Wo kommt nur dieser Hass her gegen Tesla?
Es vergeht kaum eine Woche ohne neue «Road Rage»-Geschichte, und dann passieren solche üblen Sachen:
Dieser Beitrag dreht sich um Attacken und Zwischenfälle im rollenden Verkehr, aber auch um Vandalismus bei parkierten Teslas. Und wir schauen, durch welche technischen Vorkehrungen die teuren Elektroautos geschützt sind.
Absolut zentral ist die Videoüberwachung. Offenbar wissen viele Leute nicht, dass alle neueren Teslas mit Aussen-Kameras bestückt sind, die rundherum alles erfassen. ALLES!
Seit diesem Jahr ist per Software-Update ein «Wächtermodus» verfügbar, der Autoknacker abschrecken und Teslas vor Beschädigungen und Übergriffen bewahren soll.
Unterwegs auf der Strasse dienen die Bord-Aussenkameras als Dashcam und filmen alles, was sich auf der eigenen und den benachbarten Fahrspuren abspielt. ALLES!
Bevor wir in die technischen Details der Überwachung gehen, sehen wir uns an, welche haarsträubenden Vorkommnisse die Tesla-Kameras im Alltag so aufzeichnen.
Taiwan @Tesla owner’s modelX camera captures man on scooter spitting chewing tobacco while riding by. Owner shares photo to club chatroom and fellow club member/police track down the assailant within the hour. Protect your car and keep teslacam always on recording! @elonmusk pic.twitter.com/kGvCRR2Uqe
— Tesla Owners Taiwan (@TeslaOwnersTwn) September 22, 2019
Der Polizist sei überrascht gewesen, dass das Model 3 nicht nur das Geschehen vor dem Fahrzeug aufgenommen hatte, sondern auch seitlich, schreibt futurezone.at. So sei klar erkennbar gewesen, dass der Unfallverursacher log und schon vor dem Unfall rücksichtslos und mit erhöhter Geschwindigkeit auf der rechten Spur überholt hatte.
Halten wir fest: Die Tesla-Aussenkameras haben schon unzählige brenzlige und gefährliche Situationen dokumentiert und geholfen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Zu den gefilmten Verstössen gehören:
Das hängt vom Modell und Baujahr ab.
In älteren Tesla-Fahrzeugen (Model S und Model X, ab 2014 bis Oktober 2016) steckt nur eine Schwarz-Weiss-Frontkamera, hinzu kommen Ultraschallsensoren und ein Front-Radar. Mangels Kameras an den Seiten und am Heck gibt es logischerweise auch keine 360-Grad-Sicht.
Bei allen neueren Teslas (Model S, Model X, Model 3) gewährleisten acht Kameras die «totale Überwachung» der Umgebung. Und das über mehr als 100 Meter.
(Eine weitere Kamera befindet sich im Innenraum, oberhalb des zentralen Rückspiegels. Diese ist auf die Fahrzeuginsassen gerichtet und laut Berichten noch nicht aktiv.)
Tesla verbaut seit jeher Videokameras und andere Sensoren für die «Autopilot»-Funktion (AP), wobei inzwischen mehrere AP-Generation im Einsatz und auf der Strasse sind.
Die Kameras gehören zum Fahrassistenz-System, das dem Lenker gewisse Aufgaben abnimmt und Unfälle verhindern kann. Erklärtes Ziel von Tesla ist es, dereinst mit noch leistungsfähigerer Hardware und Software autonomes Fahren zu ermöglichen. Noch ist die «Autopilot»-Funktion aber nicht so weit, sondern sorgt vor allem in Zusammenhang mit missbräuchlicher Verwendung für Schlagzeilen ...
