Donald Trumps «Make America Great Again»-Bewegung war nie eine konforme Masse von Gleichgesinnten. Immer schon gab es im MAGA-Kult verschiedene Strömungen. Von rechtsextremen Nationalisten über christliche Evangelikale und libertäre Globalisten bis zu moderaten Republikanern – einig war man sich über die Führungsfigur. Donald Trump war von Beginn an das Werkzeug, um die unterschiedlichen, teils gegensätzlichen Interessen zusammenzuführen.
Aber schon in der Wahlnacht im November war erkennbar, dass der erneute Sieg von Donald Trump etwas verdeckte: Er war womöglich teuer erkauft. Denn der frühere und künftige Präsident versprach denen, die ihn wählten, viel. Trump wollte Kriege innerhalb von 24 Stunden beenden, die Preise für Lebensmittel, Energie und Wohnen erheblich senken und milliardenschwere Steuergeschenke verteilen. Finanzieren will er das massgeblich mit Strafzöllen auf importierte Waren aus dem Ausland.
Auf einer Washingtoner Wahlparty der Lobbyorganisation Americans for Tax Reform stand Grover Norquist, einer der libertären, republikanischen Vordenker, und sagte: «Zölle sind kein guter Weg, um Geld einzutreiben. Ich denke, der Präsident weiss um die Gefahr von Handelskriegen.» Man habe bereits einen Handelskrieg mit China geführt, was der amerikanischen Landwirtschaft extrem geschadet habe, so Norquist. Der seit Jahrzehnten hervorragend vernetzte Republikaner hat andere Ziele: die Staatsausgaben radikal kürzen, Steuern abschaffen und die Wirtschaft so weit entfesseln, «dass alle Welt mit uns Handel treiben will», sagte er.
Doch schon immer gab es neben den libertären Republikanern auch solche, die vorwiegend einem blinden Nationalismus folgen. Trumps früherer Chefstratege Steve Bannon gehört zu ihnen, und innerhalb der MAGA-Bewegung hat er bis heute bedeutenden Einfluss. In einem Interview mit der italienischen Zeitung «Corriere della Sera» drohte er den Europäern vergangene Woche: «Wir werden nicht für eure Verteidigung bezahlen, während ihr uns mit unausgewogenen Handelsabkommen überfallt. Ja, es werden Zölle kommen, ihr werdet für den Zugang zum US-Markt bezahlen müssen.» Umsonst sei nichts mehr, der freie Markt sei vorbei, so Bannon.
Vor Trumps zweiter Amtszeit hat sich innerhalb der von MAGA-Leuten dominierten republikanischen Partei der Richtungsstreit zugespitzt. Sichtbar ist er besonders in den gegenseitigen Attacken zwischen dem Nationalisten Steve Bannon und dem ebenfalls eher libertär eingestellten Tech-Milliardär Elon Musk. Die MAGA-Bewegung fordert die versprochenen, besseren Lebensbedingungen ein. Der Milliardär Musk will nach seinen vielen Millionen Wahlkampfspenden für Donald Trump nun aber ebenfalls seine Vorstellungen umsetzen. Und die stehen teils in krassem Gegensatz dazu.
Elon Musk, Chef von Tesla und SpaceX, hat sich zu einem prominenten Unterstützer von Donald Trump entwickelt. Er ist der zweitgrösste Spender für Trumps Wahlkampf und nutzt seine Social-Media-Plattform X, um Pro-Trump-Inhalte zu verbreiten, und hat darum erheblich zu Trumps Wahlerfolg beigetragen. Doch sein Engagement war von Beginn an auch innerhalb der Bewegung umstritten. Musks einwanderungsfreundliche Haltung, insbesondere seine Unterstützung für die sogenannten H-1B-Visa, kollidierte mit der einwanderungsfeindlichen Haltung, die bei vielen traditionellen MAGA-Anhängern und besonders bei Steve Bannon vorherrscht.
