Apple verschärft angesichts der Pläne für neue EU-Regeln die Warnungen vor Risiken durch eine Öffnung des iPhones für App Stores anderer Anbieter. Nutzer wären mehr gefährlichen Apps ausgesetzt, und Apple könnte sie schlechter davor schützen, argumentierte der Konzern in einem am Mittwoch veröffentlichten rund 30-seitigen Papier.
Auf dem iPhone können Apps nur aus der hauseigenen Plattform des Konzerns installiert werden. Apple verweist darauf, dass damit alle Apps und Updates auf seiner Plattform von Software und menschlichen Prüfern untersucht werden, um schädliche Anwendungen herauszufiltern. Beim sogenannten Sideloading, bei dem Apps auf das iPhone aus anderen Quellen als dem offiziellen Store geladen werden, entfielen diese Sicherheitsvorkehrungen, warnt Apple.
Unabhängige Sicherheitsexperten und App-Entwickler betonen hingegen seit Jahren, dass nicht Sideloading oder alternative App-Stores das entscheidende Sicherheitsproblem seien, sondern Lücken im Betriebssystem sowie den Apps selbst. Ausserdem seien trotz Apples Kontrollen immer wieder betrügerische Apps im App Store zu finden, da der Konzern seit Jahren zu wenig Ressourcen für die Prüfung einsetze.
«In Apples streng kontrolliertem App Store wimmelt es von Betrügern», titelte die «Washington Post» im Juni. Die Zeitung machte sich auf die Suche nach betrügerischen Apps und hielt fest: «Fast zwei Prozent der umsatzstärksten Apps an einem Tag waren Betrug.» Typischerweise handelt es sich um massiv überteuerte Apps mit Abo-Modellen, beispielsweise QR-Scanner-Apps für 5 Franken pro Woche, die überflüssig sind, da die Kamera-App des iPhones ebenfalls QR-Codes lesen kann. iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer weltweit würden um Millionen betrogen. Apple profitiert von diesen betrügerischen Apps, da das Unternehmen einen Anteil von bis zu 30 Prozent aller über den App Store erzielten Einnahmen erhält.
Einige Apps geben sich in betrügerischer Absicht als von grossen Marken wie Amazon und Samsung stammend aus. Den menschlichen Prüfern müsste dies eigentlich auffallen. Interne E-Mails zeigen, dass Apple das Problem seit Jahren bewusst ist.
Bei über zwei Milliarden Apps im App Store wird es immer schwarze Schafe darunter haben. Kritiker fordern daher seit längerem, dass Apple zumindest die umsatzstärksten Apps regelmässig auf Betrug prüfen müsse.
They don’t have to look through them all. Even if that were possible it’d be stupid. All they have to do is police the most popular ones. If they simply looked at the top charts and scanned for scams they’d find most of them.
— John Gruber (@gruber) September 28, 2020
In dem Digital Markets Act (DMA), der gerade in der EU entwickelt wird, ist geplant, die Öffnung von Plattformen für konkurrierende Anbieter vorzuschreiben, um den Wettbewerb zu stärken. Bei digitalen Artikeln und Dienstleistungen, die über Apples Plattform verkauft werden, wird eine Abgabe von 15 oder 30 Prozent an den Konzern fällig. Auf Geräten mit dem Google-System Android gibt es bei Verkäufen über den Play Store des Konzerns eine ähnliche Kommission an Google - auf der Plattform sind aber auch andere App Stores sowie Sideloading erlaubt. Apple stellte sich bereits im Juni gegen die EU-Pläne.
«Sideloading über direkte Downloads oder andere App Stores würde Apples Schutzmechanismen für Sicherheit und Privatsphäre untergraben», warnte der iPhone-Konzern in seinem neuen Papier. Das sei nicht im Interesse der Nutzer. Apple spricht unter anderem von gefälschten Apps, die sich als populäre Anwendungen tarnten und manipulierten Updates des Betriebssystems.
Speziell verweist der Konzern auf gefährliche Android-Apps, die im Umlauf sind und zum Beispiel versuchen, an Login-Informationen und andere Daten zu kommen. Die Online-Kriminellen bekämen bei einer Öffnung mehr Anreize, auch das iPhone anzugreifen, hiess es.
Apple-Kritiker verweisen darauf, dass auf den Mac-Computern des Konzerns Programme aus allen möglichen Quellen geladen werden können. Apple kontert, dass die Lage bei Smartphones anders sei, weil sie viel privatere Informationen enthielten. Auch US-Gesetzesentwürfe für mehr Wettbewerb in der Tech-Branche nehmen das Geschäftsmodell ins Visier. Apple und Googles Duopol auf Smartphones ruft derweil auch die Wettbewerbshüter in anderen Ländern auf den Plan. Südkorea hat Ende August das weltweit erste Gesetz verabschiedet, das es Apple und Google verbietet, die Nutzung ihrer In-App-Zahlungssysteme zu verlangen, um eine App auf den Marktplätzen anzubieten.
In den USA konnte Apple jüngst aber einen Erfolg bei der Verteidigung seines App-Systems auf dem iPhone verbuchen. Eine Richterin lehnte die Forderung der Spielefirma Epic Games nach einer Öffnung der Plattform für andere App Stores ab. Apple werde durch das Urteil lediglich verpflichtet, Entwicklern zu erlauben, Kunden bei In-App-Käufen auf alternative und günstigere Zahlungsmethoden ausserhalb des App-Stores hinzuweisen. Speziell Spiele-Anbieter können so versuchen, die hohen Provisionen zu vermeiden, die Apple von ihnen kassiert.
(oli/sda/awp/dpa)