Als ich mit einem Tesla am Bodensee auf Testfahrt war, hätte ich viel gegeben für den «Wächtermodus»: Da bei unserem Hotel in der Innenstadt kein Parkplatz frei war, musste ich den von einem watson-User geliehenen 100'000-Franken-Boliden in einer Seitengasse abstellen. Ausser Sichtweite. 😳
Ich erinnere mich nur zu gut an das mulmige Gefühl, mit dem ich am nächsten Morgen zum Parkplatz eilte. Zum Glück ergab das minutiöse Absuchen nicht den kleinsten Kratzer.
Doch was hat es mit dem «Sentry Mode» auf sich?
In Teslas mit «AP 2»-Hardware oder höher ist es möglich, die vorhandenen Kameras als Dashcam und Sicherheitssystem (genannt TeslaCam bzw. «Sentry Mode») zu nutzen.
Der neue Wächtermodus ist mit dem 2019.8.3 Update in der Schweiz angekommen und wird euch von @YvesMeppiel an seinem #ModelS vorgeführt & demonstriert! Dankeschön! https://t.co/uPEtY0sDSn
— Tesla Community Schweiz (@TeslaSchweiz) March 26, 2019
Nur Tesla-Fahrzeuge mit AP-Hardware 2.5 können Videos auf einem Stick speichern. Der Wächtermodus funktioniert zwar auch mit AP 2.0, aber die Videos können nicht gespeichert werden. Die Dashcam gibt's bei AP 2.0 hingegen nicht.
Sentry Mode 🔴🐮 $TSLA pic.twitter.com/tQXFKA76Ig
— Tesla New York (@TeslaNY) August 14, 2019
Was in den USA gang und gäbe ist, kann einem hierzulande juristischen Ärger einbringen und unter Umständen teuer werden: Videoaufzeichnungen, die Dritte zeigen, sollte man keinesfalls bei YouTube oder sonst wo im Internet veröffentlichen oder anderen Personen zugänglich machen.
Videoüberwachung im öffentlichen Raum durch Privatpersonen ist grundsätzlich problematisch. Dies gilt für herkömmliche, im Handel erhältliche Dashcams, die im Fahrerbereich hängen, aber auch für die Tesla-Bordkameras.
Der oberste Schweizer Datenschützer gibt auf seiner Website konkrete Ratschläge zum Dashcam-Einsatz:
Die Juristen beim Bund meinen:
Eine automatische Übertragung aller auf dem Stick gespeicherten Daten an einen Tesla-Server findet unseres Wissens nicht statt. Aber: Gemäss einem Hinweis in der online verfügbaren Kundendatenschutzrichtlinie von Tesla Motors kann der Hersteller «kurze Videoaufnahmen von den Aussenkameras des Fahrzeugs» anonymisiert erfassen und auswerten. Diese Datenerhebung lasse sich jederzeit deaktivieren.
Womit der Ball wieder bei jedem einzelnen Tesla-Fahrer liegt ...
In einem deutschsprachigen Tesla-Forum wurden folgende ketzerisch-rhetorische Fragen geäussert:
Zumindest der Wächtermodus stellt Tesla-Besitzer, die ihr Auto vor Sachbeschädigungen und Einbrüchen schützen wollen, vor eine grundsätzliche Frage: Sollen sie die Rechte Dritter beeinträchtigen, um ihr Eigentum zu schützen?
Noch gibt's hierzulande vergleichsweise wenige Teslas, was die Gesamtzahl der in Verkehr gesetzten Fahrzeuge betrifft. Doch je mehr Bordkameras ihre Umgebung filmen, umso mehr nähern wir uns einem «Überwachungsstaat», der ironischerweise durch die Bürger selbst betrieben wird.
Im gleichen, oben erwähnten Diskussions-Forum rät ein anderer Tesla-Besitzer:
Meine Meinung: wenn die Aufnahmen nur bei Ereignissen und nur lokal gespeichert werden, habe ich nichts dagegen. Wohl aber, wenn man Videos aus der App auf YouTube teilen könnte.
Hatte gerade kürzlich einen Parkschaden mit unbekanntem Verursacher, da hätte ein Video geholfen.