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Tucker Carlson: Der gefährlichste Mann Amerikas

FILE - In this March 2, 20217, file photo, Tucker Carlson, host of "Tucker Carlson Tonight," poses for photos in a Fox News Channel studio in New York. A steady criticism of COVID vaccine ma ...
Starmoderator bei Fox News: Tucker Carlson.Bild: keystone
Analyse

Der gefährlichste Mann Amerikas

Tucker Carlson ist die einflussreichste Stimme der Konservativen – und eine Gefahr für die Demokratie.
27.02.2023, 19:49
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In Sachen Rechtspopulismus kann man Boris Johnson weiss Gott nichts vormachen, und mit aggressiven Boulevard-Medien kennt sich der ehemalige britische Premierminister ebenfalls bestens aus. Doch als Johnson kürzlich auf einer US-Tournee weilte, konnte selbst er kaum fassen, wie Amerikas Rechte sich vor Tucker Carlson ducken. «Ich bin erstaunt und es erschreckt mich, wie viele Menschen Angst haben vor einem Typen namens Tucker Carlson», so der Ex-Premier. «Was ist los mit diesem Typen? Alle diese wunderbaren Republikaner scheinen irgendwie verängstigt vor ihm und seiner Perspektive zu sein.»

Selbst Boris Johnson schüttelt den Kopf

Weiter führte Johnson aus: «Ich habe mir zwar nicht angeguckt, was er alles von sich gibt. Aber es überrascht mich, wie oft er immer wieder erwähnt wird. Er setzt schlimme Ideen in die Welt und beeinflusst, wie Putin wahrgenommen wird. Das ist eine Katastrophe. Er steht für Krieg, Aggression, systematischen Mord, Vergewaltigung und Zerstörung.»

Fox News ist eine Macht in der amerikanischen Politik. Der konservative Sender vereint weit mehr Zuschauer als alle anderen rechten Medien kumuliert. Und innerhalb von Fox News ist Tucker Carlson zur führenden Stimme geworden. Das will etwas heissen, denn an rechten Schreihälsen hat es dem Murdoch-Sender wahrlich noch nie gemangelt. Hier nur eine Shortlist: Bill O’Reilly – er musste wegen sexueller Belästigung abtreten – oder Glenn Beck oder Laura Ingraham und Jugde Jeanine Pirro.

Lange konnte sich Sean Hannity in der Rolle des Chefideologen bei Fox News sonnen. Inzwischen ist der etwas biedere Trump-Kumpel entthront worden, denn während Hannity nach wie vor stramm neoliberal und unternehmensfreundlich unterwegs ist, hat Carlson keine Beisshemmungen gegenüber dem Big Business. Er wettert gegen die Elite, den «Davos man», und unterstellt ihr, eine globale Diktatur errichten zu wollen. Frontal greift er auch Big Tech und den Woke-Kapitalismus an und versteht sich als Fürsprecher des kleinen (weissen) Mannes.

Auch die Elite der Republikanischen Partei bekommt von Carlson ihr Fett weg. Mitch McConnell und Lindsey Graham werden regelmässig beschimpft. Auf sehr viel Verständnis des Starmoderators können indes die Vertreter des extrem rechten Flügels wie Marjorie Taylor Greene oder Matt Gaetz rechnen.

U.S. Rep. Marjorie Taylor Greene, left, Tucker Carlson, center, and former President Donald Trump, right, react during the final round of the Bedminster Invitational LIV Golf tournament in Bedminster, ...
Drei Gleichgesinnte: Marjorie Taylor Greene, Tucker Carlson und Donald Trump.Bild: keystone

Logisch ist Carlson ein glühender Putin-Versteher – und wird denn auch regelmässig am russischen Staatsfernsehen zitiert. Fast täglich fordert er Präsident Joe Biden auf, er solle sich doch besser um die Grenze zu Mexiko kümmern, anstatt Milliarden zur Verteidigung der Ukraine auszugeben. Nebst Putin verehrt Carlson auch führende Rechtspopulisten wie Viktor Orban – er hat gar einmal seine Sendung eine ganze Woche lang aus Budapest ausgestrahlt – und Jair Bolsonaro, den abgewählten Präsidenten Brasiliens.

Jetzt hat Kevin McCarthy, der republikanische Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, Carlson einen weiteren Knüppel in die Hand gegeben. Er hat ihm exklusiv das Recht erteilt, rund 40’000 Stunden Videomaterial auszuwerten, das von den Sicherheitskräften des Kapitols während den Ereignissen des 6. Januars 2021 aufgezeichnet wurde.

