Ab dem 1. Juli 2021 gelten neue rechtliche Regelungen fürs Roaming, also die Mobilfunknutzung im Ausland. Betroffen sind alle Schweizerinnen und Schweizer, die in den Ferien am Meer und anderswo (mit dem in der Schweiz laufenden Handy-Abo bzw. Prepaid) surfen und telefonieren.
Die Telekom-Spezialisten der Online-Vergleichsdienste Dschungelkompass und Moneyland haben die neuen Roaming-Gebühren unter die Lupe genommen. Ihr Fazit:
Nachfolgend fasst watson die wichtigsten Änderungen und die Einschätzungen der Experten zusammen.
Die wichtigste Neuerung sei, dass Daten-Roaming-Pakete neu 12 Monate gültig sein müssen, sagt der Telekom-Experte Ralf Beyeler von moneyland.ch. «Kunden können so gekauftes, aber noch nicht gebrauchtes Datenvolumen auch beim nächsten Aufenthalt im Ausland nutzen.»
Verschiedene Schweizer Mobilfunk-Anbieter würden ihrer Kundschaft neu Daten-Roaming-Pakete anbieten, die 12 Monate lang gültig seien. Dazu zählten:
Neu müssen alle Optionen, die ein bestimmtes Datenvolumen oder eine bestimmte Anzahl von Minuten enthalten, mindestens für 12 Monate gültig sein, hält Oliver Zadori von dschungelkompass.ch fest.
Neu werden Anrufe nicht mehr auf die volle Minute aufgerundet, sondern im Sekundentakt abgerechnet (abgehende ab einer halben Minute) und auf 10 Rappen gerundet. Dies könne für viele Gespräche eine Kostensenkung bedeuten.
Dschungelkompass-Geschäftsführer Oliver Zadori geht in konkreten Beispielberechnungen davon aus, dass eine Beispielnutzerin eine Woche Ferien in einem EU-Land macht und dabei 2 Gigabyte (GB) Daten nutzen möchte. Telefoniert werde nur über Apps (wie etwa Threema oder WhatsApp).
Da die meisten neuen Datenpakete für ein Jahr gültig seien, könne es sich lohnen, ein grösseres Datenpaket zu kaufen, da es auch später weitergenutzt werden könne. (Deshalb zeige der zweite Teil der folgenden Tabelle, wie sich dies auf die Kosten auswirke, wenn z.B. im Sommer und nochmals im Herbst je eine Woche Ferien gemacht werde).
Um auch die Effekte der neuen Sekundentaktung und von allfälligen Aufschlägen bei den Minutentarifen sichtbar zu machen, hat Zadori beim zweiten Vergleich neben der Datennutzung von 500 MB auch «moderate Telefonie» berücksichtigt. Dazu seien sechs eingehende Anrufe in einem EU-Land à je 1.5 Minuten und vier abgehende in die Schweiz à je 2.5 Minuten sowie 3 SMS berechnet worden.
Telekom-Experte Ralf Beyeler von moneyland.ch hat für seinen Vergleich das Profil «Roaming in Europa während eines Jahres» erstellt: Ein Kunde übertrage innerhalb eines Jahres 6000 Megabyte (MB) Daten und telefoniere 120 Minuten.
Zur Fussnote 1 heisst es: Die Berechnung basiere auf folgendem Profil mit vier Auslandsaufenthalten: Sommerferien während 14 Tagen (3000 MB, 30 Gespräche), Herbstferien während 7 Tagen (1500 MB, 18 Gespräche) sowie zwei Städtereisen während je 4 Tagen (je 750 MB, je 6 Gespräche).
Die Gespräche verteilten sich auf gleich viele Anrufe innerhalb des Reiselandes, in die Schweiz und eingehende Anrufe.
Der Dschungelkompass-Experte hält fest:
Der Moneyland-Experte bestätigt: Abos mit Inklusiv-Roaming seien zwar praktisch, da Kunden ihr Smartphone in Europa relativ bedenkenlos nutzen können. Allerdings seien die Abos für den typischen Ferienreisenden oft teuer. Wer nur einige Male pro Jahr im Ausland sei, bezahlt mit einer solchen Lösung in der Regel zu viel.
Wer nun denke, dass es nur noch Datenpakete gebe, die 12 Monate lang gültig seien, täusche sich, betont Beyeler: Sunrise beispielsweise biete zwar drei neue Daten-Roaming-Pakete an, die während 12 Monaten gültig seien – aber auch zwei Pakete mit einer Laufzeit von 30 Tagen.
Auch im Jahr 2021 lauern gemäss den Experten noch zahlreiche Fallen beim Roaming. Wichtig sei, dass die User sich vor den Ferien über die Roaming-Bedingungen erkundigen und passende Optionen und Pakete kaufen. Ansonsten könne es schnell zu einer hohen Telefonrechnung kommen.
Dem Moneyland-Experten ist aufgefallen, dass der drittgrösste Schweizer Mobilfunk-Netzbetreiber die meisten bisherigen Roaming-Pakete mit limitierter Datenmenge weiterhin mit einer Gültigkeit von 30 Tagen anbiete. Auf Anfrage erklärte das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) klar und deutlich: «Pakete, die eine limitierte Datenmenge enthalten, müssen ab 1. Juli 2021 zwingend 12 Monate gültig sein.»
Zusätzlich zu den 30-Tages-Paketen würden Salt, Das Abo und Lidl Connect für jede Roaming-Zone ein Paket mit einer Gültigkeit von 12 Monaten anbieten. Diese Pakete kosteten jedoch rund 100, 300 und 400 Franken.
