Jimmy Donaldson verkörpert einen Traum, den Millionen Menschen rund um den Globus haben. Die meisten kennen den 26-jährigen US-Amerikaner unter seinem Künstlernamen «MrBeast». Mit seinen verrückten Videos hat er es längst zum Multimillionär gebracht.
Heute ist MrBeast mit über 320 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten auf seinen Haupt- und Nebenkanälen einer der weltweit populärsten YouTuber.
Das Problem: Immer mehr seiner Aktivitäten entpuppten sich als Blendwerk – oder Schlimmeres.
Update: Am 1. Oktober, nach Veröffentlichung dieses Artikels, hat MrBeast über die Ergebnisse einer angeblich unabhängigen Untersuchung informiert und er stellt eine Verbesserung der Firmenkultur in Aussicht. Die entsprechenden Massnahmen sind unten angeführt.
Dieser Tage sorgt ein YouTube-Video über MrBeast für Aufregung. Eine gemeinnützige Organisation wirft dem Star-YouTuber darin Wortbruch vor. Er sei nicht, wie in einer grossangelegten PR-Aktion versprochen, für medizinische Behandlungen aufgekommen.
Das Video wurde im Februar 2024 bei YouTube veröffentlicht – also ein Jahr nachdem MrBeast sein Video «1000 Blinde sehen zum ersten Mal» hochgeladen hatte. Es erreichte aber erst jetzt ein grösseres Publikum.
Die Macher sehen sich von MrBeast getäuscht, wollen ihm aber noch eine Chance geben. Sie schreiben, sie wollten den Fall nicht auf juristischem Weg regeln.
* Update: Die öffentliche Aufmerksamkeit hat bereits gewirkt, wie die betroffene Organisation bei YouTube informiert. «Jemand von MrBeast» habe sich gemeldet, sich für die fehlende Kommunikation entschuldigt und erklärt, dass die Operationskosten nur wegen eines Missverständnisses nicht bezahlt worden seien.
Ok, hier wird es juristisch heikel. Ein unabhängiges Forscherteam wirft MrBeast vor, mit fragwürdigen Geschäften rund um den Handel mit Kryptowährungen über 23 Millionen US-Dollar verdient zu haben.
Konkret geht es um den Vorwurf des «Insider-Handels», der sich in einem Graubereich bewegt. Konkret wird das Pump-and-Dump-Verfahren genannt.
MrBeast soll seinen Markeneinfluss genutzt haben, um diverse Krypto-Projekte anzukurbeln. In einem persönlichen Netzwerk mit anderen YouTubern heizte er den Hype um einzelne Coins (Kryptos) an und als deren Preis in die Höhe schoss, verkaufte er mit Gewinn.
Bekanntlich sind alle Transaktionen wegen der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie öffentlich und können deshalb auch zurückverfolgt werden. Sogenannte «On-Chain-Forscher» haben gemäss eigenen Angaben um die 50 Krypto-Konten von MrBeast analysiert.
Es gebe auffallende Ähnlichkeiten in den Kryptowährungs-Aktivitäten von MrBeast und weiteren Personen, mit denen er auf YouTube kooperiert habe.
Die Untersuchung kommt zum Schluss:
Im September 2024 geben der amerikanische Influencer und Wrestler Logan Paul und sein YouTube-Kollege KSI eine Partnerschaft zwischen ihrer Getränkemarke und einer Schokoriegel-Marke von MrBeast bekannt.
Die drei Geschäftsleute wollen den US-Markt für Schüler-Verpflegung mit ihrer gemeinsamen Marke «Lunchly» aufrollen, stossen jedoch auf massive Kritik.
Ernährungswissenschaftler betiteln das Marketing als «abscheulich» und warnen Eltern vor den Influencer-Produkten, die sich an schulpflichtige Kinder richten.
Logan Paul hatte 2018 traurige Bekanntheit erlangt, als er ein Suizid-Opfer in Japan in einem Video zeigte. Chris Broad, ein in Japan lebender Brite und ebenfalls ziemlich erfolgreicher YouTuber, kommentierte:
Und weiter:
Im September 2024 wird publik, dass in Kalifornien ein MrBeast-Grossprojekt die Justiz beschäftigt. In einer Klage gehe es um «dramatisch schlechte Bedingungen» bei den Dreharbeiten zu einer neuen Amazon-Prime-Serie namens «Beast Games». Auch zu sexueller Belästigung soll es laut Bericht der BBC gekommen sein.
