalts- und Brutort geboten, sodass sie sich nicht in Nischen wie der Deckenkonstruktion in Gefahr bringen müssten.

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Für alle, die ein noch lebendes Tier in Not sehen, empfiehlt Nadja Brodmann vom Zürcher Tierschutz, Hilfe anzufordern: «Wenn ein Tier eingeklemmt ist und gerettet werden muss, sollte man den Tierrettungsdienst oder die Zürcher Wildhut anrufen.»

Du siehst eine Taube oder ein anderes Tier in Not?
Tierrettungsdienst (ganze Schweiz, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr): 0800 211 222.
Wildhut Zürich (nur für Wildtiere): Hier geht's zur Webseite.
Und jetzt du: Müssten Tauben besser geschützt werden? Schreib es in die Kommentare.
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quelle: stadt zürich
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Video: srf
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68 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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marcog
05.12.2025 06:39registriert Februar 2016
1. Für ein Strafverfahren muss der SBB Absicht nachgewiesen werden können.
2. Die SBB lässt im HB gezielt Tauben töten. Zugegeben, kurz und schmerzlos und nicht durch verhungern.
3. Gegen natürliche Dummheit kann die SBB nichts tun.
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ursus3000
05.12.2025 07:26registriert Juni 2015
Und wie lange ist der Umbau her? 28 Jahre?
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Pat Andrea
05.12.2025 06:48registriert Juli 2024
Soweit ich mich entsinne gibt es diese Holzkonstruktion seit Jahren, oder?

Von daher finde ich es bemerkenswert, dass dieses Problem erst jetzt auffällt.

Ich hoffe, dass die toten Tiere entfernt werden und die Behörden auch Tests auf mögliche Infektionen, v.a. Vogelgrippe durchführen. Experimente an Stadttauben zeigten zwar auf, dass 2.3.4.4b nicht so leicht Tauben infizieren kann, aber das Virus entwickelt sich ständig weiter (siehe nextstrain).

Und natürlich sollte die SBB auch handeln, falls sich herausstellt, dass es doch nur eine tödliche Konstruktion für Tauben ist; schon nur wegen PR
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