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US-Wahl: Donald Trump und Hitlers Generäle

Adolf Hitler Donald Trump
Bild: watson/keystone
Analyse

Donald Trump und Hitlers Generäle

Der Ex-Präsident kannte zwar Erwin Rommel nicht, aber er ist dennoch überzeugt, dass die Generäle der Führers absolut loyal waren.
24.10.2024, 15:59
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John Kelly ist ein hochgeachteter Vier-Sterne-General der Marines. Er hat den Ruf, ein harter Hund zu sein, deshalb machte ihn Donald Trump zunächst zum Vorsteher der Homeland Security und damit zu dem Mann, der dafür sorgen muss, dass die Grenzen sicher sind. Später holte er Kelly als Stabschef ins Weisse Haus, um dort endlich für geordnete Abläufe zu sorgen.

Kelly ist ein sehr konservativ denkender Mann, aber er sah sich nie als jemanden, die in blinder Loyalität die Befehle des Präsidenten ausführt. Er sah sich vielmehr als Diener des Volkes, der die Verfassung nicht nur kennt, sondern auch an sie glaubt, etwas, das Trump intellektuell nicht erfassen kann. Für den Ex-Präsidenten sind Generäle eine Art Manager in seinem Unternehmen, die er nach Lust und Laune herumkommandieren kann. Deshalb sprach er stets von «meinen Generälen».

FILE - President Donald Trump listens to White House Chief of Staff John Kelly, right, in the Oval Office of the White House in Washington, Oct. 10, 2018. (AP Photo/Pablo Martinez Monsivais, File)
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War Trumps Stabschef: John Kelly.Bild: keystone

Jeffrey Goldberg, ein Journalist des Magazins «The Atlantic», schreibt, dass Trump Kelly einst auf die «deutschen Generäle» ansprach. Um sicherzugehen, antwortete der Stabschef: «Sie meinen die Generäle von Bismarck?» Dann fährt Kelly fort: «Ich wusste natürlich, dass Trump keine Ahnung hat, wer Bismarck war, und den französisch-preussischen Krieg nicht kannte. Ich erwiderte daher: Meinen Sie die Generäle des Kaisers? Mit Sicherheit konnte er doch nicht die Generäle Hitlers meinen. Doch Trump antwortete: ‹Ja, ja, Hitlers Generäle.›»

Kelly war nicht nur schockiert, er versuchte auch Trump zu erklären, dass Hitlers Generäle alles andere als loyal waren, und dass einige, darunter etwa Erwin Rommel, gar ein Attentat auf den Führer geplant hatten. Trump winkte ab, denn er hatte keine Ahnung, wer der legendäre Panzergeneral war.

FILE - Chairman of the Joint Chiefs of Staff U.S. General Mark Milley addresses the media during a meeting of NATO defense ministers, at NATO headquarters in Brussels, June 15, 2023. In Quotes of the  ...
Oberbefehlshaber Mark Milley.Bild: keystone

Trump neidete dem Führer nicht nur seine Generäle, er erklärte einst gegenüber Kelly: «Hitler hat auch Gutes getan.» «Was?», wollte der Stabschef wissen. «Er hat die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht.» Schockiert erwiderte Kelly: «Sir, Sie dürfen niemals etwas Gutes über diesen Typen sagen. Rein gar nichts.»

In der «New York Times» hat sich Kelly nun selbst zu Wort gemeldet. Er stellt dabei unmissverständlich klar, dass er zwar nach wie vor vieles der Trumpschen Politik begrüsst, in einem Punkt jedoch unnachgiebig ist: Der Ex-Präsident darf niemals mehr an die Macht kommen. Denn, so Kelly: «Er bewegt sich am äusserten rechten Rand der Politik, er ist autoritär und bewundert Diktatoren – er sagt dies auch. Deshalb fällt er sicherlich in die Kategorie der Faschisten.»

Die Bezeichnung Faschist mag sich abgenutzt haben. Doch wenn John Kelly, ein konservativer Militär, der rund zwei Jahre lang als Stabschef fast täglich mit Trump zu tun hatte, ihn so bezeichnet, ist es äusserst fahrlässig, dies zu ignorieren. Wer heute noch – wie etwa NZZ-Chef Eric Gujer – Trump als «nicht ganz lupenreiner Demokrat» verharmlost, der weiss nicht, was er tut.

