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WhatsApp-Konkurrent Signal drohen unruhige Zeiten

Die Instant-Messaging- und Social Media-Apps: Facebook, WhatsApp, Instagram, Threema und Signal auf einem Smartphone, fotografiert am Donnerstag, 14. Januar 2021, in Zuerich. (KEYSTONE/Christian Beutl ...
Die von Techkonzernen unabhängige Messenger-App Signal ging 2015 aus zwei Android-Apps hervor («TextSecure» und «RedPhone»). Nun droht ihr wegen einer neuen Bezahlfunktion die Aufmerksamkeit von Finanzbehörden rund um den Globus.Bild: keystone

WhatsApp-Konkurrent Signal drohen unruhige Zeiten – das musst du wissen

Der datenschutzfreundliche Messenger, der von einer gemeinnützigen Organisation finanziert wird, will anonymes Bezahlen massentauglich machen. Und dann wird auch noch eine neue Führungsperson gesucht.
11.01.2022, 19:4512.01.2022, 07:20
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Dem unabhängigen Messenger-Dienst Signal stehen turbulente Zeiten bevor. Diese Prognose hat weniger mit dem – für Ausstehende eher überraschenden – Rücktritt des Gründers und Chefs zu tun. Dafür umso mehr mit dem Vorhaben, das anonyme Bezahlen im Internet zu revolutionieren.

Eine kürzlich lancierte Kryptowährung-Bezahlfunktion könnte sich als «Killerfeature» entpuppen. Doch kommen wir zunächst zu den personellen Veränderungen, die die Non-Profit-Organisation hinter Signal betreffen.

WhatsApp-Mitgründer wird Interims-CEO

Brian Acton, Co-Gründer von WhatsApp und steinreicher Tech-Finanzier, wird Interims-CEO von Signal. Dies teilte Moxie Marlinspike, der Gründer und bisherige Chef des Messenger-Dienstes, am Montag in einem Blog-Beitrag mit.

Marlinspike, der eigentlich Matthew Rosenfeld heisst, gilt als Vater der Signal-App. Er hat als Software-Entwickler und Unternehmer entscheidend zum Erfolg beigetragen.

Moxie Marlinspike.
Moxie Marlinspike.bild: twitter

Nun schreibt der amerikanische IT-Experte, dass er den Führungsjob binnen eines Monats aufgeben werde. Er wolle jemanden «mit frischer Energie reinbringen» und werde sich auf die Suche nach einem Nachfolger konzentrieren.

«Ich habe in den letzten Monaten mit Kandidaten gesprochen, möchte aber mit dieser Ankündigung die Suche eröffnen, um die beste Person für das nächste Jahrzehnt von Signal zu finden.»

Acton, der durch die Übernahme von WhatsApp durch Facebook zum Multimilliardär wurde, übernimmt demnach für unbestimmte Zeit den Posten des Geschäftsführers.

Hier gilt es in Erinnerung zu rufen, dass Marlinspike und Acton seit Jahren Mitstreiter und Kollegen sind. Sie haben 2018 die Signal-Stiftung gegründet, die den Betrieb des von grossen Konzernen unabhängigen Messengers gewährleistet.

Marlinspike zeichnete als brillanter Nerd für die technische Entwicklung verantwortlich, Acton steuerte das nötige Geld bei – in Form eines 50-Millionen-Dollar-Darlehens. Diese Finanzspritze war auch als eine Kriegserklärung an den Facebook-Chef Mark Zuckerberg zu verstehen. Bekanntlich bereute Acton den Verkauf seiner Anteile an Facebook.

Seit dem Start im November 2015 habe sich Signal zu einem sicheren Messenger der Wahl für Journalisten, Technologen, Anwälte, Aktivisten und Datenschutzbewusste entwickelt, hält das Online-Medium «Vice» fest.

Auf der Website der Signal Foundation war schon länger sichtbar, dass es nicht beim sicheren Smartphone-Messenger mi Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bleiben würde.

«Wir haben die Signal Foundation als Muttergesellschaft von Signal Messenger gegründet, weil wir eines Tages auch andere Projekte zum Schutz der Privatsphäre fördern möchten, die sich an der gleichen Mission orientieren.»
quelle: signalfoundation.org

Doch nun droht dem Messenger-Dienst wegen der Lancierung einer umstrittenen Bezahlfunktion Ungemach.

Anonymes Bezahlen per App – ein «Killerfeature»?

Am 7. Januar titelte der bekannte US-Techblog The Verge, «Signal spielt mit dem Feuer». Die Schlagzeile bezog sich auf die Einführung einer neuen Bezahlfunktion.

Entsprechende Tests liefen seit Frühjahr 2021. Doch seit Kurzem ist das anonyme Bezahlen weltweit möglich.

