Man kann sie mögen oder auch nicht. Aber die Mutter aller Kryptowährungen ist gekommen, um zu bleiben. Und deshalb gehören Kenntnisse über Bitcoin heute zu einem guten Allgemeinwissen. Unser Bitcoin-Essential gibt dir eine Übersicht!
Dieser Artikel erschien bereits bei watson. Dies ist eine aktualisierte und überarbeitete Version.
Das ist Definitionssache. Die Idee, das sogenannte Whitepaper von Bitcoin, ein schriftlich formulierter Leitfaden, wurde zum ersten Mal im Jahr 2008 an eine Mailingliste versandt. Die Umsetzung davon, das tatsächliche Netzwerk, ging am 3. Januar 2009 online.
Einen tatsächlichen Wert hatte Bitcoin damals noch nicht. Als erste echte Transaktion gilt der Kauf zweier Pizzen von Laszlo Hanyecz für 10’000 Bitcoin. Diese hätten heute (Stand Dezember 2024) einen Wert von über einer Milliarde Dollar.
Jemand unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto.
Ob es sich dabei um eine Einzelperson oder eine Gruppe handelt, ist bis heute unklar. Seit Projektstart betonte Nakamoto, dass seine Anonymität von äusserster Wichtigkeit sei.
Das letzte Lebenszeichen sendete Nakamoto am 26. Apri 2011 mit einem E-Mail an den Entwickler Gavin Andresen. Der genaue Inhalt davon ist umstritten. Nakamoto soll darin geschrieben haben, dass «das Projekt in guten Händen ist», und: «Ich wende mich nun anderen Dingen zu». Seither gibt es keine Lebenszeichen mehr vom Bitcoin–Erfinder.
Hauptverdächtige, Satoshi Nakamoto gewesen zu sein, sind vor allem der IT-Forensiker Dave Kleiman, der Softwareentwickler Hal Finney und der Hacker Len Sassaman. Sassaman verstarb 2011, Kleiman 2013 und Finney 2014. Eine TV-Doku von HBO legt die Vermutung nahe, beim sagenumworbenen Bitcoin-Erfinder handle es sich um den kanadischen Programmierer Peter Todd (er dementiert). Ebenfalls zum Kreis der Hauptverdächtigen gehört der britische Informatiker Nick Szabo. Dies, weil sein Schreibstil demjenigen von Nakamoto entspricht.
Sicher nicht der Erfinder von Bitcoin ist Craig Steven Wright. Der Australier behauptete das zwar wiederholt. Bei einem Prozess in London gelang es ihm indes nicht, dies zu belegen. Im Gegenteil.
Aktuell wären knapp 20 Millionen Bitcoin verfügbar (Stand: 25.11.2024). Die maximale Anzahl ist auf 21 Millionen beschränkt. Das bedeutet, dass über 93 Prozent aller Bitcoins bereits produziert / geschürft wurden.
Auf der Blockchain existieren sämtliche bisher geschürften Bitcoins weiter. Die Frage ist, auf wie viele davon noch Menschen zugreifen können, und bei wie vielen die Zugangsschlüssel für immer verloren sind. Genau weiss man es nicht. Geschätzt wird, dass bis zu 30 Prozent oder ungefähr 6 Millionen Bitcoins in Wallets gebunkert werden, auf die niemand mehr Zugriff hat.
Der Franken hat Rappen und Bitcoin hat Satoshis. Doch während ein Rappen ein Hundertstel eines Frankens ausmacht (0.01 Franken), entspricht ein Satoshi einem Hundertmillionstel eines Bitcoins (0.00000001).
Ja.
Die kleinste Einheit Satoshi heisst umgangssprachlich Sat. Der Kauf davon lohnt sich allerdings selten, denn die Transaktionsgebühren im Bitcoinnetzwerk betragen aktuell mehrere Franken. Es gibt Bestrebungen, dass ähnlich wie beim Gold, bei dem nicht das Kilo, sondern die Feinunze das Standardmass ist, in Zukunft auch der Sat-Preis und nicht mehr der Bitcoin-Preis diskutiert werden soll.
Bitcoins werden nicht «produziert», sie werden sogenannt gemint. Zu diesem Zweck kommen spezifisch dafür konzipierte Computer, sogenannte ASIC-Miner, zum Einsatz. Sie bilden gleichzeitig die Knotenpunkte im Netzwerk. Zusammen validieren sie die Transaktionen, stehen aber untereinander in Konkurrenz, wenn es darum geht, eine Art komplexe mathematische Aufgabe zu lösen. Wer das als Erster schafft, darf der Bitcoin-Blockchain (Block-Kette) den nächsten (Daten–) Block anhängen. Zur Belohnung dafür gibt es Bitcoins – 3.125 aktuell (Stand Dezember 2024). Im Schnitt wird der Bitcoin-Blockchain alle 10 Minuten ein neuer Block angehängt. Pro Tag werden also ca. 900 Bitcoins geschürft. Alle vier Jahre findet ein sogenanntes «Halving» statt. Ab diesem Termin wird die Belohnung halbiert. Nach dem nächsten Halving wird die Belohnung also auf 1.5625 pro Block fallen.