Fünf weibliche Kandidatinnen der Unterhaltungs-Show hätten rechtliche Schritte gegen Donaldsons Produktionsfirma MrB2024 und Amazon eingeleitet.
In der Klageschrift heisse es, die Beklagten hätten «eine Kultur, ein Muster und eine Praxis der sexuellen Belästigung geschaffen, zugelassen und gefördert, auch in Form eines feindseligen Arbeitsumfelds».
Die BBC ruft einen früheren Bericht der «New York Times» in Erinnerung. Im August 2024 hätten Journalisten der US-Zeitung mit mehr als einem Dutzend Teilnehmer der Show gesprochen und die hätten erzählt, dass es «mehrere Spitalaufenthalte» gegeben habe.
Davor, im Juli 2024, hatte bereits ein anderer Missbrauchs-Fall das MrBeast-Imperium erschüttert. Seiner ehemaligen Co-Moderatorin (26) wurde vorgeworfen, eine junge Frau sexuell belästigt zu haben.
Über den MrBeast-Account der Social-Media-Plattform X wurde eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen die Frau publiziert. Darin distanzierte sich Donaldson und teilte mit, sie sei nicht mehr für ihn tätig.
Später tauchten auf einem anonymen YouTube-Kanal weitere Vorwürfe über Geschäftspraktiken auf. Sie stammten angeblich von einem ehemaligen Mitarbeiter. Die BBC konnte die Behauptungen oder die Identität dieser Person nicht unabhängig überprüfen.
PS: Seit geraumer Zeit kursieren auf den grossen Social-Media-Plattformen wilde Spekulationen um geleakte Gruppen-Chats des Teams von MrBeast. Weil die Sachlage unklar ist, geht watson nicht darauf ein.
Eine aktuelle Stellungnahme lag watson bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht vor.
Update: Am Freitagabend, 1. November, hat Donaldson über seinen X-Account die Ergebnisse einer dreimonatigen internen Untersuchung kommuniziert. watson hat deshalb den Artikel im Folgenden ergänzt.
Die beauftragte Anwaltskanzlei, bzw. die «Ermittler» hätten Millionen Dokumente und Nachrichten überprüft und 39 Interviews durchgeführt, heisst es in dem Post.
Dass er sich nicht früher äusserte, begründet Donaldson damit, dass er gebeten worden sei, keine öffentlichen Aussagen zu machen, um eine detaillierte und unvoreingenommene Untersuchung zu ermöglichen.
Das beauftragte Anwaltsbüro schreibt:
Quasi als Entschuldigung werden Probleme wegen des rasanten Wachstums des Unternehmens angeführt. Es habe sich in kürzester Zeit von einem Start-up, «das aus einer Gruppe talentierter junger Leute bestand», zu einer viel grösseren Einheit entwickelt.
MrBeast habe sich verpflichtet, «die Probleme der Vergangenheit zu beheben» und eine Firmenkultur zu schaffen, in der problematische Verhaltensweisen nicht toleriert werden. Das Unternehmen habe bereits Änderungen eingeführt oder sei dabei, diese einzuführen. Zu den entsprechenden Massnahmen gehörten:
Fazit: Donaldson hat mit MrBeast eine einzigartige Marke geschaffen und holt nun finanziell möglichst viel heraus. Vielleicht ist er auch bereits «Too Big To Fail». Das Wirtschaftsmagazin «Forbes» führt ihn auf der Liste der «Top Creators 2024». Auf den Social-Media-Plattformen soll er über 500 Millionen Followerinnen und Follower haben – die grösste «Anhängerschaft» weltweit.
Angesichts der jüngsten Ankündigung scheinen die Verantwortlichen die richtigen Lehren für das Unternehmen zu ziehen. Nun muss sich zeigen, ob es sich dabei um mehr als nur Lippenbekenntnisse handelt.
What could POSSIBLY go wrong?!