Motorola hat das dünne Smartphone mit grossem Akku, das Apple und Samsung gern hätten
Es liegt geradezu in der Luft, obwohl keiner den Namen iPhone Air in den Mund nimmt. Das muss während der Vorstellung von Motorolas Edge 70 auch keiner. Ist schon klar: Das 5,9 Millimeter flache Smartphone spricht jene an, die auch ein ultradünnes iPhone Air kaufen könnten oder ein flaches Samsung Galaxy S25 Edge. Motorola kommt zwar etwas spät zur Party, setzt aber deutliche, eigene Akzente.
Das fängt beim farbenfrohen Design an: Motorola hat hier mit Pantone drei Farbkombinationen entworfen, die herausstechen:
- Gadget Grey: Ein Grauschwarz mit leuchtend blauen Kameraringen und Knöpfen.
- Bronze Green: Ein Olivton zusammen mit einem grünlichen Goldton.
- Lily Pad: Ein Graugrün mit Akzenten in Orange-Metallic.
In Zeiten, in denen das Innenleben aller Smartphones eigentlich gut genug ist, macht so ein Look ordentlich was her.
Innen drin steckt ein überraschend grosser Akku
Weiter geht es beim Innenleben: Die Hardware ist ausreichend schnell (Snapdragon 7 Gen 4), der Arbeitsspeicher mit 12 Gigabyte (GB) gross, 512 GB Gerätespeicher reichen für viele Fotos und Videos. Das 6,67 Zoll (ca. 17 cm) grosse OLED-Display ist schön hell und hat nur einen ganz schmalen Rand. Mit 159 Gramm, dem Alu-Rahmen und der griffigen Rückseite liegt das Edge angenehm leicht in der Hand. Es ist das gleiche gute Gefühl wie beim Konkurrenten von Apple. Die Erkenntnis: So schön leicht kann Smartphone sein.
Dünn und trotzdem gute Akkulaufzeit
Während im iPhone Air die meiste Technik oben unter dem Kamerabuckel sitzt, damit mehr Platz für den kleinen Akku mit rund 3150 Milliamperestunden bleibt, ist sie im Edge 70 etwas verteilter. Es gibt auch Stereolautsprecher. Trotzdem steckt ein grosser und moderner Silizium-Carbon-Akku mit 4800 Milliamperestunden in der Flunder. Zum Vergleich: Samsungs ultradünnes Galaxy S25 Edge bringt es auf 3900 Milliamperestunden (mAh).
Motorolas Akku hält und hält – und hält. Auch ohne Ansteckakku. Im Test locker einen Tag, manchmal zwei. Zudem lädt der Akku mit maximal 68 Watt deutlich schneller als bei den direkten Rivalen von Apple und Samsung.
Schlussendlich die Kameras: Vier farbig eingefasste Ringe zieren die Rückseite des Geräts. Darin stecken aber nicht vier Kameras, sondern zwei: eine Weitwinkel- und eine Ultraweitwinkelkamera mit jeweils 50 Megapixeln. Die beiden übrigen Ringe besetzen der Blitz und ein Lichtsensor. Auch Samsungs Flunder-Phone Galaxy S25 Edge bietet zwei Kameras, beim iPhone Air versucht Apple, alles mit einer Kamera zu lösen.
Was die KI-Kamera nicht sieht, errät sie auch mal – manchmal falsch
Das Kamera-Duo des Edge liefert meist schöne Fotos in knalligen Farben. Manch ein Bild ist zunächst enttäuschend, nach 1,5 Sekunden Nachbearbeitung durch die KI sieht es dann plötzlich beeindruckend aus. Besonders Porträts schafft die Kamera gut, dynamische Szenen mit viel Bewegung gelingen mal gut, mal bleiben Gesichter leicht unscharf. Einen optischen Zoom gibt es nicht.
Gelegentlich liegt die Photo Enhancement Engine der Moto AI auch daneben, was sich in eher willkürlich platzierten Unschärfen im Bild äussert oder in fehlenden Details. Denn was unscharf ist, wird dann «scharf geraten». Nicht immer gelingt das ganz perfekt.
