Digital
Schweiz

Twint und Apple Pay werden an Ladenkassen kaum genutzt

Schweizer Bezahl-App Twint kommt für iOS (iPhone) und Android
Früher oder später wird das Smartphone wohl Bargeld und Karten ablösen, aber es wird ein langer Weg.Bild: Twint

Fast niemand bezahlt mit dem Smartphone an der Kasse – so soll sich das nun ändern

Mobile Bezahldienste werden an Schweizer Ladenkassen weiterhin kaum genutzt. In Ländern ohne Bargeldkultur sieht dies allerdings schon heute deutlich anders aus. So sollen Twint und Co. auch bei uns das Bargeld ablösen.
02.07.2018, 12:3502.07.2018, 13:07
Mehr «Digital»

Die Schweizer Bezahl-App Twint breitet sich weiter aus. Mit Bezahllösungen für Parkplätze, kleinere Läden, Märkte oder Verkäufe direkt ab dem Bauernhof will der Handy-Bezahldienst weiter wachsen. Laut Verwaltungsratspräsident Søren Mose ist das Ziel eine Marktabdeckung von über 90 Prozent.

Der mobile Bezahldienst Twint zählt nun 850'000 Nutzer. Diese können heute an über 50'000 Terminals sowie in Migros-, Coop- und Sparläden mit der Twint-App bezahlen. Auch die grössten Schweizer Onlineshops wie Digitec oder Ticketcorner akzeptieren Twint. Und die SBB dürfte noch in diesem Jahr mitziehen, sagte Mose in einem Interview mit der Westschweizer Wirtschaftszeitung «L'Agefi», das am Montag veröffentlicht wurde.

Fast 100 Prozent des helvetischen Bankensystems unterstützten die Anwendung bereits, sagte der Twint-Präsident weiter. Insgesamt bieten 65 Banken eine Twint-App an, darunter die UBS, Credit Suisse, Raiffeisen, Postfinance und die Zürcher (ZKB) sowie die Waadtländer Kantonalbank (BCV). Einige Finanzinstitute seien gerade dabei, Twint zu lancieren, sagte Mose. Welche das seien, könne er allerdings noch nicht verraten.

Twint will Bargelddomänen erobern

Eine breite Abdeckung ist für Twint die Voraussetzung dafür, weitere Nutzer zu gewinnen und mehr Transaktionen abzuwickeln. Denn nur, wenn die Leute überall mit Twint bezahlen könnten, gelinge es, die jetzigen Gewohnheiten zu ändern, sagte Mose. Neben Supermärkten oder im Internet müssten Kunden auch dort mit Twint bezahlen können, wo sie heute noch auf Bargeld angewiesen seien – wie etwa beim Parkieren.

Der Banker und Finanzspezialist hofft, dass sich Twint in den nächsten fünf Jahren als Standardlösung für jegliche Bezahltransaktionen in der Schweiz durchsetzt. Auch jenseits der Schweizer Grenzen soll der Dienst bis dann aktiv werden. Heute sind die Umsätze mit mobilen Bezahlapps in der Schweiz allerdings noch klein, wie Studien zeigen.

Im Rückstand gegenüber Skandinavien und Afrika

Global gesehen setzten sich die Handy-Bezahldienste vor allem in Regionen mit einer starken digitalen Infrastruktur und ohne Bargeldkultur durch, sagte Mose. So seien sie heute etwa in Skandinavien weitherum akzeptiert. Aber auch in manchen Regionen Afrikas sei die mobile Art zu bezahlen schon weit fortgeschritten. Denn Bezahlapps erlaubten es dort, Lücken bei der Finanzinfrastruktur zu schliessen.

In der Schweiz habe es zwar eine gute digitale Infrastruktur, doch sei die Bargeldkultur stark verankert. Dennoch zeigte sich der Twint-Präsident überzeugt, dass mobile Bezahllösungen wie Twint schliesslich zur bevorzugten Bezahlmöglichkeit avancieren werden.

Mose verglich die Entwicklung mobiler Bezahllösungen mit der Einführung der ersten Bankkarten. Deren Einführung sei je nach Land sehr unterschiedlich verlaufen. Heute könne sich aber niemand mehr eine Welt ohne Debit- oder Kreditkarten vorstellen.

Twint wurde vor vier Jahren gegründet. 2016 fusionierte der Dienst mit dem Konkurrenten Paymit. Seither gehört Twint den sechs grössten Schweizer Banken und der Finanzinfrastrukturbetreiberin Six. Im letzten Mai hat zudem die französische Gruppe Worldline angekündigt, sich mit 20 Prozent an dem Handybezahldienst zu beteiligen – ein Signal, dass Twint bald in weiteren Märkten in Erscheinung treten könnte.

Das Einkaufen ohne Kassenschlange – So lauft das in Seattle:

Video: watson

(awp/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
117 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Hierundjetzt
02.07.2018 13:32registriert Mai 2015
Gegenfrage: Warum schon wieder soll ich:

1. Ein Kundenkonto anlegen
2. Karteninformationen hinterlegen
3. Mein Handy rausnehmen
4. Handy entsperren
5. Handy auf das Terminal legen

Wenn ich:
Mittels meinem geschlossenen Portemonee Zahlungen tätigen kann (in dem ich es einfach aufs Terminal lege?

Und warum schon wieder kann ich nicht meine Rechnung im Restaurant anteilsmässig bezahlen sondern muss mittels 3-4 Schritte via meinem Handy dem Kollegen seinen Anteil überweisen?

Fragen über Fragen...

PS zur Klarstellung: Twint definiert "Nutzer" = Menschen die die App downgeloadet haben...
39629
Melden
Zum Kommentar
avatar
solaris
02.07.2018 14:50registriert Juli 2015
Sorry, liebe Banken wenn ihr Apple oder Samsung Pay noch länger aktiv verhindert, dann wird das nix mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr. Was spricht denn gegen die Koexistenz von Twint und Apple Pay? Vielleicht, dass Twint - so kompliziert es zu bedienen ist - mit wehenden Fahnen untergehen wird? Aber vielleicht haben sie ja genau davor eine panische Angst...
10821
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tom H
02.07.2018 14:32registriert September 2014
Ich bezahle fast alles über Maestro- oder Postfinance-Karte. Mit den kontaktlosen Karten geht die Bezahlung sehr fix. Da sehe ich keinen Mehrwert beim Bezahlen mit Smartphone.
855
Melden
Zum Kommentar
117
So krass nahm Cyberkriminalität zu – und so oft trifft es dein Omi
Die neuen Zahlen vom Bundesamt für Statistik zeigen: Im digitalen Raum ist die Kriminalität auch im letzten Jahr massiv angewachsen. Opfer sind aber nicht nur ältere Personen – im Gegenteil.

Die neuste Kriminalitätsstatistik des Bundesamts für Statistik zeigt neue Rekordwerte. Über eine halbe Million Mal wurde im Jahr 2023 ein Vorfall gemeldet. Das sind 14 Prozent mehr Straftaten als noch im Jahr zuvor. Die digitale Kriminalität verzeichnet gar eine Zunahme von 31,5 Prozent. Doch wo im Online-Universum werden wir eigentlich am häufigsten übers Ohr gehauen?

Zur Story