Nach der Landratswahl im südthüringischen Landkreis Sonneberg steht fest: Die AfD besetzt den Posten, Robert Sesselmann wird der erste AfD-Landrat Deutschlands. In den Kommentaren der Medien mischen sich Erschütterung und Sorge vor künftigen Wahlen.
Die «Leipziger Volkszeitung» spricht von einem Dammbruch. Die Wahl von Sesselmann, einem Weggefährten des Rechtsaussenpolitikers Björn Höcke, zum Landrat des 54'000-Einwohner-Landkreises Sonneberg in Südthüringen sei «ein Debakel mit Ansage».
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» geht davon aus, dass die AfD Sesselmann als «einen Rammbock gegen das 'Establishment' in Stellung bringen» will. Seine Wahl sei «ein Schlag in die Magengrube» der anderen Parteien. Um sich davon zu erholen, sei es nun wichtig, die AfD nicht mit ihren Wählern zu verwechseln. Diese seien «schon viel zu lange allesamt wie Bodensatz behandelt».
Die Chemnitzer «Freie Presse» erklärt sich den Erfolg der AfD vor allem durch eine Sache: «Weil sie auf die komplexen Herausforderungen der heutigen Zeit scheinbar einfache Antworten liefert.» Das zeige sich an den Themen wie Klimawandel und Migration besonders deutlich. «Noch immer wird etwa der Klimawandel von zu wenigen Menschen als existenzielle Bedrohung wahrgenommen und die Dringlichkeit des Handelns unterschätzt. Klimaschutzpolitik gilt dann als staatliche Repression und Freiheitsverlust. Ähnlich verhält es sich bei der Migration», so die Zeitung weiter. «Diese fatalen Fehleinschätzungen sind das eigentlich Besorgniserregende hinter dem Erstarken der AfD.»
Darüber, was der Erfolg in Sonneberg über kommende Wahlen aussagt, sind sich die Kommentierenden der verschiedenen Medien uneins. Die «Fuldaer Zeitung» sieht darin Grund zur Beunruhigung. «Man mag die Ankündigung, dass die Partei nun erstmals auch einen Kanzlerkandidaten aufstellen will, noch kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. Doch die im nächsten Jahr anstehenden Landtagswahlen im Osten könnten die Republik dann doch nachhaltig erschüttern.»
Es sei fraglich, wie lange sich die demokratischen Parteien gegen eine Zusammenarbeit verweigern könnten, wenn die AfD bei der nächsten Landtagswahl in Thüringen stärkste Kraft würde – wonach es aktuell aussieht. «Es könnte zu einer Spirale aus lähmenden Verhandlungen, Minderheitsregierungen und Neuwahlen kommen, in der die Demokratie Schaden nimmt. Und davon abgesehen: Jede Missachtung des Wählerwillens dürfte nur die stärken, die man verhindern will.»
Die «Südwest-Presse» sieht im Wahlergebnis vor allem eine Warnung an andere Parteien. «So wären die Berliner Regierungsparteien gut beraten, sich mit ihren hochfliegenden Plänen – Heizungsgesetz, Durchsetzung der E-Mobilität – nicht mehr so weit von der Mitte der Gesellschaft zu entfernen.» Auch ein ernsterer Ton sei nun angemessen. «Die Union sollte ihre oft berechtigte Kritik an der Ampel-Politik künftig wieder seriöser vortragen. Einfach draufhauen kann die AfD besser.»
(t-online, fho)