Denn Kelly ist kein einsamer Rufer in der Wüsten. Mark Milley, Ex-Generalstabschef, wird von Bob Woodward in seinem Buch «War» wie folgt zitiert: «Trump ist ein Faschist, und zwar durch und durch.» Goldberg zitiert im erwähnten Artikel eine ganze Reihe hochrangige Militärs, die vor Trump warnen. So etwa General Barry McCaffrey, ein dekorierter Vietnam-Veteran, der sagt: «Das Militär ist etwas Fremdes für ihn. Er versteht die Gebräuche und die Codes nicht. Das beginnt damit, dass er nicht begreifen kann, dass man etwas nicht aus Egoismus tun kann.»

Kelly, dessen Sohn in Afghanistan gefallen ist, musste sich von Trump anlässlich einer militärischen Feier auf dem Soldatenfriedhof in Arlington auch die Bemerkung anhören: «Ich verstehe nicht, was für diese Typen (die toten Soldaten) drin war.» So gesehen ist es nicht weiter verwunderlich, dass Trump die Szenerie von Arlington auf zynische Art und Weise für Wahlpropaganda missbraucht hat.

Als Generalstabschef Milley einst an einer Parade einen mehrfach dekorierten, aber verwundeten Kriegshelden die Hymne singen liess, erklärte Trump nachher, er solle das künftig bleiben lassen, das werfe kein gutes Licht auf ihn. Mehrere Zeugen bestätigen auch, dass Trump gefallene Soldaten als «suckers and losers» bezeichnet hat.

Er selbst hat sich mit einer vorgetäuschten Fussverletzung vor der Einberufung nach Vietnam gedrückt und später dem Radio-Talker Howard Stern den geschmacklosen Witz serviert: «Ich habe die Zeit damit verbracht, in New York nicht mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt zu werden. Das war mein Vietnam.»

Die Trump-Verharmloser weisen darauf hin, dass die erste Amtszeit so schlimm ja nicht gewesen sei, und dass die Leitplanken des amerikanischen Systems gehalten hätten. Dabei unterschlagen sie, dass die «Erwachsenen» im Weissen Haus dies verhindert haben, Leute wie der ehemalige Verteidigungsminister James Mattis und sein Nachfolger Mark Esper, wie der ehemalige Aussenminister Rex Tillerson. Selbst der zu Recht geschmähte Justizminister William Barr hat Trump am Schluss die Gefolgschaft verweigert. Es sind gerade diese «Erwachsenen», die heute vor dem Faschisten Trump warnen.

Sollte Trump eine zweite Amtszeit erhalten, dann wäre es um die «checks and balances» geschehen. Nur noch absolut loyale Speichellecker würden den West Wing des Weissen Hauses bevölkern und Trump könnte – mit dem Segen des Supreme Court – seine Allmachtsphantasien ungehindert ausleben.

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119 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ktwo
24.10.2024 16:12registriert Februar 2024
Jedem, wirklich jedem, ist unterdessen klar, dass Trump ein lupenreiner Faschist ist.
Und wer auch immer für Trump ist, unterstützt dieses Gedankengut in vollem Bewusstsein.
So einfach ist das.
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Statler
24.10.2024 16:31registriert März 2014
«Wer heute noch – wie etwa NZZ-Chef Eric Gujer – Trump als «nicht ganz lupenreiner Demokrat» verharmlost, der weiss nicht, was er tut.» - oh doch, die wissen mit ziemlicher Sicherheit SEHR genau, was sie tun.
Niemand, mit auch nur ein bisschen Verstand, kann abstreiten, dass Trump ein Diktator in Spe ist.
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Gen X
24.10.2024 16:13registriert August 2023
Oh, Erich Gujer weiss ganz genau, was er da tut, wenn er Trump verharmlost.
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119
    Diese Leute ziehen mit Trump ins Weisse Haus ein

    Kaum gewählt, begann Donald Trump bereits damit, sein Kabinett zu besetzen. Unter den Auserwählten sind vor allem republikanische Hardliner und enge Verbündete. Seine Wunschkandidaten für Ministerämter müssen allerdings vom Senat abgesegnet werden. Das dürfte in einigen Fällen für Diskussionen sorgen, denn viele von ihnen sind umstritten.

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