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Ein charmanter Mann schrieb einmal: «Der Feminismus ist der Kommunismus der Frauen, die unter der Tatsache ungleich verteilter Schönheit leiden.» Na, wer war's? Donald Trump? Der Schriftsteller Charles Bukowski? Der Nationalrat Roger Köppel? Der Schauspieler Charlie Sheen in «Two and a Half Men»? Die Antwort findet ihr am Ende dieses Artikels.
Die 30-jährige Wiener Künstlerin, Bloggerin und Schriftstellerin Stefanie Sprengnagel (aka Sargnagel), die gerade in Klagenfurt am Bachmann-Wettlesen den Publikumspreis gewonnen hat, wird tagtäglich als hässlich beschimpft. Durchaus auch von prominenten Kollegen. Zum Beispiel vom österreichischen Schriftsteller Thomas Glavinic. Er nennt sie einen «sprechenden Rollmops».
Glavinic ist nicht nur Bestsellerautor, sondern unterstützt auch den rechten Bundespräsidentschafts-Kandidaten Norbert Hofer. Stefanie Sprengnagel ist Feministin und offene Feindin der FPÖ. Gemeinsam mit andern jungen Frauen hat sie die feministische Aktionsgruppe Burschenschaft Hysteria gegründet.
Als Nobert Hofer im Mai forderte, dass Frauen vor einer Abtreibung eine Bedenkfrist einhalten sollten, postete Sprengnagel: «Ich glaub, ich setz die Pille ab, nur damit ich noch ein paar mal abtreiben kann, bevor Hitler Bundespräsident wird.» Hofers FPÖ-Fraktion konterte auf ihrer Facebook-Seite mit: «Leider hat Hitler Sprengnagel vergessen für die g.....Kammer.» Die beiden Seiten schenken sich nichts.
Der Post der FPÖ wurde nach wenigen Stunden wieder gelöscht. So wie ein anderer, von einem andern rechten Politiker, in einem andern Land, nämlich der Facebook-Post, mit dem Nationalrat Andreas Glarner im Juni zwei Frauen nicht nur als links und feministisch, sondern auch als hässlich bezeichnet hatte. Glarners aggressivster Kommentarschreiber ergänzte dies um:
Auch das: gelöscht. Und wieder auferstanden in einem grossen Interview mit der WoZ, wo der gleiche Kommentarschreiber sagt:
Der Hässlichkeits-Hammer, schreibt Sprengnagel, komme immer dann, wenn den rechten Männern gar nichts mehr einfällt. Quasi nach allen Gaskammer-Assoziationen.
Links ist scheisse. Feminismus sowieso. Und die Frau, die beides verkörpert, kann nur eines sein: nicht begehrenswert. Man brandmarkt sie also als hässlich. Das ist das einfachste. Keiner käme auf die Idee, sich mit einer, der man öffentlich das Attribut «hässlich» angehängt hat, einzulassen, es wäre ein Gesichtsverlust.
«Du bist so hässlich» ist psychologische Kriegsführung. Das Argument, mit dem man zuverlässig jede Frau trifft. «Bodyshaming» und seine Untergruppe, das «Fatshaming», schmerzen, ganz einfach. Wer stark ist, schluckt's runter, macht einen lustigen Spruch und hofft, dass es nicht aufstösst. Wer nicht so stark ist, wird essgestört.
Am 12. Juli erscheint auf dem Blog der Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach und zwei Tage später in der «Zeit» ein Text der Zürcher Studentin Maaike Kellenberger. Er heisst «Ich schulde niemandem Schönheit».
Kellenberger beschreibt, wie tief das Bodyshaming geht. Weil es suggeriert, dass die einzige Existenzberechtigung, die einzige Grundsatzkompetenz der Frau ihre Schönheit sei. Das war schon in allen alten Mythen und Märchen so, das ist in den Medien so, damit wachsen Frauen auf, Hässlichkeit ist ein Versagen. Und Versager sind schwach, persönlich und erst recht in ihren politischen Absichten.
Der Text von Maaike Kellenberger ist in seiner Mischung aus Trauer, Wut, Wahrheit, Empfindsamkeit und Kampfgeist zweierlei: Er ist feministisch. Und schön. Sehr schön.
* Das Zitat stammt von Roger Köppel, es stand am 3. Oktober 2013 in seinem Grundlagentext zur Gender-Forschung «Frau und Mann» in der «Weltwoche».