Putin lehnt Friedensplan ab und droht Europa mit Krieg
Kaviar, Wachtel, Wild und Krabben: Bevor der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner am Dienstagabend in Moskau Wladimir Putin trafen, liessen sie es sich erst gut gehen. Zusammen mit Kirill Dimitriev, dem Chef des russischen Investitionsfonds, kehrten sie in einem feinen Michelin-Restaurant in Sichtweite des Bolschoi-Theaters ein. Anschliessend begab sich das Trio auf einen kurzen Spaziergang durch die weihnachtlich geschmückte Moskauer Innenstadt. Gegenüber Putin schwärmte Witkoff später, wie «wunderbar» und «majestätisch» die russische Hauptstadt doch sei. Putin war ganz seiner Meinung.
Über das, was die beiden in den anschliessenden fünf Stunden diskutiert haben, ist bis jetzt noch nicht viel nach aussen gedrungen. Nur so viel: Für einen Kompromiss aufbauend auf dem US-Friedensplan war der Kreml-Herrscher nicht zu haben. Man sei nach den Gesprächen zumindest nicht weiter vom Frieden entfernt als vorher, sagte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow lakonisch im Anschluss an das Treffen. Mit anderen Worten: Putin lehnt den Friedensplan ab.
Das war aber eigentlich schon tags zuvor klar, als Putin in Flecktarn gekleidet zur Lagebesprechung der Frontsituation bitten liess. Seine Armee würde in der Ukraine einen Erfolg nach dem anderen erzielen, konnte Generalstabschef Waleri Gerassimow Putin berichten. Die Frontstadt Pokrowsk, welche Russland freilich nach dem früheren sowjetischen Namen Krasnoarmeisk nennt, sei vollständig eingenommen.
Das ist jedoch erwiesenermassen falsch. Pokrowsk bleibt weiter umkämpft, auch wenn die Situation für die Ukrainer schwierig ist.
Aber die Botschaft von Putins Auftritt ist klar: Russland braucht keinen Friedensplan, sondern kann und wird seine Ziele militärisch erreichen.
Putin an Europa: Wenn ihr Krieg wollt, sind wir bereit
Am Dienstag dann setzte Putin kurz vor dem Treffen mit Witkoff nach. In einer improvisierten Pressekonferenz beschuldigte er Europa, die Gespräche mit den USA zu sabotieren. Und Putin äusserte auch wieder einmal eine wenig verschleierte Drohung: Russland habe nicht vor, gegen Europa Krieg zu führen. «Aber wenn Europa mit uns kämpfen will, dann sind wir gleich jetzt bereit», so Putin.
Und was sagt die Nato zum putinschen Säbelrasseln? In Brüssel winkt Nato-Generalsekretär Mark Rutte ab. Er habe vor Jahren aufgehört, Putins Einlassungen zu kommentieren. Man solle dem nur nicht zu viel Geltung verleihen.
Auf die leichte Schulter nimmt man die Drohungen im Nato-Hauptquartier aber natürlich nicht. Im Bereich der hybriden Kriegsführung ist Russland ja schon längst zu offensiven Aktionen gegen Europa übergegangen. Neben den zahlreichen Luftraumverletzungen durch Drohnen und Kampfjets kam es im letzten Monat in Polen zum Beispiel zu einem Sprengstoffanschlag auf einer Bahnstrecke. Premierminister Donald Tusk nannte explizit russische Agenten als Täter und mobilisierte 10'000 Soldaten zum Schutz kritischer Infrastruktur.
Osteuropäische Staaten fordern Entschlossenheit, Nato-Chef bremst
Aktuell fliegen auch immer wieder grössere Ballone von Weissrussland nach Litauen, was den dortigen Flugverkehr lahmlegt. Vilnius klassifiziert das als eine hybride Attacke. Vor allem osteuropäische Staaten fordern deshalb, entschiedener gegen Russland zurückzuschlagen.
Beim Treffen der Nato-Aussenminister in Brüssel war es am Mittwoch deshalb Thema, künftig «proaktiver» vorzugehen. Man denke darüber nach, «aggressiver» auf die hybride Bedrohung zu reagieren, sagte der italienische Nato-Admiral Giuseppe Cavo Dragone, Vorsitzender des Nato-Militärausschusses im Vorfeld. Wie könnte das aussehen? Offensive Cyberaktionen zu Präventivzwecken, unangekündigte Militärübungen oder Informations-Operationen innerhalb Russlands, sind zum Beispiel Ideen, die die Runde machen.
Nato-Chef Mark Rutte steht hier aber auf der Bremse. Die Nato sei eine defensive Allianz, betont er immer wieder. Die schlauere Reaktion sei es, die Ukraine einfach mit noch mehr Militärhilfen zu unterstützen, wie es nun Polen tue. Zusammen mit Deutschland und Norwegen kündigte Polen am Mittwoch ein neues Waffenpaket im Umfang von 500 Millionen Euro an. Für das Jahr 2026 plant die Nato, pro Monat der Ukraine konstant Waffen und Munition für rund 1,25 Milliarden Euro aus US-Beständen zukommen zu lassen.
Und die hybriden Gegenaktionen? Das sei schon jetzt möglich. Aber besser sei, möglichst nicht darüber zu sprechen, beschreibt es ein Insider. (aargauerzeitung.ch)
