Anfang 2023 habe ich nach gut fĂŒnf Jahren mein altes Smartphone in Rente geschickt und durch ein kompaktes Klapp-Handy ersetzt. Ich wollte ein handliches Mobiltelefon, das bequem in die Hosentasche passt und trotzdem ein grosses Display bietet. Doch mit dieser Kaufentscheidung bin ich auch Ende 2024 ein Exot. Bei watson besitzt meines Wissens genau eine andere Person ein faltbares Smartphone.
Vermutlich möchten die meisten ein Falt-Smartphone, auch Foldable genannt, nicht mal geschenkt. Darauf lassen zumindest die Verkaufszahlen schliessen, die seit Jahren auf homöopathischem Niveau verharren. Beim grössten Schweizer OnlinehÀndler Digitec Galaxus waren in diesem Jahr bislang 0,5 % aller verkauften Smartphones Foldables. Davon sind 0,3 % horizontal klappbar (Flip) und 0,2 % vertikal zu einem Tablet auffaltbar (Fold).
Nicht viel besser sieht es bei anderen Online-Shops aus: «Bei Brack ist der Anteil der faltbaren Smartphones mit 1,06 % rund doppelt so hoch», sagt Mediensprecher Lukas Keller. Davon seien «0,66 % horizontal faltbar (Flip) und 0,4 % vertikal faltbar (Fold)». Zudem sei der Anteil in der Romandie rund doppelt so hoch wie in der Deutschschweiz.
Ob 0,5 oder 1 Prozent: Ein Verkaufsschlager sieht anders aus. Falt-Handys stecken seit fĂŒnf Jahren in der Nische fest.
Die Hersteller mĂŒssen den mickrigen Marktanteil in diesem Jahr gar als Mini-Erfolg verbuchen: Denn nach einem Taucher im vergangenen Jahr sei mit den neusten Falt-Modellen von Samsung, Google, Motorola und Co. wieder Schwung in den Markt gekommen, heisst es bei Digitec Galaxus. Die wie ein Buch zu kleinen Tablets auffaltbaren Fold-GerĂ€te hĂ€tten dieses Jahr um 540 Prozent zugelegt, die kleineren Flip- bzw. Klapp-Smartphones um 220 Prozent.
EinschrĂ€nkend ist zu sagen, dass dieses Wachstum stĂŒckzahlenmĂ€ssig auf sehr tiefem Niveau geschieht.
Obwohl mit Ausnahme von Apple alle grossen Smartphone-Hersteller faltbare Smartphones im Angebot haben, sieht die Zukunft wenig verheissungsvoll aus: «Wir erkennen kein signifikantes Wachstum. Faltbare Smartphones dĂŒrften entsprechend ein Nischenprodukt bleiben â zumindest vorerst», heisst es beim Online-HĂ€ndler Brack.
Global wurden im vergangenen Jahr 16 bis 18 Millionen falt- bzw. klappbare Smartphones verkauft. Verglichen mit den insgesamt rund 1,17 Milliarden verkauften Smartphones ein Tropfen auf den heissen Stein. Foldables erreichen global einen Marktanteil von 1 bis 1,5 Prozent, da sie sich immerhin in China und SĂŒdkorea einer gewissen PopularitĂ€t erfreuen.
Anders gesagt: Wenn Apple ein neues iPhone bringt, verkauft es sich allein in den ersten Tagen doppelt so oft wie sĂ€mtliche Foldables aller anderen Hersteller in einem Jahr. Damit dĂŒrfte auch die Frage geklĂ€rt sein, warum Apple als einziger grosser Hersteller auf faltbare Handys verzichtet.
Trotz mauen Verkaufszahlen halten Samsung, Google und diverse chinesische Hersteller unbeirrt an Falt-Smartphones fest. Sie sehen darin eine Chance, junge Menschen vom iPhone ins Android-Lager zu lotsen. Samsung beispielsweise bewirbt seine klappbaren Flip-Smartphones als stylische Gadgets fĂŒr junge Frauen.
Laut Keller von Brack könnte diese Strategie aufgehen: «Die faltbaren Smartphones sind bei Frauen beliebter als bei MÀnnern.» Der prozentuale Anteil an faltbaren GerÀten sei bei Frauen sowohl bei den Flip- als auch bei den Fold-Modellen höher als bei MÀnnern. Keller macht aber eine wichtige EinschrÀnkung: Insgesamt hÀtten 2024 «deutlich mehr MÀnner als Frauen ein neues Smartphone gekauft».
