Militär verkündet neuen Staatschef in Guinea-Bissau
Im westafrikanischen Küstenstaat Guinea-Bissau hat das Militär nach eigenen Angaben einen neuen Staatschef eingesetzt. Das staatliche Fernsehen des Landes berichtete, General Horta N’tam übernehme die Übergangspräsidentschaft für die Dauer eines Jahres.
Über die tatsächlichen Machtverhältnisse und Hintergründe des mutmasslichen Staatsstreichs ist vieles unklar. Die Strassen in der Hauptstadt Bissau waren am Donnerstag leer, während Soldaten an wichtigen Punkten stationiert waren, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur DPA berichteten.
Viele Fragen offen
Am Tag zuvor hatte eine Gruppe von Offizieren verkündet, die Macht in dem Tropenland mit etwa 2,2 Millionen Einwohnern übernommen zu haben. Zur Begründung sagten sie, das Militär habe einen Plan zur Wahlmanipulierung und Destabilisierung des Landes aufgedeckt, in den Politiker sowie ein Drogenbaron verwickelt seien. Guinea-Bissau ist Experten zufolge ein wichtiger Knotenpunkt für den Kokain-Schmuggel zwischen Lateinamerika und Europa.
Der nach Angaben des Militärs nun abgesetzte Präsident Umaro Sissoco Embaló hatte einem französischen Medium gesagt, er sei vom Militär festgenommen worden. Ihm sei aber keine Gewalt angetan worden. Berichten zufolge soll das Militär auch Embalós Herausforderer Fernando Dias festgenommen haben.
Sowohl Embaló als auch Dias hatten sich nach der Präsidentschaftswahl am Sonntag zum Sieger erklärt. Ergebnisse waren noch nicht veröffentlicht worden.
Präsident hat mehrfach Putschversuche beklagt
Guinea-Bissau hat seit seiner Unabhängigkeit von Portugal 1974 mehrfach Putsche und Putschversuche erlebt. Das Militär mischt sich schon viele Jahre stark in die Politik ein. Der frühere General Embaló (53) regiert seit 2020 und hatte das Parlament Ende 2023 aufgelöst. Er hat in der Vergangenheit mehrfach von Putschversuchen gegen ihn gesprochen, zuletzt im Oktober.
Seine Amtszeit ist seit Monaten abgelaufen. Kritiker werfen ihm vor, Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtler zu unterdrücken. Die wichtigste Oppositionspartei war von der Wahl ausgeschlossen und stützte den unabhängigen Kandidaten Dias. (sda/dpa)
