Samsung hatte es mit den beiden neuen Galaxy-Note-Modellen nicht einfach. Wie schon so oft in den vergangenen Jahren war bereits alles Wesentliche vorab durchgesickert. Dennoch schafft es der Konzern, vor allem softwareseitig mit einigen Gimmicks zu punkten. Am Interessantesten dürfte dabei der Bokeh-Effekt für Videos sein, mit dem Samsung gegenüber Kamera-Primus Huawei endlich wieder etwas an Boden gewinnt.
Mit dem Samsung Note 10 hat man neu die Wahl zwischen zwei Displaygrössen. Während das Note 10 mit 6,3 Zoll gegenüber dem Vorgänger etwas geschrumpft ist, wurde das Note 10+ auf 6,8 Zoll aufgeblasen. Selbst für Leute, die grosse Smartphones mögen, dürfte dies eine Herausforderung sein.
Entsprechend liegt das Note 10 etwas angenehmer in der Hand, da man einfach nicht das Gefühl hat, einen «Klotz» zu bedienen. Wobei Klotz hier etwas unfair ist, denn rein von der Dicke her hat Samsung beide Note-Varianten um fast einen Millimeter dünner gemacht.
Bei der Verarbeitung erhält man die Qualität, die man von einem Top-Smartphone erwartet. Das wasserdichte Gehäuse fühlt sich wertig an und der Aluminiumrahmen geht scheinbar nahtlos in das Display über. Den Stift bekommt man ohne Fummelei aus seinem Schacht und auch wieder hinein. Geschmacksache dürfte die verglaste Rückseite sein. Diese spiegelt teilweise so stark, dass man das Note 10 problemlos als tragbaren Spiegel benutzen könnte.
Die Glasrückseite ist schon nach wenigen Minuten von Fingerabdrücken übersät. Allerdings werden die meisten ihr Note vermutlich sowieso in eine Hülle stecken. Von diesen bietet Samsung zum Start vier unterschiedliche Farben an.
Beide Note-Modelle unterstützen LTE der Kategorie 20. Damit wären rein theoretisch Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 2 Gigabite pro Sekunde möglich. In der Praxis ist das in der Schweiz mangels nötiger 5G-Infrastruktur allerdings noch nicht möglich. Ansonsten gibt es das gewohnte Paket an neustem Wi-Fi, Bluetooth und NFC.
Samsung verbaut in seinen Note-Modellen natürlich nur das Beste, was es im Moment an Hardware gibt. Sowohl beim Note 10 als auch beim Note 10+ kommt der allerneuste, hauseigene Exynos-Prozessor zum Einsatz, der noch in keinem anderen Smartphone verbaut ist – auch nicht im Galaxy S10.
Beim Arbeitsspeicher gibt's beim Note 10 «nur» acht Gigabyte, während das Note+ mit 12 Gigabyte so manchen Laptop überflügelt. Beim internen Speicher starten alle Modelle bei 256 Gigabyte, die Plus-Variante gibt es auch mit 512 Gigabyte. Seltsamerweise verzichtet Samsung ausgerechnet beim kleineren Modell, bei dem es keine 512-GB-Variante gibt, auf eine Speichererweiterung per microSD.
Bei der Kamera auf der Rückseite muss man sich zwischen Dreifach- und Vierfachkamera entscheiden. Immerhin unterscheiden sich die drei Hauptlinsen nicht voneinander. Beide Modelle sind ausgerüstet mit einer:
Das Note 10+ hat zusätzlich noch eine ToF DepthVision-Kamera verbaut. Diese dient dazu, die Distanz zu Objekten zu messen und auch die Tiefe eines Bildes zu ermitteln. Damit soll der Bokeh-Effekt (Tiefenunschärfe) noch nuancierter werden.
Das interessanteste Feature präsentiert Samsung ganz klar im Videobereich. Die Südkoreaner machen das sogenannte «Live Focus Video» für die neuen Note-Modelle verfügbar. Wie bei den Fotos kann man nun in Videos die Tiefenunschärfe simulieren – der Hintergrund wird also verschwommen. Bisher gab es dieses Feature nur im teuren Samsung Galaxy S10 5G und in der neuen A-Reihe.
In einem ersten Kurztest hat das ganz passabel funktioniert. Bei einer Person mit etwas strubbeligen Haaren hatte das «Live Focus Video» allerdings sichtlich Mühe, den Übergang sauber hinzukriegen. Auch wenn Subjekte sich bewegen oder von der Kamera entfernen, stösst das Feature doch an seine Grenzen.
Was ihr von «Live Focus Video» erwarten könnt, seht ihr in den drei folgenden Clips. Allerdings muss man anmerken, dass diese drei Videos mit dem Galaxy S10 5G gemacht wurden. Es kann durchaus sein, dass der Effekt im Note 10 bereits merklich besser funktioniert. Ob das tatsächlich der Fall ist, werden wir euch in unserem ausführlichen Test sagen.
Ebenfalls eine neue Funktion ist das sogenannte Zoom Mic. Zoomt man eine Person heran, «zoomt» man gleichzeitig auch den Ton heran. Technisch sieht das so aus, dass drei Mikrofone verbaut sind. Zoomt man, versuchen die Mikrofone links und rechts im Gehäuse die Umgebungsgeräusche zu dämpfen, während das unter der Kameralinse verbaute Mikro als eine Art Richtmikrofon fungiert.
