Mastodon boomt, und watson schreibt Mediengeschichte, wie wir ganz unbescheiden festhalten möchten: Bühne frei für das allererste «Tooticle»!
20.12.2022, 14:3520.12.2022, 16:31
Es kommt selten vor, dass watson eine neue journalistische Darstellungsform lanciert. Heute ist so ein Tag und du kannst «hautnah» dabei sein. Inhaltlich geht es um etwas sehr Erfreuliches: Das freie Internet lebt. Und zwar in Form von Mastodon, einem unabhängigen, weil dezentralen Social-Media-Dienst, der immer mehr Zuwachs erhält.
Über das vergangene Wochenende war bei Mastodon ein höchst aussergewöhnliches Phänomen zu beobachten. Der Hashtag #JohnMastodon trendete weltweit, die entsprechenden User-Beiträge verbreiteten sich quasi viral und stellten auch das WM-Finalspiel in den Schatten.
Wir zeigen im Folgenden einige der besten und lustigsten #JohnMastodon-Toots und erklären, wie ein bekannter Multimilliardär das Phänomen ungewollt anheizt.
Was ist ein Tooticle?
Wenn du schon mal bei watson warst oder wir dich zu unseren treuen Userinnen und Usern zählen dürfen, dann wirst du das Tweeticle vermutlich kennen. Dabei handelt es sich um eine relativ neue journalistische Darstellungsform (dessen Name von einem watson-Urgestein erfunden wurde).
Tweeticles können witzig sein. Es geht aber auch um ernste Themen wie den illegalen Angriffskrieg Russlands. Und immer gibt's eine tüchtige Prise schwarzen Humor.
Gerade etabliert sich Mastodon als sinnvolle Alternative zu Twitter. Und dort wird ein Posting nicht Tweet genannt, sondern Toot. Das ergibt die watson-Wortkreation «Tooticle», eine redaktionelle Zusammenstellung von Toots.
Hier gilt es in Erinnerung zu rufen, dass Mastodon im Gegensatz zu kommerziellen Social-Media-Plattformen wie Twitter, Instagram oder TikTok keinen Empfehlungs-Algorithmus hat. Umso erstaunlicher ist es, dass sich die #JohnMastodon-Toots dermassen rasant verbreiteten.
Und damit sind wir beim Techmilliardär Elon Musk angelangt. Der ins Autoritär-Faschistische abdriftende Twitter-Chef versucht mit allen Mitteln, die Abwanderungswelle Richtung Mastodon einzudämmen. Und trägt ungewollt dazu bei.
Über 2 Millionen Twitter-«Flüchtlinge»
Die Popularität der unabhängigen Twitter-Alternative hat seit Elon Musks Twitter-Übernahme sprunghaft zugenommen und ist zwischen Oktober und November von 300'000 monatlich aktiven Usern auf 2,5 Millionen gestiegen. Diese Info stammt aus einem Blog-Beitrag des Mastodons-Gründers und leitenden Entwicklers Eugen Rochko.
In dem Beitrag befasst sich der deutsche Software-Entwickler auch mit Twitters (bereits wieder aufgehobenem) Verbot für Mastodon-Links und der fragwürdigen Sperrung von Journalistinnen und Journalisten. Dies sei eine deutliche Erinnerung daran, dass zentralisierte Plattformen willkürliche und unfaire Grenzen setzen können.
Und weiter: «Wir bei Mastodon glauben, dass es keinen Mittelsmann zwischen dir und deinem Publikum geben muss und dass insbesondere Journalisten und Regierungsinstitutionen nicht auf eine private Plattform angewiesen sein sollten, um die Öffentlichkeit zu erreichen.»
#JohnMastodon
Um #JohnMastodon zu verstehen, braucht es etwas Kontext.
Das leider nicht wirklich gut informierte amerikanische Online-Medium Mediaite verbreitete am vergangenen Freitag (16. Dezember 2022) die Falschinformation, dass der Gründer von Mastodon bei Twitter gesperrt worden sei.
In der inzwischen berichtigten Kolumne war fälschlicherweise von John Mastodon die Rede. Tatsächlich handelte es sich aber um das Twitter-Profil @JoinMastodon.
Das Internet reagierte sofort und der, äh, Mythos war geboren
screenshot: mastodon
Oder doch nur eine Finte?
Seine Anhänger sind sich sicher: John wird unterschätzt
By the way: Er macht auch schon länger etwas mit den (sozialen) Medien
Derweil bei der «Vogelseite» (aka Twitter)
screenshot: mastodon
Auch die Gamer kommen auf ihre Kosten
Einen Seitenhieb haben wir noch ...
