Ob die neusten Hits von Billie Eilish oder Taylor Swift, die Podcasts des deutschen Stand-up-Comedians Felix Lobrecht oder der «New York Times»: Der Spotify-Hörspass wird je nach Abo zwischen 8 und knapp 15 Prozent teurer, wie der populäre Audio-Streaming-Dienst mitteilt. Für Neuabonnenten per sofort, für die bestehende Kundschaft ab September.
Spotify begründet die Preisanpassungen mit dem selbst gesteckten Ziel, «immer das bestmögliche Erlebnis zu bieten». Aber letztlich zahlen Studenten, Einzelpersonen, Paare und Familien pro Monat einfach 1 bis 2 Franken mehr für eine unveränderte Leistung.
Damit ist Spotify bei weitem nicht allein. Etliche Streaming-Anbieter drehen derzeit kräftig an der Preisschraube, und zwar weltweit. Die angelsächsische Presse hat hierfür schon ein neues Wort kreiert: «Streamflation», also Inflation beim Streamen. Und sie ist omnipräsent – egal, ob bei Musik, Film oder Sport.
Das «Wall Street Journal» hat ausgerechnet, dass werbefreies Streamen innerhalb eines Jahres um fast 25 Prozent teurer geworden ist. Der Disney-Konzern hat die Abopreise für seine beiden Plattformen Hulu und Disney+ in den USA bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres angehoben.
Auch hierzulande gibt es saftige Preisaufschläge. So hat Apple TV jüngst den Abopreis um einen Drittel, von 6 auf 8 Franken pro Monat erhöht.
Die «Ära des billigen Streamens» geht zu Ende, wie es die «Financial Times» formuliert. Bis vor kurzem versuchten die Anbieter mit relativ günstigen Abos möglichst viele Kundinnen und Kunden zu gewinnen, nun wollen sie vor allem ihre Profitabilität verbessern – und setzen darauf, dass die Serien-, Musik- und Sportsfreunde loyal und stillschweigend die Preiserhöhungen akzeptieren. Das tun sie offensichtlich: Nachdem bei Disney nach der ersten Preisrunde nur gerade 6 Prozent der Kunden ihr Abo gekündigt hatten, war das für Konzernchef Bob Iger ein klares Zeichen, dass es noch Spielraum gab für weitere Erhöhungen, wie er vor kurzem verriet.
Grosse Hoffnungen setzen die Anbieter auch auf günstigere Bezahl-Abos, bei denen Werbespots ausgespielt werden. Mit diesen gemischten Modellen können sie letztlich mehr Einnahmen lösen. Das jedenfalls behaupten etwa Netflix oder Warner Bros. Discovery.
Ein solches Modell führt Disney+ per 1. November auch in der Schweiz ein. Dieses werbefinanzierte Abo wird 7.90 Franken pro Monat kosten. Das bisherige Standard-Abo für 12.90 Franken pro Monat wird es zwar weiterhin geben, aber es bietet weniger: Neu können nur noch zwei gleichzeitige Streams und Inhalte maximal in Full-HD-Qualität genutzt werden.
Das heisst, dass auf maximal zwei Geräten gleichzeitig eine Serie oder ein Film konsumiert werden kann, und die Auflösung ist nicht mehr die höchste, die angeboten wird. Wer nicht auf Inhalte in 4K-Qualität und auf bis zu vier gleichzeitige Streams verzichten will, muss künftig 17.90 Franken pro Monat und damit deutlich mehr bezahlen.
Mehreinnahmen erhoffen sich die Anbieter zudem von strikteren Regeln. So will Netflix durchsetzen, dass Passwörter nicht mehr geteilt werden können. Wenn nur ein Bruchteil der Trittbrett-Fahrer, die das Netflix-Konto von Bekannten oder Verwandten mitnutzen, künftig selber ein Abo abschliessen, könnte sich diese Strategie auszahlen. Auch Disney-Chef Iger will das Passwort-Teilen eindämmen.
In der Schweiz bleiben die Film- und Serienfans – ausser bei Apple TV – bis anhin von den ganz grossen Preiserhöhungen verschont, auch weil die Preise hierzulande bereits seit Markteintritt deutlich höher sind als im umliegenden Ausland. Anders sieht es bei den Sportinhalten aus. Hier macht sich der Kampf um Rechte etwa im Fussball oder Eishockey bemerkbar. Die grossen Ligen und Verbände wollen immer mehr Geld mit der Vermarktung einnehmen – und die Anbieter müssen immer mehr bezahlen, weil sie sonst ohne attraktive Inhalte dastehen.
Das grösste Sportangebot hierzulande bietet Blue. Die Swisscom-Tochter hat im Juni die Preise massiv erhöht. Das Monatsabo kostet neu 34.90 statt 29.90 Franken, die Mindestvertragslaufzeit wurde von sechs auf zwölf Monate verdoppelt. Die Möglichkeit, nur einzelne Spiele zu kaufen, wurde ganz abgeschafft. Blue-Chefin Claudia Lässer begründete den Schritt gegenüber CH Media mit einem «sehr dynamischen Preisumfeld mit laufend steigenden Kosten».
Auch das Sportangebot von Sky wurde teurer. Statt 19.90 kostet das Monatsabo neu 24.90 Franken. Nach sechs Monaten sinkt der Preis auf 20.90 Franken – wohl, um die Abonnentinnen und Abonnenten während der Sommer- und Winterpausen bei Laune zu halten. Sky zeigt etwa Spiele der Bundesliga, der Serie A und der Premier League. Massiv die Preise erhöht hat auch der Anbieter Dazn, der etwa die Bundesliga und die Champions League im Angebot hat: Kostete das Monatsabo letztes Jahr noch 12.90 Franken, hat es sich nun auf 24.99 Franken gar verdoppelt – allerdings auch mit anderer Angebotsstruktur.
Der Kelch geht auch an den Eishockey-Fans nicht vorbei. Die Telekom-Firma Sunrise erhöht die Preise für ihr Angebot MySports mit den Spielen der höchsten Schweizer Eishockey-Liga und 150 Live-Spielen der NHL stark. Neukundinnen und -kunden bezahlen ab Mitte September statt 25 Franken pro Monat 29.90 Franken. Das 24 Stunden gültige Einzelticket kostet neu 15 statt 9 Franken. Damit stelle Sunrise sicher, dass «auch künftig das umfangreichste und attraktivste Eishockey-Angebot der Schweiz» geboten werden könne.
Die Frage ist nur: Welcher Sportfan kann und will sich das alles noch leisten?
Schritt 1: Kunden anfixen / Konkurrenz ausstechen
Tiefe Preise, Benefits (werbefrei)
Schritt 2: Kunden auspressen
Preise erhöhen, Benefits streichen