Ansonsten versucht Samsung vor allem mit allerlei Gimmicks für den Videomodus zu punkten. Beispielsweise kann man den Hintergrund auf Schwarz-Weiss umstellen, während die Person im Fokus farbig bleibt.
Eine weitere Spielerei ist das AR-Video. Hier kann man einer Person während des Filmens beispielsweise eine Krone auf den Kopf malen. Verändert man dann den Winkel beim Filmen, wird die gezeichnete Krone automatisch nachjustiert und perspektivisch angepasst.
Dass es Samsung auf die Kreativen und die Generation YouTube abgesehen hat, zeigt der integrierte Videoeditor. Dieser ist etwa auf dem Niveau eines iMovie und selbst für Laien relativ selbsterklärend. Im Editor selbst stellt Samsung eine Musikbibliothek mit lizenzfreien Songs zur Verfügung, sodass man seine Werke auch ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen ins Netz laden kann. Vlogger können ihre Videos auch gleich aus der App auf YouTube exportieren.
Wer es noch etwas anspruchsvoller mag, kann sich das Videoschnittprogramm Adobe Premiere Rush herunterladen. Adobe hat das Programm extra an die neuen Note-Modelle angepasst, sodass sie laut Samsung noch besser laufen sollen. Ein kleiner Wermutstropfen ist hier allerdings, dass Rush nur begrenzt gratis genutzt werden kann. Wer die App richtig geniessen möchte, muss eine monatliche Abogebühr bezahlen.
Auch mit dem Note 10 hat es Samsung auf die Gamer*innen abgesehen. Von der Konkurrenz abheben möchte man sich vor allem mit einer künstlichen Intelligenz. Diese soll automatisch erkennen, ob es sich um ein Game mit hohem Ressourcenverbrauch handelt. Die KI soll die Leistung so optimieren, dass der Akku trotzdem möglichst lange hält.
Ebenfalls ist es möglich, das Note 10 per Kabel mit einem externen Monitor zu verbinden, um auf dem grossen Screen zu gamen. Muss man dann los, kann man die Verbindung trennen und ohne Unterbruch auf dem Handy weitergamen. Das dazu notwendige Kabel ist allerdings nicht im Lieferumfang enthalten.
Laut Samsung soll man mit beiden Modellen problemlos durch den Tag kommen. Dafür hat man beim Note 10 einen 3500-mAh-Akku und beim grossen Modell einen 4300-mAh-Akku verbaut.
Samsung verspricht, dass beide Geräte innerhalb von 30 Minuten wieder genug Saft haben, um einen Tag zu überdauern. Allerdings schafft man das nur mit dem 45-Watt-Ladegerät, dass es optional zu kaufen gibt. Der mitgelieferte Ladeadapter liefert immerhin 25 Watt.
Beide Modelle unterstützen kabelloses Laden. Hier schafft das Note 10+ (15 Watt) etwas mehr als der kleine Bruder (12 Watt). Allerdings muss man sich auch das Ladepad separat dazukaufen. Ausserdem können beide Note-Modelle auch Strom kabellos abgeben, um so andere, geeignete Geräte zu laden.
Im Wesentlichen unterscheidet sich der Stift nicht vom Vorgängermodell. Bluetooth, um den Stift als Fernauslöser für Selfies oder Präsentationen zu verwenden, konnte auch schon der S-Pen des Note 9. Samsung hat hier vor allem kleine Neuerungen eingeführt, die durchaus nützlich sein können – wenn man sie denn braucht.
So behauptet Samsung, die Handschrifterkennung markant verbessert zu haben. Tatsächlich hat das Textprogramm in unserem kurzen Test selbst verbundene Handschrift relativ zuverlässig in exportierbaren Text umgewandelt. Dennoch schlichen sich meist ein oder zwei Fehler ein. Anhand von ein paar Versuchen aber auf die Fähigkeit der Handschrifterkennung zu schliessen, ist noch zu früh.
Ebenfalls stolz ist Samsung auf ein kleines Gimmick, das zwar durchaus nützlich sein kann, aber wohl eher selten gebraucht wird: Mit dem Stift kann man die Kamera aus der Ferne heran- und wieder wegzoomen. Dies bewerkstelligt man, indem mit dem S-Pen eine Kreisbewegung im Uhrzeiger- oder entgegen dem Uhrzeigersinn gemacht wird.
Aufmerksame User werden auf den Bildern das Fehlen eines Fingerprintsensors auf dem Gehäuse bemerkt haben. Samsung hat das Entsperren per Fingerabdruck wie schon beim Galaxy S10 ins Display integriert. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern setzt Samsung dabei auf einen Ultraschallsensor, der angeblich viel sicherer sein soll.
Das Samsung Note 10 und das Samsung Note 10+ sind beide ab sofort vorbestellbar. Der offizielle Verkaufsstart ist dann am 23. August. Von den vier vorgestellten Farben sind in der Schweiz nur zwei erhältlich, nämlich «Aura Black» und «Aura Glow».