Im kommenden November finden in den USA Zwischenwahlen statt. Dabei hoffen die Republikaner nicht nur, die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat zurückzugewinnen. Sie erwarten einen Erdrutsch-Sieg. «Wir werden die Demokraten vernichten», frohlockt Steve Bannon, der ehemalige Chefstratege von Donald Trump, bereits jetzt.
Die Chancen der Grand Old Party (GOP), zumindest die Mehrheit im Kongress wiederzuerlangen, stehen tatsächlich gut. Eine hartnäckige Inflation drückt den Amerikanerinnen und Amerikanern auf die Stimmung, und es gelingt Präsident Joe Biden und den Demokraten nicht, etwas dagegen zu unternehmen. Daran wird sich kurzfristig auch kaum etwas ändern. Die Inflation ist zunächst durch die Engpässe in den Lieferketten verursacht worden. Derzeit wird sie durch Putins Krieg weiter angeheizt. Dagegen kann auch der vermeintlich mächtigste Mann der Welt nur wenig unternehmen.
Die Republikaner wollen sich jedoch nicht nur auf ihren Inflations-Sechser im Lotto verlassen. Sie gehen auf Nummer sicher. Deshalb haben sie eine eigentliche Dreckschleuder auf die Beine gestellt, mit der sie alle Kandidaten, welche Joe Biden für die Regierung, Gerichte und Verwaltung vorschlägt, gezielt diffamieren.
Das zeigt Jane Mayer in einem Beitrag des Magazins «The New Yorker» auf. Mayer ist eine der bedeutendsten Polit-Journalistinnen Amerikas. In ihrem Buch «Dark Money» hat sie unter anderem die Machenschaften der Koch-Brüder und anderen Geldgebern der GOP dargelegt.
Wie widerlich die republikanische Dreckschleuder operiert, hat sich jüngst bei der Wahl von Ketanji Brown Jackson in den Supreme Court gezeigt. Die schwarze Richterin hat einen tadellosen Leistungsausweis und wurde bereits vor rund einem Jahr fast einstimmig zu einer Bundesrichterin erkoren. Bei der Wahl zur obersten Bundesrichterin hingegen musste sie sich immer und immer wieder vorwerfen lassen, sie habe zu niedrige Strafen für Vergehen in Sachen Kinderpornografie erlassen.
Kinderpornografie und Pädophilie gehören zu den schlimmsten Verbrechen, die man einem Menschen vorwerfen kann. Beides erregt sofortiges und nachhaltiges Ekelgefühl. Obwohl die Vorwürfe gegen Jackson völlig aus der Luft gegriffen waren und obwohl sie schliesslich mit 53 gegen 47 Stimmen gewählt wurde, dürfte etwas hängen bleiben. Genau dies haben Senatoren wie Josh Hawley und Marsha Blackburn auch erreichen wollen.
Pädophilie-Vorwürfe kommen bei der republikanischen Basis sehr gut an. Mehr als die Hälfte der GOP-Mitglieder hat Sympathien für die Kultbewegung QAnon, und diese lebt bekanntlich von der absurden Verschwörungstheorie, wonach die demokratische Elite und Hollywood-Stars der Pädophilie frönen.
Das Netzwerk der Rechten hat denn auch prompt reagiert. Tucker Carlson wiederholte die Anschuldigungen auf Fox News und Marjorie Taylor Greene, die Abgeordnete und QAnon-Anhängerin aus Georgia, bezeichnete Jackson als «pro-pädophil».
Die Senatoren Hawley und Blackburn haben sich die Vorwürfe gegen die Richterin Jackson nicht aus den Fingern gesogen. Dahinter steht Methode, will heissen: die American Accontability Foundation (AAF). Dabei handelt es sich um eine angeblich überparteiliche gemeinnützige Organisation, welche dazu dienen soll, Transparenz in der Politik herzustellen. Wie Jane Mayer ausführt, wird die AAF jedoch auf verschlungenen Wegen aus dem Trump-Lager finanziert und ist alles andere als überparteilich. Es geht ihr vielmehr darum, systematisch alle Kandidaten, welche vom Senat bestätigt werden müssen, zu diffamieren.
Tom Jones, der Gründer von AAF, macht daraus kein Hehl. Er weigert sich zwar, mit Mayer zu sprechen. Gegenüber Fox News erklärte er jedoch: «Wir wollen eine grosse Handvoll Sand ins Getriebe der Biden-Regierung schmeissen» und es für sie «so schwierig wie möglich» machen, ihre Agenda durchzusetzen.
Um diese Ziele zu erreichen, durchforstet die AAF die Lebensläufe der Kandidaten minutiös und sucht nach Dingen, die man in verdrehter Version als Vorwurf gegen sie verwenden kann.
Wie perfide dabei vorgegangen wird, zeigt das Beispiel von Saule Omarova. Die ausgewiesene Finanzspezialistin und Rechtsprofessorin hätte ein hohes Amt im Finanzministerium antreten sollen. Weil sie in Kasachstan zu Zeiten der UdSSR auf die Welt gekommen war, wurde sie von John Kennedy, einem ganz üblen Senator aus Louisiana gefragt, ob er sie als «Professorin oder Genossin» ansprechen solle. Omarova war bereits in der Regierung von George W. Bush im Finanzministerium tätig gewesen.
Immer wieder gelingt es der AAF mit ihrer Dreckschleuder-Taktik, ausgewiesene Fachleute zu verhindern. Omarova durfte ihr Amt nicht antreten, weil ein paar demokratische Senatoren – darunter selbstredend auch Joe Manchin – sie plötzlich ablehnten. Ein weiteres Opfer war etwa Bloom Raskin. Ihr wurde unter fadenscheinigen Gründen die Wahl ins Aufsichtsgremium der US-Notenbank verwehrt.
Mit ihrer Dreckschleuder-Taktik wollen die Republikaner vertuschen, dass sie derzeit kein politisches Programm mehr haben. Sie setzen voll auf die Karte Kulturkrieg und sprechen daher unablässig über die Critical Race Theory, über die LGBTQ-Gemeinde, über Immigration – und über Donald Trump.
Der Ex-Präsident geniesst in Mar-a-Lago seine Rolle als Königsmacher. Seine Segnungen sind im Vorfeld der beginnenden Primaries bei den Kandidaten der GOP äusserst begehrt. Rund 100 solche «endorsements» (Billigungen) hat Trump bereits ausgesprochen. Wie sich die so gesegneten bei den Zwischenwahlen schlagen werden, dürfte auch darüber entscheiden, ob Trump 2024 nochmals kandidieren wird.
Und Hauptsache Dreck schmeissen anstatt zusammenzuarbeiten.
Irgendwie traurig, geht es fast überall so auf der Welt und sie haben sogar noch Erfolg damit.