Beyeler kritisiert:
Obwohl die geänderte Verordnung am 1. Juli in Kraft trete, biete Salt die Jahrespakete erst ab dem 10. Juli an.
Der Telekom-Konzern betonte auf Anfrage von moneyland.ch, dass er auch die gesetzlich vorgeschriebenen Pakete mit einer 12-monatigen Laufzeit im Angebot habe. Die kleineren und günstigeren Pakete würden einem Kundenbedürfnis entsprechen. Man stehe im Kontakt mit dem BAKOM.
Auch die Sunrise-Marken Yallo und Lebara kriegen ihr Fett weg. Diese hätten keine Daten-Roaming-Pakete im Angebot, die während 12 Monaten gültig seien. Stattdessen könnten Kunden unlimitiert mit langsamer Geschwindigkeit weiter surfen, wenn die Daten aufgebraucht sind.
Es sei schade, dass Yallo und Lebara ihren Kunden keine Jahrespakete für das Daten-Roaming anbieten würden, sagt Experte Beyeler. «Zahlreiche Kunden benötigen in den Ferien kein unlimitiertes Paket. Da eine grosse Menge enthalten ist, ist das Paket eher teuer.»
Im Interweb, wo sonst! 😉
Der Tarifrechner von dschungelkompass.ch enthält die täglich aktualisierten Aktionsangebote und findet «bequem die günstigsten Angebote für jede gewünschte Nutzung».
Auch moneyland.ch bietet einen Online-Tarifrechner. Und man habe «die besten Tipps für Reisende zu Daten-Roaming und Telefonie im Ausland» zusammengestellt.
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) warnte vor den Sommerferien vor hohen Roaming-Gebühren. Zwar müssten sich Neukunden von Telekom-Anbietern gemäss einer neuen Regelung ab 1. Juli selber eine Limite für das Datenroaming setzen. Der Konsumentenschutz befürchtet aber, dass langjährige Kunden Gefahr laufen, mit hohen Rechnungen aus den Ferien zurückzukehren.
Zusammen mit den anderen Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen forderte die Stiftung Konsumentenschutz daher, dass Mobilfunkanbieter die Standard-Limite bei Datenroaming für Erwachsene bei 100 und jene bei Jugendlichen bei 50 Franken festlegen, wie die Stiftung am 23. Juni mitteilte. Nur so könnten alle Kunden vor hohen Gebühren geschützt werden. Heute liege die Standard-Limite der verschiedenen Unternehmen zwischen 200 und 1000 Franken.
Die neue Regelung, die am 1. Juli in Kraft tritt, wäre aus Sicht des Konsumentenschutzes ein «wirksamer Schutz» vor hohen Roaming-Gebühren. Demnach dürfen Mobilfunkanbieter ihren Kundinnen und Kunden das Datenroaming erst aufschalten, wenn sich diese eine eigene Limite gesetzt haben. Die Kunden müssen die Kostenlimite zudem nachträglich anpassen können.
Der Konsumentenschutz schreibt aber, dass die Mobilfunkanbieter die Regelung nur auf Neukunden anwenden werden. Für alle bestehenden Kunden werden weiterhin die Telekom-Anbieter die Roaming-Limite setzen.
In der Verordnung steht, dass die Mobilfunkanbieterinnen ihre Kundinnen und Kunden «beim Vertragsabschluss, bei der Aktivierung oder Reaktivierung von Roamingdiensten sowie mindestens einmal jährlich schriftlich und leicht verständlich über die Konditionen und Modalitäten des internationalen Roamings» informieren müssen.
Das zuständige Bundesamt für Kommunikation (Bakom) erklärte dazu auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass die Frage, wie sich die Norm auf bestehende Kundinnen und Kunden auswirke, weder im Verordnungstext noch in den Erläuterungen explizit geregelt sei. Das Bakom habe in Diskussionen mit den Anbieterinnen aber immer klar gemacht, dass die Norm grundsätzlich für alle Kundinnen und Kunden gelte.
Swisscom teilt bei bestehenden Kundinnen und Kunden, die selber keine Limite (für die Mobilfunkkosten im Ausland) festsetzen, die bisherige Standardlimite von 200 Franken pro Monat je hälftig auf Datenroaming und Sprache/SMS auf. Betroffene Kunden werden vor Erreichen der Limite per SMS informiert und sobald die Limite erreicht wird, wird das Roaming gesperrt. Die Kunden könnten die Limite jederzeit via Cockpit individuell anpassen.
Salt wiederum teilte mit, dass bestehende Kunden neu die Möglichkeit hätten, ihre Roaming-Ausgabenlimite im Salt Store, im Kundenportal oder telefonisch individuell festzulegen oder auch nachträglich zu ändern. Solange bestehende Kunden nicht vom Setzen von individuellen Ausgabenlimiten Gebrauch machten, würden die bestehenden Ausgabenlimiten weiterhin angewendet. Die Kunden seien damit vertraut und würden über die Website und schrittweise per SMS über die neuen Möglichkeiten informiert. Die Limite bei bestehenden Kunden liege standardmässig bei 500 Franken.
Sunrise UPC bietet ihren Kundinnen und Kunden zahlreiche Möglichkeiten, ihre Roaming-Kosten zu kontrollieren, wie das Unternehmen schreibt.
Im Zuge der weiteren Integrationsarbeiten nach dem Zusammenschluss werde man die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten der Limiten laufend weiter harmonisieren.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Im Grossen und Ganzen bleibt alles gleich und trotz neuen Regelungen angeblich FÜR Konsumentenschutz haben es einige Anbieter geschafft, die Tarife sogar noch teurer zu machen???