In Nigeria wurden gestern eine Million AstraZeneca-Dosen vernichtet. Das, obwohl im bevölkerungsreichsten Land Afrikas weniger als 3 Prozent der 220 Millionen Einwohner geimpft sind. Der Grund für die Zerstörung: Die Impfdosen haben das Ablaufdatum überschritten.
Die Dosen waren als Spende über die COVAX-Initiative nach Nigeria gelangt. Die COVAX-Initiative, die einen weltweit gleichmässigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten soll, läuft aber bisher nicht wunschgemäss. Es werden zu wenige Impfdosen für bedürftige Länder gespendet.
Aus diesem Grund sahen sich die nigerianischen Behörden gezwungen, eine Lieferung von AstraZeneca-Impfdosen anzunehmen, obwohl diese kurz vor ihrem Ablaufdatum standen. Reiche Länder hätten die Impfstoffe gehortet und erst kurz vor Ablauf der Haltbarkeit zur Spende angeboten, kritisiert Faisal Shuaib, der Leiter der für Immunisierungsprogramme zuständigen nationalen Behörde.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Die Vakzine von Pfizer als auch AstraZeneca haben eine Haltbarkeit von 6 Monaten, während sie bei jenen von Moderna bei 7 und bei denen von Johnson & Johnson bei 24 Monaten liegt.
«Nach der Zeit für den Transport, die Reinigung, die Verteilung und die Auslieferung an die Nutzer, blieb uns nur sehr wenig Zeit – teilweise nur Wochen – um sie zu verwenden», beklagt sich Nigerias Gesundheitsminister Osagie Ehanire. Als Konsequenz würden sie von nun an alle Impfspenden mit kurzer Haltbarkeit höflich ablehnen.
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Problem der kurzen Haltbarkeit bekannt, weshalb sie in einem Statement von Ende November die Spender-Nationen dazu aufruft, Rücksicht darauf zu nehmen:
Gemäss angepasster Regelungen, die ab dem 1. Januar 2022 gelten, sollen daher nur noch Dosen mit einer Haltbarkeit von mindestens 10 Wochen gespendet werden.
Neben der kurzen Haltbarkeit der Impfdosen stellt die grosse Impfskepsis im Land ein weiteres Problem dar. Das Vertrauen in die Sicherheit der Impfung ist tief. Grund dafür sind Falschinformationen und Verschwörungstheorien, die in den sozialen Medien kursieren.
«Es zirkulieren so viel Fehlinformationen, die Panik auslösen. Wir wissen gar nicht, wie wir dagegen ankämpfen sollen», wird Dr. Reuben Ndiaya, der Vorsitzende eines Ärzteverbandes in der Hauptstadt Abuja, von «Focus» zitiert.
Die kursierenden Falschinformationen führten dazu, dass die Behörden die Vernichtungsaktion penibel dokumentierten und transparent machten. Faisal Shuaib:
Gemäss Gesundheitsexperten muss Nigeria das Impftempo von 100'000 Dosen pro Tag verdreifachen, um ihr erklärtes Impfziel zu erreichen: Bis Ende nächstes Jahr soll mehr als die Hälfte der Bevölkerung geimpft sein. (saw)