Dass McCarthy damit den Bock zum Gärtner gemacht hat, ist weit untertrieben. Carlson hat bereits in einer dreiteiligen Serie die absurde These zu untermauern versucht, der Sturm auf das Kapitol sei in Tat und Wahrheit eine «False flag»-Operation des FBI, und die grosse Mehrheit der Kapitol-Stürmer seien letztlich nur Patrioten gewesen, die ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit mehrheitlich friedlich wahrgenommen hätten. Angesichts der Tatsache, dass inzwischen gegen 1000 dieser «friedlichen Patrioten» wegen Landfriedensbruchs angeklagt und teils schon verurteilt worden sind, ist dies eine ziemlich steile These.

Speaker of the House Kevin McCarthy, R-Calif., leaves the House Chamber after President Joe Biden's State of the Union address to a joint session of Congress at the Capitol, Tuesday, Feb. 7, 2023 ...
Hat Tucker Carlson einen weiteren Knüppel in die Hand gegeben: Kevin McCarthy.Bild: keystone

Zudem ist zu befürchten, dass Carlson das umfangreiche Videomaterial dazu missbrauchen wird, eine Gegenthese zum Befund des Ausschusses zur Abklärung der Ereignisse des 6. Januars zu errichten und den Sturm auf das Kapitol als eine leicht aus dem Ruder gelaufene Demonstration darzustellen. Dass er dabei möglicherweise auch das Sicherheitsdispositiv der Polizei verrät, dürfte ihm egal sein.

Tucker Carlson besitzt keinen moralischen Kompass. Das zeigen auch die internen Mails von Fox News. Sie sind einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, weil Dominion, ein Hersteller von Wahlmaschinen, gegen den Murdoch-Sender eine Schadenersatzklage in der Höhe von 1,6 Milliarden Dollar eingereicht hat. Grund der Klage ist die auch von Fox News immer wieder verbreitete Behauptung, diese Maschinen seien zugunsten von Biden manipuliert gewesen.

Im Zuge der wegen dieser Klage durchgeführten Ermittlungen bei Fox News kam zutage, dass die führenden Köpfe nie an Trumps Big Lie geglaubt haben und dass sie die Vertreter dieser absurden Lüge, vor allem Trumps Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell, für Verrückte hielten. Trotzdem wiederholten sie deren Vorwürfe immer wieder in ihren Sendungen.

Auch Carlson machte bei diesem zynischen Spiel mit, ja, er forderte gar, dass eine Reporterin, die sich um die Fakten kümmerte, fristlos entlassen werde. Er kümmert sich nicht um die Wahrheit, sondern um das Image und den Aktienkurs des Unternehmens.

David French, Kolumnist bei der «New York Times», ist ein langjähriger traditioneller Konservativer. Er beschreibt die Rolle von Fox News wie folgt: «Es ist mehr als eine Nachrichten-Quelle. Es ist der Ort, wohin sich das ‹Rote Amerika› (das konservative Amerika) begibt, um sich emotional zu bestätigen. Bei jedem wichtigen Ereignis wendet es sich zuerst an Fox News.»

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72 Kommentare
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Liebu
27.02.2023 20:38registriert Oktober 2020
Die einen haben einen Carlson, andere einen Köppel.
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Elke Wolke
27.02.2023 20:56registriert Oktober 2018
„Er steht für Krieg, Aggression, systematischen Mord, Vergewaltigung und Zerstörung.“ Das könnte man auch über Roger Köppel und seine auf deutsch verbreitete russische Propaganda via Weltwoche sagen. Anstatt unsere Demokratie zu verteidigen ist der SVP-Nationalrat äusserst bemüht Hass zu schüren und Aggressor Putin zu verteidigen.
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Statler
28.02.2023 00:12registriert März 2014
«Er kümmert sich nicht um die Wahrheit, sondern um das Image und den Aktienkurs des Unternehmens.» Das bringt's doch auf den Punkt. Es geht nicht um Wahrheit oder Lüge. Es geht um Quoten. Und wie man die erreicht, wissen Fox «News» & Co. sehr gut. Der wahre Bösewicht heisst in diesem Fall auch nicht Tucker Carlson. Der ist austauschbar. Der Besitzer, Rupert Murdoch, ist weitaus gefährlicher, denn der hält diese Maschine letztlich am Laufen.
Es geht um Geld, nichts Anderes. Und wenn man dafür die Demokratie opfert, so what. Die stört beim Geldverdienen sowieso nur.
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