Ja. Theoretisch reicht dafür jeder Computer.
Die Frage ist, ob sich das lohnt. Das Mining-Business ist hoch professionalisiert und diverse Mining-Firmen betreiben riesige Lagerhallen voller ASIC-Miner. Die besten davon kosten weit über 1000 Dollar und sind in der Regel ausverkauft. Hinzu kommen die Betriebs- sprich Stromkosten. Nur wer Zugang zu extrem günstigem Strom hat, kann profitabel minen.
Weil sich das Bitcoin-Netzwerk über die gesamte Welt erstreckt und nicht erfasst ist, mit welchem Equipment gemint wird, kann der Stromverbrauch nicht präzise benannt werden. Als Richtwert hat sich die Schätzung der Universität Cambridge (CBECI) durchgesetzt. Diese geht aktuell von einem Stromverbrauch von 20 GW aus. Um für diesen Stromverbrauch aufzukommen, werden ungefähr 14 moderne Kernkraftwerke benötigt.
Um eine Blockchain zu manipulieren, muss ein potenzieller Eindringling die Mehrzahl der dazugehörigen Knotenpunkte (inklusive deren Stromkonsum) kontrollieren. Je mehr Knotenpunkte Bitcoin hat, je mehr Energie das System benötigt, desto sicherer wird es. Strom ist für das Bitcoin-Netzwerk, was die dicken Betonmauern für die Banken und Goldtresore sind.
Der Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks gehört zu den wenigen Kritikpunkten an Bitcoin, die sich in den letzten 15 Jahren standhaft hielten. Kein Wunder. In Zeiten des Klimawandels muss der enorme Energiebedarf legitimiert werden.
Dies wird getan – mal besser, mal weniger. Es folgt ohne Wertung eine Auswahl an Argumenten, welche von der Bitcoin-Community immer wieder vorgebracht wird.
Da wäre einerseits das erwähnte Sicherheitsargument: Je mehr Energie Bitcoin benötigt, desto sicherer wird es. Andererseits wird darauf verwiesen, dass insbesondere das Schürfen von Gold oder die Aufrechterhaltung des traditionellen Finanzsystems noch viel grössere Mengen an Energie verschlingen. Oder dass die ungenutzten Geräte im Stand-by-Modus in den USA mehr Strom benötigen. Doch das nicht immer einfach nachvollziehbare Argumentarium geht weiter:
Die Liste der Vorteile von Bitcoin ist lang. Hier deshalb die wichtigsten, aber bei Weitem nicht alle Punkte:
Niemand.
Es gibt keine zentrale Instanz, welche die Macht hätte, Veränderungen am Code von Bitcoin mit Gewalt durchzusetzen. Wäre das so, würde Bitcoin obsolet. Mangelnde Dezentralität ist denn auch der Vorwurf vieler Bitcoiner an die Adresse anderer Kryptowährungen.
Die Macht im Bitcoin-System ist auf die einzelnen Knotenpunkte verteilt, welche die Vorschläge der Kern-Entwickler umsetzen – oder eben nicht. Erneuerungen werden erst dann aktiv, wenn sie von der Mehrzahl der Knotenpunkte akzeptiert / umgesetzt werden.
Nein.
Gehackt wurden bisher nur Privatpersonen oder Organisationen, die ihre Zugangsschlüssel auf eine unsichere Art lagerten – zum Beispiel in einer E-Mail oder abgespeichert in digitaler Form in der Cloud. Das Netzwerk von Bitcoin wurde noch nie gehackt – und mit zunehmendem Stromverbrauch wird dies auch immer unmöglicher.
Ungefähr im Jahr 2140.
Nein.
Die Miner werden bereits jetzt für die Validierung von Transaktionen entlöhnt. Mit dem Wegfall der Bitcoin-Belohnung pro Block wird dies dann ihre Haupteinnahmequelle sein.
Von vielen grossen Wallets sind die Besitzer nicht bekannt. Satoshi Nakamoto soll ca. 1,1 Millionen Bitcoins verteilt auf über 22’000 Adressen besitzen. Diese haben sich aber seit Jahren nicht mehr bewegt.
Die Gebrüder Winklevoss sollen privat im Besitz von 70’000 Bitcoins sein, Tim Draper hortet mindestens 30’000 und Michael Saylor privat mindestens 17’700.
Unter den bekannten Firmeninvestoren hat Microstrategy die Nase mit 386’700 Bitcoins vorn (Stand November 2024). Das Softwareunternehmen sitzt aufgrund des enormen Investments auf Milliardengewinnen.
Not your keys, not your coins (Nicht deine Schlüssel, nicht deine Münzen) lautet ein vielzitierter Spruch in der Bitcoin-Szene. Er verweist auf die Möglichkeit der Selbstverwaltung. Fälle wie der Mr.–Gox–Hack, der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX oder viele andere Zwischenfälle zeigen, dass nur, wer die Zugangsschlüssel zum eigenen Wallet selbst kontrolliert, sicher sein kann, dass seine Bitcoins nicht eines Tages plötzlich weg sind.
Ja. In China ist etwa das Mining und der Handel von Bitcoin verboten (nicht aber der Besitz).
Doch noch immer geben die USA den Takt an. Dass die USA Bitcoin verbieten, ist sehr unwahrscheinlich.
2024 genehmigte die US-Börsenaufsicht SEC verschiedene Bitcoin-ETFs. Unter anderem des weltweit grössten Vermögensverwalters BlackRock und diverser anderer gewichtigen Finanzplayer. Die ETFs erfreuen sich enormer Beliebtheit und die Geldzuflüsse gehen in die Milliarden. Damit sind Bitcoin und Ethereum (die zweite Kryptowährung mit ETFs) tief in der amerikanischen Gesellschaft und dem amerikanischen Vorsorgesystem angekommen. Ein Verbot in den USA würde ein Erdbeben mit katastrophalen Folgen auslösen – und ist deshalb beinahe undenkbar.
Fakt aber ist: Theoretisch könnte Bitcoin verboten werden. Verhindern kann man das Netzwerk aber nicht mehr. Es ist weltumspannend und hat sich durchgesetzt.
Wir sind im Bereich der Spekulationen und damit beim lustigen Ausklang angekommen. Niemand weiss, wie es mit Bitcoin weitergeht. Die Glaubwürdigkeit einer Person nimmt mit der Vehemenz ab, mit der diese ihre Prognose verteidigt.
Andererseits verhält es sich mit den Preisprognosen für Bitcoin so, dass sie immer lächerlich sind – bis sie dann eintreten. Hätten wir den heutigen Wert eines Bitcoins auch nur im Ansatz erahnen können, hätten wir alle bereits vor Jahren investiert. Über 100’000 Dollar pro Bitcoin (Stand Dezember 2024), prognostiziert vor 10 Jahren, hätte im besten Fall ein mitleidiges Lächeln und im Normalfall die Vogel-Geste erzeugt. Das «Unglaubliche» ist Teil der spekulativen Natur von Investments und letztlich verantwortlich für die enormen Kursgewinne.
So.
Starten wir gleich mit dem Extremfall. Jurrien Timmer ist «Director of Global Macro» bei Fidelity, dem gestandenen globalen Finanzdienstleister und Bitcoin–ETF-Anbieter. Seine Aussage, die immer wieder zu reden gibt, basiert auf der Metcalf-Regel. Diese besagt, dass der Wert eines Netzwerks bei linearem Wachstum der Nutzerzahlen exponentiell wächst. In Kombination mit eigenen Modellen bescheinigt Timmer Bitcoin das Potenzial, im Jahr 2038, also in 14 Jahren, den Wert von *hüstel* einer Milliarde Dollar zu erreichen.
Eine Million pro Coin sei bereits im Jahr 2030 möglich. Letztere Prognose teilt Fidelity mit Ark Invest (1,5 Millionen bis 2030) und Michael Saylor (eine Million in den nächsten paar Jahren). Dies alles Stand November 2024.
Es geht natürlich auch bescheidener. Gar pessimistisch ist ein Drittel der Investoren, die bei einer Umfrage der Deutschen Bank teilnahmen. Dieses Drittel glaubt, Bitcoin werde bis Ende 2024 erneut auf ca. 20’000 Dollar fallen.
Damit ist in Sachen Spekulationen alles gesagt. Zwischen 0 und einer Milliarde ist alles zu finden. Es wird kommen wie immer: Jemand wird recht behalten – und alle anderen werden so tun als ob.
Traditionelle Finanzsysteme bewältigen auch viel mehr Transaktionen als Bitcoin und verwalten auch viel mehr Vermögen.
Das ist eine Argumentation wie: Ein Zug benötigt wie mehr Energie als mein Auto, deshalb fahre ich nur noch Auto.