«John Mastodon hat seinen Reichtum ebenfalls vom Bergbaubetrieb seiner Eltern geerbt. Allerdings waren die Minen der Familie Mastadon eigentlich ein ‹World of Warcraft›-Goldbergbaubetrieb, der vor fünf Jahren eingestellt wurde.» Replik: «‹Pleite gegangen› erzählt nicht die ganze Geschichte. Sie haben ALLES Gold in World of Warcraft abgebaut und eröffnen nun eine Reihe äusserst erfolgreicher Zwergen-Fastfood-Restaurants (...).»screenshot: mastodon Der Terminator lässt freundlich grüssen
«Wir schreiben das Jahr 2029, Elon Musk schickt einen Telsabot-8000* in die Vergangenheit, um #johnmastodon zu finden und zu töten». * Sollte wohl Teslabot-8000 heissen.screenshot: mastodon Schnell tauchte die Frage auf, wer John Mastodon in der unweigerlich folgenden Hollywood-Verfilmung spielen würde
Screenshot: Mastodon
Selbstverständlich gab es auch Anspielungen auf Tolkiens «Herr der Ringe»
Und natürlich darf ein uralter Internet-Held nicht fehlen ...
Historische Aufnahmen wurden verbreitet
Was wohl Tim Apple dazu sagen würde?
Es gibt aber auch politische Anspielungen
Ja, Trump muss sich warm anziehen
Inzwischen existiert auch ein LinkedIn-Profil ...
screenshot: linkedin (via mastodon) Der Twitter-Account @JohnMastodon ist tatsächlich gesperrt worden
screenshot: mastodon
Logisch, hat auch ChatGPT seinen (unwissenschaftlichen) Senf dazugegeben
Laut KI gibt's ein Happy End ...
Dereinst werden Balladen auf unseren neuen Internet-Helden gesungen*
There once was a man named John Mastodon
Who loved to share his thoughts and opinions
On a platform called Twitter, he spent his days
But one day, his account was taken away.
John was banned, he didn't know why
But he refused to let this dark cloud pass him by
He set his mind to finding a solution
And came up with an idea, a revolution.
He would build a new platform, one that was fairDecentralized, open source, without any wear
He called it Mastodon, a platform for all
Where everyone's voice could stand tall.
* meint jedenfalls ChatGPTquelle: mastodon Was lernen wir daraus?
Die Zukunft gehört dem Tooticle. Sofern es die Nutzerinnen und Nutzer des Social-Media-Dienstes ermöglichen.
Ein Mastodon-User brachte es auf den Punkt:
#JohnMastodon ist der Beweis dafür, dass Dinge hier auf Mastodon viral gehen *KÖNNEN*, aber der Schlüssel ist, dass *DU* der Algorithmus bist. Der Grund dafür, dass das John-Mastodon-Meme in den Timelines anderer Leute auftauchte, ist, dass so viele Nutzer die Beiträge geboostet haben.
Die Lektion hier ist: Bitte favorisiere nicht nur etwas, wenn es dir wirklich gefallen hat; BOOSTE es, damit andere Leute es auch geniessen können! Das ist der einzige Grund, warum ich mir die Mühe mache, auf Mastodon einen möglichst grossen Social Graph zu erstellen – um als Verstärker zu wirken. Du kannst das auch!❤️😉
Ryan Schultz, Wissenschaftsbibliothekarquelle: mastodon
PS: Bei Mastodon gilt übrigens Gleichberechtigung:
Screenshot: Mastodon
«Es ist eine wenig bekannte Tatsache, dass die Frau von #JohnMastodon – Jacqueline Stegosaurus – tatsächlich das Gehirn hinter der Operation ist.»
Kommentar bei Mastodon
Ein anderer User stellte begeistert fest:
«Die Leute haben wieder viel Spass in den sozialen Medien, anstatt sich gegenseitig zu beschimpfen. Das ist das Internet, mit dem ich aufgewachsen bin, und es ist fantastisch, es wiederzuhaben!»
PS: Auch wenn der Mastodon-Gründer und -Chefentwickler inzwischen vom Begriff wegkommen will, halten wir selbstverständlich daran fest: #BringBackTheToot.
Quellen
Mehr zu Mastodon und Twitter:
Die wichtigsten Begriffe zu Mastodon und dem Fediverse
1 / 16
Die wichtigsten Begriffe zu Mastodon und dem Fediverse
Vergiss Twitter! Diese Begriffe zur europäischen Social-Media-Alternative Mastodon bringen nicht nur Elon Musk ins Schwitzen ...
quelle: keystone / gregory bull
«Die kasachische Steppe wird mit Leichen gepflastert» – Journalist warnt Russland
Video: watson
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Sollte Kanada bald Teil der USA werden? Diesen Vorschlag hat der künftige US-Präsident Donald Trump angeblich dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau bei einem gemeinsamen Abendessen gemacht.
Bisher scheint mir das weniger ein Massenexodus als ein Wechsel einer ganz spezifischen Bubble in Richtung Mastodon. Auffällig auch, viele davon bleiben trotzdem auf Twitter.