Auch eine Auswertung von Digitec Galaxus legt nahe, dass MĂ€nner viel hĂ€ufiger Smartphones kaufen. Daher gelangt man zum Schluss, dass nicht junge Frauen, sondern zahlungskrĂ€ftige MĂ€nner ĂŒber 45 die hĂ€ufigsten KĂ€ufer teurer Falt- und Klapp-Handys sind: «Bloss zwei von zehn Menschen, die sich dieses Jahr ein Samsung Galaxy Fold oder ein Google Pixel Fold gekauft haben, sind Frauen», so der OnlinehĂ€ndler.
«Die eigentliche Hauptzielgruppe der Falt- und Klapp-Smartphones sind Ă€ltere GeschĂ€ftsmĂ€nner», sagt Andrea Jacob, die bei Digitec Galaxus fĂŒrs Handysortiment verantwortlich ist.
Dies aus dreierlei GrĂŒnden:
Zielen folglich die Hersteller mit ihrem auf Junge ausgerichteten Marketing an der wichtigsten Zielgruppe fĂŒr Foldables vorbei?
Dies mag so sein, allerdings ist glasklar, dass Samsung und Co. primÀr junge Menschen ansprechen wollen, die vielfach ein iPhone besitzen. Theoretisch bietet ihnen Apples Entscheidung, vorderhand kein faltbares iPhone zu bringen, eine seltene Gelegenheit, dem Rivalen Kunden abzujagen.
Im Alltag ist meine Erfahrung aber vielmehr, dass iPhone-User zwar ein gewisses Interesse an Klapp-Smartphones bekunden, schlussendlich jedoch immer die Frage fÀllt: Wann kommt so etwas von Apple?
Samsung just made a Think Different ad đđ pic.twitter.com/bYvvatloOW
— System Settings (@app_settings) September 15, 2024
Weltweit soll Samsung im letzten Jahr mehr als zehn Millionen Foldables ausgeliefert haben. 2024 dĂŒrften alle Hersteller zusammen auf rund 25 Millionen Einheiten kommen, was etwa 40 Prozent mehr wĂ€ren als 2023.
Diese Zahlen sind nicht berauschend, aber auch nicht so prekÀr, um alles hinzuschmeissen.
Ob Falt- und Klapp-Handys den Weg aus der Nische finden, wird sich laut Digitec Galaxus zeigen, sobald diese erschwinglicher werden. «Die Preise werden fallen, wenn die chinesischen Marken vermehrt solche GerĂ€te auf den Markt bringen. Dank des Wettbewerbs dĂŒrften die Handys dann auch fĂŒr die Kundschaft mit schmalerem Budget interessant werden», so Jacob. Mehr als maximal zwei Prozent Marktanteil in Europa traut aber auch die Handy-Expertin den Foldables in den nĂ€chsten drei Jahren nicht zu.
Ein Problem: Fallende Preise bei Foldabels werden von Marktforschungsunternehmen seit Jahren in Aussicht gestellt. FĂŒr chinesische Hersteller mag dies teils zutreffen. Doch Falt-Smartphones von Samsung und Google bleiben teuer und niemand glaubt im Ernst, dass Apple je ein gĂŒnstiges Falt-iPhone anbieten wird.
The world's first trifold phone is hereâïž
— Ben Geskin (@BenGeskin) September 10, 2024
Huawei Mate XT | Ultimate Design
Starting at „19999 ($2800) pic.twitter.com/PaGlmhbHqG
Ein anderes Problem: Viele Foldalbe-User kehren anscheinend wieder zu klassischen Smartphones zurĂŒck. Das Marktforschungsunternehmen Kantar glaubt, dass rund 55 Prozent der Besitzer eines faltbaren Smartphones zu einem nicht faltbaren GerĂ€t zurĂŒckwechseln.
Offen gesagt, kann ich das als Foldable-User gut verstehen. Bin ich mit meinem Klapp-Handy zufrieden? Eigentlich schon. WĂŒrde ich wieder eines kaufen? Nicht unbedingt. Davon abgesehen, dass das Galaxy Z Flip 4 kompakter als ein normales Smartphone und somit bequemer in der Hosentasche zu tragen ist, hat es fĂŒr mich persönlich keinen entscheidenden Vorteil.
Und da war es dann auch schon.
Ich liebe mein Falt Handy und gebe es niemehr her. đđ