Seit Wochen versucht Donald Trump, vom Skandal um den Sexualstraftäter Jeffrey Epstein abzulenken. Und vom Verdacht, er sei darin verstrickt. Die Entsendung der Nationalgarde zur Bekämpfung der angeblich ausufernden Kriminalität in der Hauptstadt Washington gehört dazu. Tatsächlich hat die Zahl der Straftaten deutlich abgenommen.
Um den «Erfolg» seiner umstrittenen Massnahme zu feiern, begab sich der US-Präsident am Dienstag mit Vertrauten wie Vizepräsident JD Vance zum Nachtessen in ein bekanntes «Steak und Seafood»-Restaurant. Doch selbst dort holte ihn die Affäre Epstein ein. «Das ist nicht meine Unterschrift, das ist nicht meine Sprache. Es ist Unsinn», sagte er zu Reportern.
Konkret ging es um eine anzügliche Zeichnung aus einem Buch zu Epsteins 50. Geburtstag 2003, die Trump angefertigt haben soll. Das «Wall Street Journal» hatte im Juli darüber berichtet, worauf der Präsident ihre Existenz bestritt und die Zeitung, die dem rechten Verleger Rupert Murdoch gehört, auf zehn Milliarden Dollar Schadenersatz verklagte.
Am Montag jedoch veröffentlichten demokratische Kongressabgeordnete das ominöse Buch samt der Zeichnung. Sie entspricht exakt der Beschreibung des WSJ. Seither befindet sich das Weisse Haus im Abwehrmodus. Pressesprecherin Karoline Leavitt beschuldigte die Demokraten, sie würden einen «Hoax» inszenieren, um den Präsidenten zu verleumden.
Wie ihr Chef behaupteten Leavitt und andere Mitarbeiter, die Unterschrift auf der Zeichnung stamme nicht von Trump. MAGA-Influencer wie Benny Johnson und Charlie Kirk stimmten in diesen Chor ein und sprachen von einem Fake, doch CNN konnte verschiedene Trump-Signaturen auftreiben, deren Ähnlichkeit mit jener auf dem Epstein-Geburtstagsbrief offensichtlich ist.
Nach der Enthüllung des «Wall Street Journal» hatte Donald Trump auch behauptet, er habe noch nie ein Bild gezeichnet. Doch auch das lässt sich leicht widerlegen. Tatsächlich hat er viele Zeichnungen angefertigt und unter anderem für wohltätige Zwecke versteigern lassen. Es sind eindeutige Indizien, dass auch der Brief an Epstein aus seiner Hand stammt.
Für CNN ergibt sich daraus ein Muster: Immer wieder hätten der Präsident und seine Entourage versucht, vom Epstein-Skandal abzulenken und ihn versanden zu lassen. Erreicht hätten sie das exakte Gegenteil: «Manchmal hat man das Gefühl, sie legten es darauf an, ihn am Leben zu halten», kommentierte der Nachrichtensender süffisant.
Als Beispiel erwähnt CNN Jeffrey Epsteins ehemalige Vertraute und «Zuhälterin» Ghislaine Maxwell, die unter anderem wegen Menschenhandels und Missbrauchs von Minderjährigen zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Nach einem Gespräch mit dem stellvertretenden Justizminister Todd Blanche wurde sie in eine Anstalt mit niedrigster Sicherheitsstufe verlegt.
Dies liess die Vermutung aufkommen, es habe sich um eine Gegenleistung dafür gehandelt, dass Maxwell den Präsidenten in dem Gespräch weitgehend entlastet hatte. Einer ihrer Anwälte deutete dies am Montag auf CNN zumindest an, doch die Regierung «mauert». Dabei wird selbst über eine Begnadigung von Ghislaine Maxwell spekuliert.
Ein weiterer dubioser Aspekt handelt von Virginia Giuffre, Epsteins wohl bekanntestem Opfer. Sie hatte Prinz Andrew, den Bruder des britischen Königs, beschuldigt, er habe sie missbraucht, und sich im April das Leben genommen. Giuffre hatte erklärt, sie habe im Spa von Trumps Resort Mar-a-Lago in Florida gearbeitet und sei dort von Maxwell «rekrutiert» worden.
Donald Trump hatte dies lange zu verwedeln versucht und erst in jüngster Zeit eingeräumt, dass Giuffre wohl für ihn tätig war. Epstein habe sie ihm «gestohlen». Nicht nur ihre Eltern fragen sich, was Trump wirklich gewusst hat, zumal es Aussagen gibt, die darauf hindeuten, dass ihm Epsteins Vorliebe für sehr junge Frauen wohlbekannt war.
Donald Trump und Jeffrey Epstein – es ist eine in jeder Hinsicht toxische Beziehung. Lange standen sich die beiden New Yorker sehr nahe, dann zerstritten sie sich wegen einer Villa in Palm Beach (Florida). Seit Epstein als pädophiler Sexualstraftäter überführt wurde und 2019 unter mysteriösen Umständen im Gefängnis starb, hält der Fall die USA in Atem.
Zu seinem Bekanntenkreis gehörten prominente Linksliberale wie Ex-Präsident Bill Clinton, was Trumps MAGA-Anhang elektrisierte und Stoff für Verschwörungstheorien bis hin zu Mordspekulationen bot. Doch im Juli verkündeten Justizministerin Pam Bondi und FBI-Chef Kash Patel, Epstein habe keine «Kundenliste» geführt und sei durch Suizid gestorben.
Seither ist Feuer im Dach. Das Justizministerium versucht, die Empörungswelle durch die Übergabe der Epstein-Dokumente an den Kongress zu kontern. Mit überschaubarem Erfolg, denn darunter befand sich offenbar das pikante Geburtstagsbuch. Es enthält auch das Foto eines überdimensionierten Schecks mit einer wohl nicht authentischen Trump-Unterschrift.
Vor einer Woche kam es vor dem Kapitol in Washington zu einer denkwürdigen Medienkonferenz, an der mehrere Epstein-Opfer eine vollständige Aufklärung des Skandals forderten. Organisiert wurde sie unter anderem von der Abgeordneten Marjorie Taylor-Greene, in «normalen» Zeiten eine der schrillsten MAGA-Stimmen im Kongress.
Nicht nur deshalb dürfte Donald Trump den Schatten von Jeffrey Epstein nicht so schnell loswerden, auch wenn er dies gerne hätte. In einem Telefoninterview mit NBC am Dienstagmorgen bezeichnete er die Angelegenheit als «tot». Dabei tut er mit seinen Ausflüchten und Lügen alles dafür, dass sie lebendig bleibt.
Aber eigentlich hätte man das alles schon 2016 wissen müssen, als die MAGA/Alt-Right Kreise diese dumme Pizzagate-Geschichte verbreiteten. Denn es galt schon damals: Jeder Vorwurf ist ein Geständnis.