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Donald Trump verlangt von Pam Bondi politische Gegner zu attackieren

FILE - Attorney General Pam Bondi speaks to reporters as President Donald Trump listens, Friday, June 27, 2025, in the briefing room of the White House in Washington. (AP Photo/Jacquelyn Martin, File) ...
US-Präsident Donald Trump und die Justizministerin Pam Bondi.Bild: keystone
Analyse

Jetzt attackiert Trump selbst Pam Bondi

Der US-Präsident verlangt von seiner Justizministerin rasche Resultate in seinem Rachefeldzug gegen seine politischen Gegner.
22.09.2025, 13:0722.09.2025, 14:08

An der Abdankungsfeier ihres ermordeten Mannes Charlie Kirk schlug dessen Witwe Erika Kirk versöhnliche Worte an. «Er (mein Mann) hat seine Gegner nicht gehasst. Er wollte das Beste für sie. Er wollte junge Männer wie derjenige, der sein Leben ausgelöscht hat, retten. Dieser junge Mann, ich vergebe ihm. Ich vergebe ihm, wie Christus das getan hätte.»

Donald Trump, der zusammen mit rund 100’000 Trauergästen der Monsterfeier in einem Sportstadion in Glendale (Bundesstaat Arizona) beiwohnte und die Schlussrede hielt, widersprach umgehend: «Da unterscheide ich mich von Charlie», erklärte er. «Ich hasse meine Gegner, und ich wünsche ihnen nicht das Beste.»

KEYPIX - President Donald Trump hugs Erika Kirk at the conclusion of a memorial for her husband, conservative activist Charlie Kirk, Sunday, Sept. 21, 2025, at State Farm Stadium in Glendale, Ariz. (K ...
Donald Trump und Erika Kirk.Bild: keystone

Trumps Scharfmacher und einflussreicher Einflüsterer Stephen Miller legte noch einen drauf. In poetischem Kitsch erklärte er: «Der Sturm flüstert dem Krieger zu, er könne seiner Gewalt nicht widerstehen, und der Krieger antwortet, ich bin der Sturm. Wir sind der Sturm, und unsere Gegner können nicht begreifen, wie stark, wie entschlossen und wie leidenschaftlich wir sind.»

Trump und seine MAGA-Meute nehmen das Attentat auf Kirk jetzt zum Anlass, ihre letzten Hemmungen fallenzulassen. Sie wollen ihren Rache- und Vergeltungsfeldzug gegen reale und eingebildete Gegner durchziehen, und zwar rasch und ohne Rücksicht auf Verfassung und Rechtsstaat. Deshalb attackiert der Präsident jetzt gar eine seiner engsten Verbündeten, die Justizministerin Pam Bondi.

Am Wochenende forderte er sie auf seiner Plattform Truth Social unmissverständlich auf, gegen den ehemaligen FBI-Direktor James Comey, gegen den Senator Adam Schiff und gegen Letitia James, die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, vorzugehen. «Wir können nicht mehr länger warten, das killt unseren Ruf und unsere Glaubwürdigkeit», postete der Präsident. «Sie haben mich zwei Mal impeached und fünf Mal angeklagt, UND ZWAR GRUNDLOS, GERECHTIGKEIT MUSS GESCHEHEN, JETZT!!!»

Dabei schienen Trumps Schergen bereits einen Trick gefunden zu haben, wie sie ihre politischen Gegner hinter Gitter bringen können. Sie werfen ihnen angeblichen Betrug beim Abschliessen von Hypotheken vor. Doch der Trick funktioniert nicht.

James Comey, Director of the Federal Bureau of Investigation gives testimony before the United States House Permanent Select Committee on Intelligence HPSCI on the Russian Active Measures Investigatio ...
Ihn will Trump vor Gericht zerren: James Comey, Ex-FBI-Direktor.Bild: www.imago-images.de

Erik Siebert, ein Staatsanwalt, der die Verfahren gegen Comey und James im Eastern District of Virginia bis vor kurzem leitete, verzichtete aus Mangel an Beweisen auf die Fortsetzung des Verfahrens. Siebert ist Republikaner und erfahrener Strafverfolger. Aus Wut und Enttäuschung wurde Siebert deshalb gegen den Willen von Bondi gefeuert. An seiner Stelle soll nun Lindsey Halligan eingesetzt werden, eine Versicherungs-Anwältin mit null Erfahrung im Strafrecht, deren einzige Qualifikation seine bedingungslose Loyalität zu Trump ist.

Im Bundesstaat Maryland steht derweil die Staatsanwältin Kelly Hayes unter Druck. Sie wird vom Präsidenten gedrängt, Adam Schiff und John Bolton, Trumps ehemaligen Sicherheitsberater, vor den Kadi zu bringen. «Ich bin fünf Mal angeklagt worden», so der Präsident. «Wir müssen rasch handeln. Sollten sie unschuldig sein, kann ich damit leben. