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Rekord bei drahtloser Datenübertragung – 938 Gigabit pro Sekunde

Revolution bei der Datenübertragung: 4K-Film in 0,12 Sekunden (drahtlos) herunterladen

19.10.2024, 21:27
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In der guten alten Zeit, als das Internet noch dampfbetrieben war, musste man den Computer über Nacht laufen lassen, um eine läppische MP3-Datei herunterzuladen. Heute schafft der modernste WLAN-Standard theoretisch bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gb/s), der 5G-Mobilfunk glänzt mit Datenraten bis zu 20 Gb/s (in der Praxis 100 Mb/s), wobei Laptops und Smartphones diese Datenraten in der Regel nicht ausschöpfen.

Beeindruckend – aber nicht gerade viel im Vergleich zu der Datenmenge, die ein Team des University College London (UCL) drahtlos übertragen hat: Mit der Rekordgeschwindigkeit von 938 Gigabit pro Sekunde kratzten die Ingenieure an der Traummarke von 1 Terabit pro Sekunde, die mit dem nächsten Mobilfunkstandard 6G erreicht werden soll. In Grossbritannien liegt die aktuelle 5G-Download-Geschwindigkeit bei rund 100 Mb/s – das ist fast 9400-mal niedriger als der neue Rekord.

Datenübertragung Smartphone (Symbolbild)
Die Nachfrage nach schneller mobiler Datenübertragung steigt beständig – und führt zu Engpässen. Bild: Shutterstock

Neuer Frequenzbereich

Das Forschungsteam am Department of Electrical and Electronic Engineering nutzte einen Frequenzbereich von 5 bis 150 Gigahertz (GHz), was einer Bandbreite von 145 GHz entspricht. Das ist mehr als das Fünffache des bisherigen Rekords. Die Ergebnisse wurden in einer Studie präsentiert, die im Fachmagazin «The Journal of Lightwave Technology» erschienen ist.

Drahtlose Netze übertragen Informationen in der Regel über Funkwellen in einem begrenzten Frequenzbereich. Aktuelle Übertragungsverfahren wie WLAN und 5G nutzen hauptsächlich niedrige Frequenzen, in der Regel unter 6 GHz. Die Überlastung in diesem Frequenzbereich hat jedoch die Geschwindigkeit der drahtlosen Kommunikation beeinträchtigt.

«Heute haben drahtlose Kommunikationssysteme Schwierigkeiten, mit der wachsenden Nachfrage nach Hochgeschwindigkeitsdatenzugängen Schritt zu halten», erklärt Studienleiter Zhixin Liu in einer Mitteilung des UCL. «Das liegt daran, dass die Kapazität auf den letzten Metern zwischen dem Nutzer und dem Glasfasernetz ein Hindernis darstellt.»

Doch nun haben die Ingenieure dieses Problem gelöst, indem sie Informationen über einen viel grösseren Bereich von Funkfrequenzen übertragen.

«Unsere Lösung besteht darin, mehr verfügbare Frequenzen zu nutzen, sodass wir die Bandbreite erhöhen können, ohne die Signalqualität zu beeinträchtigen, und wir bieten Flexibilität bei der Nutzung verschiedener Frequenzen», stellt Liu fest. «Dies gewährleistet blitzschnelle und zuverlässige drahtlose Netze und beseitigt Geschwindigkeitsbegrenzungen zwischen Geräten und dem Internet.»

Elektronik und Photonik kombiniert

Zu diesem Zweck hat das Forschungsteam einen neuen Ansatz entwickelt. Er kombiniert fortschrittliche Elektronik, die im Bereich von 5–50 GHz effektiv arbeitet, mit Photonik. Die Photonik ist eine Technologie, die Licht zur Erzeugung von Informationen nutzt und im Bereich von 50–150 GHz gut funktioniert.

Dies ist das erste Mal, dass Ingenieure Funk- und optische Technologien miteinander kombinieren. «Unser neuer Ansatz bringt zum ersten Mal zwei bestehende Funktechnologien zusammen», erklärt Liu. «Mit diesem neuen System können wir riesige Datenmengen mit noch nie dagewesener Geschwindigkeit übertragen, was für die Zukunft der drahtlosen Kommunikation von entscheidender Bedeutung sein wird.»

Dem Forschungsteam ist der Nachweis eindeutig gelungen, dass der neue Ansatz effektiv ist. In der Tat ist es beeindruckend, Daten drahtlos mit einer Geschwindigkeit von 938 Gb/s zu übertragen. Ausserdem ist die Gesamtbandbreite von 145 GHz mehr als fünfmal höher als der bisherige Weltrekord für die drahtlose Übertragung.

Es wird erwartet, dass dieser verbesserte Einsatz von Funkfrequenzen dazu beitragen wird, die wachsende Nachfrage nach drahtloser Datenkapazität und -geschwindigkeit zu befriedigen.

Technologie mit enormem Potenzial

Die neue Technologie hat daher das Potenzial, mehrere Sektoren radikal zu verändern, insbesondere die Wi-Fi-Verbindungen, auf die wir uns in unseren Wohnungen und an öffentlichen Orten verlassen. Enorme Datenraten werden beispielsweise auch benötigt, um sicheres autonomes Fahren möglich zu machen oder in der Telechirurgie Operationen aus der Distanz durchführen zu können.

Aber es hat auch weitreichende Auswirkungen auf unsere Mobiltelefone. So können Mobilfunknutzer dank der 5G- und später der 6G-Netze, die diese Technologie nutzen, mit schnelleren Internetgeschwindigkeiten und stabileren Verbindungen rechnen. Das bedeutet, dass mehr Menschen das Netz in überfüllten Städten oder bei Grossveranstaltungen wie Konzerten nutzen können, ohne dass es zu Verzögerungen kommt.

Zweistündiger 4K-Film in 0,12 Sekunden

Der neue Ansatz ist besonders für Ungeduldige geeignet: Das Herunterladen eines zweistündigen Films – zum Beispiel der Trump-Film «The Apprentice» – in 4K Ultra HD (das sind etwa 14 GB Daten) dauert mit 5G bei 100 Mb/s rund 19 Minuten. Mit der neuen Technologie ginge es etwas schneller: 0,12 Sekunden.

Obwohl die Technologie bisher nur in einem Labor getestet wurde, wird derzeit an der Entwicklung eines Prototyps gearbeitet, der für kommerzielle Tests geeignet ist. Bei Erfolg könnte die Technologie innerhalb von drei bis fünf Jahren in kommerzielle Geräte integriert werden.

(dhr)

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84 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Spawn
19.10.2024 22:56registriert Januar 2024
Lange Zeit fand ich solche "technischen Errungenschaften" mega spannend und faszinierend.

Aber was soll ich sagen, man wird älter und betrachtet die Welt um sich herum als ganzes.
Heute würde ich lieber lesen: Das Nahrungsmittelproblem wurde gelöst, oder alle haben sauberes Trinkwasser. Die Umweltverschmutzung wird dank neuer Technologie "behoben" usw.

Je nachdem wo man geboren ist, erwarten einem Chancen und Möglichkeiten, oder aber ein Leben im Elend!
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Lupe
19.10.2024 22:39registriert September 2024
Ich hab Elektronik zu einer Zeit gelernt, da waren 300 Baud (300 Bit/s) das Höchste der Gefühle - akustisch von Telefonhörer zu Telefonhörer. Die Mobiltelefonie steckte in den Kinderschuhen, kein WLAN, kein Bluetooth. Telefax war gerade am aufkommen. 1982-1986 war das, gerade mal 4 Jahrzehnte her.
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you-had-one-job
19.10.2024 21:51registriert August 2024
An die Physiker: braucht Photonik nicht eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger??
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