Zwar hat der Zürcher Kantonsrat die Initiative «Für ein Grundrecht auf digitale Integrität» der Piratenpartei am Montagmorgen abgelehnt. Die Mitglieder des kantonalen Parlaments teilen aber die Sorge, die hinter der kantonalen Initiative steht, und unterstützten den Gegenvorschlag der vorberatenden Kommission.
Die Piratenpartei fordert mit der Initiative unter anderem ein «Recht auf ein handyfreies Leben», ein «Recht auf Vergessen werden» im Internet und ein «Recht, nicht überwacht, vermessen und analysiert zu werden».
Auch wenn die vorberatende Kommission für Staat und Gemeinden (STGK) die geforderten Rechte grundsätzlich unterstützenswert fand, bezeichnete sie die Initiative als «zu absolut» und legte einen Gegenvorschlag vor. Dieser trage dem Anliegen der Initiative Rechnung und präzisiere die geforderten Rechte, sagte STGK-Präsidentin Michèle Dünki-Bättig (SP, Glattfelden).
Konkret soll der Kanton für die Wahrung der Grundrechte im digitalen Raum sorgen. Private aber könnten nicht in die Pflicht genommen werden. Für die Regelung der Verhältnisse zwischen Privaten sei der Bund zuständig, so die STGK. Im Unterschied zum Initiativtext sieht der Gegenvorschlag beispielsweise kein Recht auf ein Offline-Leben vor.
Die SVP und die FDP (daz unten mehr).
Alle anderen Fraktionen stellten sich hinter den Gegenvorschlag (100 zu 75 Stimmen) und lehnten die Initiative ab (175 zu 5 Stimmen) ab.
Der Digitalisierung und mit ihr Fragen nach Informationssicherheit und Datenschutz komme im Kanton Zürich nicht der Stellenwert zu, den sie in der heutigen Zeit haben sollte, sagte Benjamin Krähenmann (Grüne, Zürich). Der grundrechtliche Grundsatz der digitalen Integrität gehöre in die Verfassung. Der Gegenvorschlag nehme die Gefahren im Sinne der Initianten ernst.
Der digitale Raum sei zum Lebensraum mit eigenen Risiken, Machtverhältnissen und Dynamiken geworden, sagte Gabriel Mäder (GLP, Adliswil). Wenn die Grundrechte der Zürcher Bevölkerung auch im digitalen Raum gesichert werden sollen, dann reiche es nicht, sie in Verordnung oder technischen Regelwerken zu verstecken.
Der Gegenvorschlag sei – gut schweizerisch – ein Kompromiss, sagte Mäder. Er formuliere klare Prinzipien, ohne falsche Versprechungen zu machen.
Mit der Initiative drohe ein Übermass an Regulierungen, sagte Tina Deplazes (Mitte, Hinwil). Die Mitte-Fraktion stellte sich ebenfalls hinter den Gegenvorschlag, er nehme die in der Bevölkerung breit abgestützten Anliegen auf. «Die Wahrung der Grundrechte soll im digitalen Raum sichergestellt werden», sagte Deplazes.
Andrea Grossen-Aerni (EVP, Wetzikon), sagte, ihre Fraktion teilte die Sorge, die hinter der Initiative stehe, lehne diese aber ab. Der Gegenvorschlag sei «sinnvoll und umsetzbar». Das fand auch die AL, auch wenn dieser nicht perfekt sei, wie Manuel Sahli (Winterthur) sagte.
Widerstand leisteten SVP- und FDP-Fraktion.
«Wir zeigen zwar Verständnis, dass die Initiative eingereicht wurde – in Rekordzeit und mit rekordverdächtig vielen Unterschriften», sagte Roman Schmid (SVP, Opfikon). Dies sollte die Politik zum Denken anregen.
Für die SVP-Fraktion aber ging die Initiative an den falschen Empfänger. Sie hätte es begrüsst, wenn sie nicht auf kantonaler, sondern auf Bundesebene eingereicht worden wäre. Im Kanton Zürich regle das IDG (Gesetz über die Information und den Datenschutz) die digitale Beziehung zwischen öffentlichen Organen und Menschen. Sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag weckten falsche Erwartungen.
Die FDP-Fraktion lehnte ebenfalls beide Varianten ab, auch wenn Isabel Garcia (Zürich) die Wahrung der digitalen Grundrechte als ein «wichtiges Anliegen» bezeichnete. Die FDP befürchte einen «kantonalen Flickenteppich». Die aktuell aufgeführten Grundrechte in der Verfassung seien «ausreichend».
Auch die Regierung vertrat diese Haltung.
(dsc/sda)