Steve Bannon, Trumps ehemaliger Chefstratege im Weissen Haus, hat sich in dem jüngsten Interview lautstark gegen den wachsenden Einfluss von Musk ausgesprochen. «Elon Musks einziges Ziel ist es, Billionär zu werden», sagte er. Musk werde darum keinen vollen Zugang zum Weissen Haus haben, sagt Bannon. Er werde noch vor der Amtseinführung dafür sorgen, dass Musk aus Trumps innerstem Zirkel entfernt wird. Die Frage ist, ob er dazu überhaupt die Macht hat. Trump hält bislang zu Musk.
Obwohl Bannon selbst rassistische Ideen verfolgt, warf er Musk seinerseits Rassismus vor, weil er gut bezahlte Jobs in der Digitalindustrie an Ausländer und nicht an Amerikaner vergeben wolle. «Einerseits finanziert er Trump, andererseits drängt er auf eine Politik, die den amerikanischen Arbeitsmarkt mit billigen ausländischen Arbeitskräften überschwemmt. Das ist kein Patriotismus. Es ist Ausbeutung», sagte Bannon.
Darum stehe er zwar dem finanziellen Engagement von Musk positiv gegenüber, wenn er rechte Bewegungen in den USA und Europa grosszügig finanziere. Was er aber radikal bekämpfen wolle, seien Musks «unausgegorene Ideen, bei denen es in Wirklichkeit um die Einführung eines Tech-Feudalismus auf globaler Ebene geht», so Bannon.
Immer deutlicher wird: Innerhalb der MAGA-Bewegung kämpfen nicht nur zwei Personen gegeneinander, sondern ein libertär-technokratischer Flügel gegen den sogenannten nativistischen Flügel.
Auf der einen Seite steht die Fraktion, die von Personen wie Grover Norquist, Elon Musk, Peter Thiel oder David Sacks repräsentiert wird. Sie vertreten eine Vision mit vornehmlich durch technologische Innovation angetriebenem Wirtschaftswachstum. Sie propagieren wenig Staat, wenig Regulierung und Offenheit für qualifizierte Einwanderung. Musks Vision entspricht dabei einem globalistischen, marktorientierten Ansatz, der insbesondere jüngere, eher libertäre Teile der MAGA-Basis anspricht.
Auf der anderen Seite kämpfen Persönlichkeiten wie Steve Bannon oder Laura Loomer für eine radikal nationalistische und isolationistische Politik mit strengen Einwanderungskontrollen und Strafzöllen. Sie gehen in offene Opposition zu den Elite-Technokraten. Sie argumentieren, dass Ansätze wie die von Musk die Idee «America First» verwässern und die Grundprinzipien der Bewegung untergraben würden.
Zu den wichtigsten Merkmalen der technokratischen Amerika-Vision gehören:
Zu den wichtigsten Merkmalen der nativistischen Amerika-Vision gehören:
Unterm Strich zieht sich dieser immer offensichtlichere Graben durch die MAGA-Bewegung entlang der Gegensätze: Globalisierung versus nationale Souveränität, Elitenfokus versus Basisfokus (einfache, «vergessene» Bevölkerung) und Technologie versus Tradition.
Donald Trump steht damit vor der wohl grössten Herausforderung seiner politischen Karriere: Die offen zerstrittenen Fraktionen seiner Bewegung wieder zu einen, ohne dabei den Kern des MAGA-Versprechens zu verlieren. Dass sich der kommende Präsident bislang schützend vor Elon Musk gestellt hat, zeigt, wie heikel es für ihn wäre, den einflussreichen Milliardär zu verprellen. Aber die nationalistischen Vertreter der MAGA-Bewegung werden ungeduldiger, was an den jüngsten Interview-Äusserungen von Bannon zu erkennen ist.
Sollte Trump langfristig keine Balance zwischen den libertär-technokratischen Visionären und den nationalistischen Traditionalisten finden, ist nicht nur der Erfolg seiner zweiten Amtszeit in Gefahr, sondern auch die Zukunft und das Erbe seiner Bewegung.
Verwendete Quellen:
Insofern hat vermutlich Musk Trump so gesehen gekauft. Nur leider kann der extreme Kapitalismus fast genau so schaden wie der Nationalismus.