Signals Ziel ist es gemäss «Wired», seinen mehr als 40 Millionen Nutzerinnen und Nutzern eine Möglichkeit zu bieten, Geld absolut anonym weltweit zu versenden. Ausser dem Sender und dem Empfänger soll niemand die Transaktionen sehen oder nachverfolgen können. Dies soll mithilfe der kaum bekannten Kryptowährung «MobileCoin» möglich sein.

Zwischen Signal und MobileCoin gibt es schon länger ein persönliches Verbindungsglied, wie spiegel.de in Erinnerung ruft: Moxie Marlinspike war als bezahlter Berater für MobileCoin tätig und massgeblich an der Entwicklung beteiligt.

Tatsache ist: Das anonyme Bezahlen dürfte bei Regierungen und Finanzbehörden weltweit mehr Aufmerksamkeit erhalten als eine einfache abhörsichere Messaging-App. Dies befürchten offenbar auch Personen aus dem Signal-Entwicklerteam, wie The Verge berichtete. Anonyme Transaktionen würden wahrscheinlich Kriminelle anziehen – und das würde wiederum staatliche Kontrollen nach sich ziehen.

Öffentlich kritisiert wurde die Integration eines MobileCoin-Wallets in die Signal-App unter anderem vom bekannten amerikanischen IT-Sicherheitsexperten Bruce Schneier. Er liess verlauten, dies blähe die App auf und lenke unerwünschte Aufmerksamkeit der Finanzbehörden auf sich.

Auch der Kryptografie-Professor Matthew Green hielt den Schritt für gefährlich, weil Signal damit eine weitergehende Regulierung geradezu anziehe:

«Es entsetzt mich geradezu, dass sie diese wirklich saubere Story eines verschlüsselten Messengers mit dem Albtraum aus Gesetzen und Regularien vermischen, den Kryptowährungen mit sich bringen.»
quelle: wired.com

Marlinspike hingegen liess verlauten, er glaube, dass Signal keine weitere Regulierung zu befürchten habe, da Signal keine Kontrolle über MobileCoin haben werde. Und der MobileCoin-Gründer Josh Goldbard behauptete, Signal habe gar keine andere Wahl, als eine Bezahlfunktion zu lancieren. Nur so könne man wettbewerbsfähig bleiben mit WhatsApp und Co.

Es sei nichts Unheilvolles daran, Zahlungen in eine Messaging-App zu integrieren, ruft The Verge in Erinnerung. Und Signal sei bei Weitem nicht das einzige Unternehmen, das entsprechende Pläne in die Tat umgesetzt habe:

«Das Unternehmen, das früher als Facebook bekannt war, hat mehrjährige Anstrengungen unternommen, um eine neue Währung zu entwickeln und sie in WhatsApp und ‹Messenger› zu integrieren. Was die Bemühungen von Signal auszeichnet, ist die Kombination aus End-to-End-Verschlüsselung im Messaging und einer Kryptowährung mit Datenschutzfunktionen, die alle Transaktionen anonym machen.»
quelle: theverge.com

Sicher ist: Auf den neuen Signal-Chef kommt einiges an Arbeit zu. Sollte die Messenger-App ihren guten Ruf verlieren und zum bevorzugten Werkzeug für Geldwäscher und Internet-Kriminelle werden, droht sogar ein «Totalschaden»: Die von Marlinspike und Acton gegründete Signal Foundation hat ihren Sitz in Mountain View, Kalifornien, sie befindet sich also im direkten Wirkbereich der Vereinigten Staaten.

Quellen

Die verrückte Geschichte der WhatsApp-Gründer:

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31 Kommentare
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AmongThieves
11.01.2022 21:03registriert Juli 2016
man könnte auch eine 2. unabhängige app lanciert, dafür haben sie ja die foundation gegründet
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Cpt. Jeppesen
11.01.2022 20:43registriert Juni 2018
Das bisherige Besteuerungssystem ist dieser neuen Situation nicht gewachsen. Schon heute kann ich mir eine Kryptowährung in Land A kaufen, die Grenze überschreiten und in Land B wieder verkaufen, ohne dass Staat etwas davon (mit-)bekommt. Deshalb glaube ich an eine Transaktionssteuer als Zukunftsmodell.
Das Volumen im Zahlungssystem SIC entspricht rund 5900 Prozent des Schweizer BIP (2016). Eine Transaktionssteuer von 1% würde 433 Milliarden Franken pro Jahr in die Staatskasse spülen. Damit können alle anderen Steuern abgeschafft werden und trotzdem wäre 10 x mehr Geld in der Kasse als heute.
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Linda Diaz
11.01.2022 21:49registriert Januar 2020
Hmm, ja man hätte den Krypto Bezahldienst tatsächlich weglassen sollen, ich denke dass Leute die Signal verwenden, eh keine Transaktionen mit dem Mobilgerät tätigen.
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