Robust und langlebig
Ein wichtiges Thema für Motorola bei der Präsentation: Das Smartphone inklusive Akku soll langlebig sein. Dazu hat man es der Zertifizierung des US-Militärs unterzogen: Stürze, Hitze, Kälte, Staub, Wasser – all das soll kein Problem sein. Und auch biegen lässt sich das flache Alu-Gehäuse mit Kunststoffrückseite unter vertretbarem Kraftaufwand kaum. Zur Langlebigkeit passt, dass es nach den Schutzklassen IP68 und IP69 vollständig gegen Wasser und Staub geschützt ist.
Motorola garantiert vier Jahre Android-Updates und sechs Jahre Sicherheitsupdates. Das Smartphone wird also bis 2031 Sicherheits-Patches erhalten.
Kein komplettes Ökosystem, aber auf dem Weg dahin
An einer wichtigen Stelle muss sich das Edge dem luftigen Mitbewerber aber klar geschlagen geben: die Services. Zwar lassen sich Moto-Smartphones über Smart Connect gut mit Windows-PCs verbinden, Quick-Share erlaubt das Teilen von Daten von Smartphone zu Smartphone und die Google-Dienste sind auch nicht übel. Trotzdem erreicht der Androide nicht das Integrationsniveau eines iPhones, bei dem man nahtlose Dienste mit anderen Apple-Geräten aus einer Hand ab Werk erhält.
Doch Motorola arbeitet daran. In den vergangenen Jahren hat die Marke ein wachsendes Ökosystem aus Smartphones, Uhren, Trackern und Kopfhörern entwickelt, die gut gemeinsam funktionieren.
Alles richtig gemacht – und dann dieser Fauxpas
So weit, so gut – und so vergleichsweise günstig im Kosmos der flachen und leichten Smartphones. Schliesslich unterbietet Motorola die Konkurrenz von Samsung und Apple auch beim Preis deutlich. 799 Franken UVP soll das Edge 70 kosten, im Onlinehandel ist es natürlich deutlich günstiger zu finden. Wer sich jetzt schon freut, hat die Rechnung ohne Motorola gemacht. Denn:
- Schon beim Einrichten versucht man, uns diverse unnütze Apps aufzudrängen – von Shopping bis Spiele.
- Und das setzt sich fort mit vorinstallierter Bloatware von Facebook bis hin zur Versandhandels-App.
- Die Krönung: Nach einem Update sind plötzlich fünf neue Spiele, ein Soziales Netzwerk und die Temu-App ungefragt auf dem Telefon gelandet. Zusammen mit einer Glückwunschmeldung, die Einrichtung des Telefons sei nun abgeschlossen. Bitte was?
Das ist keine vertrauensbildende Massnahme. Man fragt sich: Welche ungebetene Überraschung kommt beim nächsten Update? Wäre es ein 200-Franken-Smartphone, könnte man das zur Not ertragen. In diesem höherpreisigen Segment ist so etwas deplatziert. Immerhin kann man die ungewollten Apps auch einfach wieder löschen. Viele dürften sich auch darüber freuen, dass Motorola Googles Original-Android in weiten Teilen unverändert übernimmt.
Fazit: Schlank muss nicht Verzicht heissen
Das Edge 70 macht Apple und Samsung vor, wie extrem flach Smartphones sein können, ohne bei der Akkulaufzeit zu starke Kompromisse einzugehen.
Hier muss man sich nicht entscheiden: Will ich dünn oder will ich Funktionen? Das Edge 70 liefert beides und ist neben der innovativen Technik im Gehäuse auch äusserlich mit dem Zweifarb-Look ein echter Hingucker. Wenn da nur nicht die Sache mit den unerwünschten App-Installationen wäre.
Preis und Verfügbarkeit
Das Motorola Edge 70 gibt es bereits im Handel für knapp 800 Franken UVP (im Onlinehandel aktuell ab 625 Franken). Mitbewerber gibt es wenige: Zu nennen sind etwa Samsungs Galaxy S25 Edge (0,1 Millimeter dünner, ab rund 600 Franken im Onlinehandel, 1179 Franken UVP) und Apples iPhone Air (ab circa 900 Franken im Onlinehandel, ab 999 Franken bei Apple).
(dpa/t-online)

