Über das Wochenende hat Elon Musk ein Millionen-Lotto vorgestellt. Jede oder jeder, die im Bundesstaat Pennsylvania eine Petition unterschreiben, welche das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Tragen von Waffen fordert, darf an einer Verlosung teilnehmen, bei der eine Million Dollar zu gewinnen ist. Zuvor schon hat Musk allen, die sich für dieses Anliegen einsetzen, eine Belohnung in der Höhe von 100 Dollar in Aussicht gestellt.
In drei anderen Swingstates – Michigan, Arizona und Georgia – erhalten potenzielle Wähler dafür 47 Dollar.
Wie viele Millionen Musk in den Trump’schen Wahlkampf gesteckt hat, lässt sich nicht mehr exakt feststellen. Die Zahl dürfte mittlerweile im dreistelligen Bereich liegen. Nicht, dass dies Musk gross kratzen wird. Er gilt nach wie vor als reichster Mann der Welt mit einem geschätzten Vermögen von 270 Milliarden Dollar.
Musk spendet nicht nur mit vollen Händen für Trump. Er, respektive das von ihm finanzierte Superpac, ist auch verantwortlich für das sogenannte «Groundgame» in den Swingstates. Das bedeutet, dass es dafür sorgen muss, dass die Menschen nicht nur für Trump schwärmen, sondern auch für ihn ins Wahllokal gehen. In diesem Zusammenhang steht auch das Millionen-Lotto, wobei nicht geklärt ist, ob damit das Wahlgesetz verletzt wird oder nicht.
So innig die Beziehung von Musk zu Trump heute ist, sie war nicht Liebe auf den ersten Blick. Wie fast alle IT-Grössen im Silicon Valley gefiel sich der Tesla-Gründer zunächst in der Rolle eines Libertären, will heissen, er hasste alles, was irgendwie mit dem Staat zu tun hat. Später tendierte er – ebenfalls wie die meisten Tech-Oligarchen – zu den Demokraten. Noch in diesem Frühjahr spielte er den Hamlet und wollte sich nicht festlegen, ob und für wen er sich im Wahlkampf engagieren werde.
Diese Frage ist inzwischen restlos geklärt. Musk stellt sich mit Haut und Haar in den Dienst von Trump, nicht nur mit seinen Millionen. Er lässt es auch zu, dass seine Plattform X (vormals Twitter) zu einem Medium verkommen ist, auf dem sich Rechtsextreme austoben dürfen, ja sie können gar damit rechnen, dass ihre Botschaften ihm repostet werden.
Zudem hat Musk höchstpersönlich den Ex-Präsidenten mehr als eine Stunde lang interviewt – kein journalistisches Highlight – und neuerdings tritt er gar an dessen Rallys auf, wo er herumhüpft wie ein ADHS-Kind.
Was will der Mann? Zunächst kann man es mit Karl Marx halten: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Der ehemalige libertäre Musk hat inzwischen ein gewaltiges wirtschaftliches Interesse am Staat. So hat die «New York Times» kürzlich im Detail dargestellt, wie seine beiden Unternehmen SpaceX und Tesla hunderte von Verträgen in Milliardenhöhe mit den verschiedenen Bundesämtern ausgehandelt haben.
Dazu kommen weitere Anliegen, beispielsweise Umweltvorschriften, die Musk nicht schmecken. Oder er sähe es auch gerne, wenn die NASA ihre Verträge mit Boeing, dem wichtigsten Konkurrent von SpaceX, ganz einstellen würde.
Sollte Trump erneut ins Weisse Haus einziehen, dann will er Musk den Posten eines «Beauftragten für Effizienz» anbieten. Dieser hat bereits freudig zugesagt. Dass dabei ethische und juristische Regeln im grossen Stil verletzt werden würden, kümmert die beiden nicht.
Wirtschaftliche Interessen allein genügen jedoch nicht, um Musks Liebe zu Trump zu erklären. Geld hat er bekanntlich schon genug. In einem Interview mit Jon Stewart setzte Mark Cuban – ebenfalls ein IT-Milliardär – eine andere, plausible Erklärung in den Raum gestellt. Sie lautet wie folgt:
Musk und die anderen IT-Oligarchen, die Trump umschwärmen – Peter Thiel, Marc Andreessen, Ben Horowitz – hätten im Sinn, die USA in ein gigantisches Unternehmen zu verwandeln, in dem Trump den CEO spielen dürfte, sie jedoch den Verwaltungsrat besetzten würden und damit die eigentliche Macht in der Hand hätten.
Für diese These spricht die Tatsache, dass Trump 78 Jahre alt ist und sich bei ihm die Anzeichen von Altersdemenz mehren. Der Ex-Präsident sagt derzeit Auftritte ab, weil er zu erschöpft ist, und wenn er auftritt, verhält er sich immer bizarrer. Anstatt Fragen zu beantworten, spielte er kürzlich rund 40 Minuten lang den DJ und liess Titel von seiner Playlist abspielen. Oder er schwärmte über die Grösse des Penis eines verstorbenen Golfers.
Sollte Trump die Wahl gewinnen und Cuban Recht bekommen, dann würde sich das politische Modell der USA demjenigen annähern, das in den Neunzigerjahren in Russland unter Boris Jelzin geherrscht hat. Ein nur noch begrenzt zurechnungsfähiger Präsident wird von einer Handvoll Oligarchen gesteuert.
Viele sehen in J.D. Vance daher mehr als nur einen von Trump gekürten Vize-Präsidenten. Anders als Mike Pence, der sich geradezu hündisch untertänig verhielt, wäre Vance dann der Mann, der eine Revolution der amerikanischen Gesellschaft im Sinne der Rechten an die Hand nehmen würde. Mit dem «Project 2025» ist das Drehbuch dieser totalitären Revolution bereits geschrieben.
Allerdings könnte ausgerechnet Trump selbst ihnen einen Strich durch diese Rechnung machen. Auch er orientiert sich möglicherweise an Russland, sieht sich dabei jedoch in der Rolle von Wladimir Putin. Dieser hat es geschafft, Jelzins Oligarchen politisch zu entmachten und zu seinen Marionetten zu machen.
Wie auch immer: Brandgefährlich sind beide Varianten. Man muss mit Blindheit geschlagen sein, um nicht zu erkennen, dass ein Wahlsieg von Trump die USA auf den Weg in einen autoritären Staat führen würde. Wie die Historikerin Anne Applebaum in der Zeitschrift «The Atlantic» feststellt, spricht Trump inzwischen wie Hitler, Stalin und Mussolini. Und wenn er droht, das Militär gegen die angeblichen Feinde im Inneren einzusetzen, sollte man das besser ernst nehmen.
Seit wann hat ein Superreicher genug Geld? Es gibt wenige die genug haben und Musk gehört nicht dazu.
Meinungsfreiheit bedeutet für ihn nur Meinungen zu zulassen, die ihm gefallen. Unabhängig davon ob es Fakten sind oder Verschwörungstheorien.
Insbesondere die Stahlindustrie sollte bei Trumps Zollpolitik hellhörig werden. Denn die Mehrkosten, die durch den Zoll entstehen, werden nicht von den Herstellern getragen, sondern auf die Kunden abgewälzt.
Heißt im Umkehrschluss: Stahl und Aluminium werden unter Trump wieder teurer.