Dem unabhängigen Messenger-Dienst Signal stehen turbulente Zeiten bevor. Diese Prognose hat weniger mit dem – für Ausstehende eher überraschenden – Rücktritt des Gründers und Chefs zu tun. Dafür umso mehr mit dem Vorhaben, das anonyme Bezahlen im Internet zu revolutionieren.
Eine kürzlich lancierte Kryptowährung-Bezahlfunktion könnte sich als «Killerfeature» entpuppen. Doch kommen wir zunächst zu den personellen Veränderungen, die die Non-Profit-Organisation hinter Signal betreffen.
Brian Acton, Co-Gründer von WhatsApp und steinreicher Tech-Finanzier, wird Interims-CEO von Signal. Dies teilte Moxie Marlinspike, der Gründer und bisherige Chef des Messenger-Dienstes, am Montag in einem Blog-Beitrag mit.
Marlinspike, der eigentlich Matthew Rosenfeld heisst, gilt als Vater der Signal-App. Er hat als Software-Entwickler und Unternehmer entscheidend zum Erfolg beigetragen.
Nun schreibt der amerikanische IT-Experte, dass er den Führungsjob binnen eines Monats aufgeben werde. Er wolle jemanden «mit frischer Energie reinbringen» und werde sich auf die Suche nach einem Nachfolger konzentrieren.
Acton, der durch die Übernahme von WhatsApp durch Facebook zum Multimilliardär wurde, übernimmt demnach für unbestimmte Zeit den Posten des Geschäftsführers.
Hier gilt es in Erinnerung zu rufen, dass Marlinspike und Acton seit Jahren Mitstreiter und Kollegen sind. Sie haben 2018 die Signal-Stiftung gegründet, die den Betrieb des von grossen Konzernen unabhängigen Messengers gewährleistet.
Marlinspike zeichnete als brillanter Nerd für die technische Entwicklung verantwortlich, Acton steuerte das nötige Geld bei – in Form eines 50-Millionen-Dollar-Darlehens. Diese Finanzspritze war auch als eine Kriegserklärung an den Facebook-Chef Mark Zuckerberg zu verstehen. Bekanntlich bereute Acton den Verkauf seiner Anteile an Facebook.
Seit dem Start im November 2015 habe sich Signal zu einem sicheren Messenger der Wahl für Journalisten, Technologen, Anwälte, Aktivisten und Datenschutzbewusste entwickelt, hält das Online-Medium «Vice» fest.
Auf der Website der Signal Foundation war schon länger sichtbar, dass es nicht beim sicheren Smartphone-Messenger mi Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bleiben würde.
Doch nun droht dem Messenger-Dienst wegen der Lancierung einer umstrittenen Bezahlfunktion Ungemach.
Am 7. Januar titelte der bekannte US-Techblog The Verge, «Signal spielt mit dem Feuer». Die Schlagzeile bezog sich auf die Einführung einer neuen Bezahlfunktion.
Entsprechende Tests liefen seit Frühjahr 2021. Doch seit Kurzem ist das anonyme Bezahlen weltweit möglich.
Signals Ziel ist es gemäss «Wired», seinen mehr als 40 Millionen Nutzerinnen und Nutzern eine Möglichkeit zu bieten, Geld absolut anonym weltweit zu versenden. Ausser dem Sender und dem Empfänger soll niemand die Transaktionen sehen oder nachverfolgen können. Dies soll mithilfe der kaum bekannten Kryptowährung «MobileCoin» möglich sein.
Zwischen Signal und MobileCoin gibt es schon länger ein persönliches Verbindungsglied, wie spiegel.de in Erinnerung ruft: Moxie Marlinspike war als bezahlter Berater für MobileCoin tätig und massgeblich an der Entwicklung beteiligt.
Tatsache ist: Das anonyme Bezahlen dürfte bei Regierungen und Finanzbehörden weltweit mehr Aufmerksamkeit erhalten als eine einfache abhörsichere Messaging-App. Dies befürchten offenbar auch Personen aus dem Signal-Entwicklerteam, wie The Verge berichtete. Anonyme Transaktionen würden wahrscheinlich Kriminelle anziehen – und das würde wiederum staatliche Kontrollen nach sich ziehen.
Öffentlich kritisiert wurde die Integration eines MobileCoin-Wallets in die Signal-App unter anderem vom bekannten amerikanischen IT-Sicherheitsexperten Bruce Schneier. Er liess verlauten, dies blähe die App auf und lenke unerwünschte Aufmerksamkeit der Finanzbehörden auf sich.
Auch der Kryptografie-Professor Matthew Green hielt den Schritt für gefährlich, weil Signal damit eine weitergehende Regulierung geradezu anziehe:
Marlinspike hingegen liess verlauten, er glaube, dass Signal keine weitere Regulierung zu befürchten habe, da Signal keine Kontrolle über MobileCoin haben werde. Und der MobileCoin-Gründer Josh Goldbard behauptete, Signal habe gar keine andere Wahl, als eine Bezahlfunktion zu lancieren. Nur so könne man wettbewerbsfähig bleiben mit WhatsApp und Co.
Es sei nichts Unheilvolles daran, Zahlungen in eine Messaging-App zu integrieren, ruft The Verge in Erinnerung. Und Signal sei bei Weitem nicht das einzige Unternehmen, das entsprechende Pläne in die Tat umgesetzt habe:
Sicher ist: Auf den neuen Signal-Chef kommt einiges an Arbeit zu. Sollte die Messenger-App ihren guten Ruf verlieren und zum bevorzugten Werkzeug für Geldwäscher und Internet-Kriminelle werden, droht sogar ein «Totalschaden»: Die von Marlinspike und Acton gegründete Signal Foundation hat ihren Sitz in Mountain View, Kalifornien, sie befindet sich also im direkten Wirkbereich der Vereinigten Staaten.
AmongThieves
Cpt. Jeppesen
Das Volumen im Zahlungssystem SIC entspricht rund 5900 Prozent des Schweizer BIP (2016). Eine Transaktionssteuer von 1% würde 433 Milliarden Franken pro Jahr in die Staatskasse spülen. Damit können alle anderen Steuern abgeschafft werden und trotzdem wäre 10 x mehr Geld in der Kasse als heute.
Linda Diaz