Mit grossen Ambitionen bündelten VW und Ford 2019 die Kräfte, um bei der Entwicklung selbstfahrender Autos voranzukommen. Nun ziehen die Partner dem Start-up Argo AI schon wieder den Stecker. Bei Ford führte dies bereits zu einer milliardenschweren Abschreibung.
Der deutsche Volkswagen-Konzern und die Ford Motor Company ziehen sich aus ihrem gemeinsamen Projekt rund um Roboterautos zurück. Volkswagen werde nicht weiter in die US-Firma Argo AI investieren, teilten die Wolfsburger am Mittwochabend überraschend mit.
Der US-Autobauer Ford steigt direkt aus dem Geschäft aus und verbuchte dafür eine Abschreibung von 2,7 Milliarden Dollar, wie er am Mittwoch nach US-Börsenschluss mitteilte. Diese Belastung führte im dritten Quartal zu einem Nettoverlust von 827 Millionen Dollar.
Die beiden Partner hielten bisher jeweils 40 Prozent an der US-Firma und hatten sich 2019 auf eine breit angelegte gemeinsame Entwicklung der Technik geeinigt.
VW muss mit dem Ende des gemeinsamen Projekts mit Ford einen weiteren empfindlichen Dämpfer bei seinen Software-Ambitionen verkraften.
Der Konzern musste zuletzt bei seiner mit Milliarden ausgestatteten konzerneigenen Software-Tochterfirma Cariad Probleme verarbeiten, so gab es Verzögerungen bei neuen Softwaregenerationen, die auch verspätete Starts neuer Automodelle zur Folge haben.
Die Softwareprobleme gelten auch als ein Grund dafür, dass Ex-Chef Herbert Diess seinen Hut nehmen musste.
Vom Ende der Zusammenarbeit bei Argo ist die Nutzung von VWs eigenem E-Autobaukastensystems MEB durch Ford nicht betroffen. Die Kooperation der Autokonzerne ist bei der Tochter VW Nutzfahrzeuge in Hannover angesiedelt, wo auch gemeinsam Transporter entwickelt werden.
Die Ford-Führung erklärt in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Geschäftsbericht, dass sie eine strategische Entscheidung getroffen habe, die Ressourcen auf die Entwicklung fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme zu verlagern – also eine Abkehr von den bisherigen Roboterauto-Plänen. Man wolle sich vorerst auf Level 2 (Teilautomatisiertes Fahren) und Level 3 (Hochautomatisiertes Fahren) konzentrieren.
Diese Entscheidung scheine durch die Unfähigkeit von Argo, neue Investoren anzuziehen, angeheizt worden zu sein, hält Tech Crunch in einem aktuellen Bericht fest.
Der führende deutsche Autokonzern will mit seiner Software-Einheit Cariad gemeinsam mit Bosch und künftig in China mit Horizon Robotics die Entwicklung des hochautomatisierten und autonomen Fahrens vorantreiben, so Tech Crunch.
VW hält also an seinen Robotertaxi-Plänen fest. Die Fahrzeuge sollen nach wie vor über die Mobilitäts-Tochterfirma Moia in Hamburg 2025 an den Start gehen. Man wolle in Kürze einen neuen Partner präsentieren.
Die Entwicklung von Technik für autonomes Fahren ist kostspielig und gilt auch als riskant, denn die Erfolgsaussichten inklusive möglicher zukünftiger Gewinne sind unklar.
«Gerade bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien zählen Fokus und Geschwindigkeit», sagte Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume.
Mit dem Ausstieg von Ford dürfte Argo als Firma Geschichte sein. Laut US-Medienberichten wurden die Beschäftigten am Mittwoch bereits darüber informiert, dass das in Pittsburgh ansässige Unternehmen geschlossen wird. Volkswagen will Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Angebote zum Wechsel machen.
Volkswagen war 2019 mit einem Investment über 2,6 Milliarden US-Dollar in die damalige Ford-Tochter eingestiegen. Die Beteiligung war als Teil einer umfassenderen Allianz mit grossen Ambitionen beschlossen worden.
Zusätzlich zu einer Milliarde Dollar an Finanzmitteln hatte VW auch die eigene Tochter AID eingebracht. Bis 2022 sollte VW Ford zudem weitere Anteile in Höhe von rund 500 Millionen Dollar abkaufen, so war damals der Plan.
Im Juli 2020 beschäftigte das Unternehmen mehr als 1000 Mitarbeiter, mit Niederlassungen in Pittsburgh, Detroit, Palo Alto, Cranbury und München, weiss Wikipedia. Die Zahl der Mitarbeitenden liegt nun bei 2000, schreibt Tech Crunch.
(dsc/sda/dpa)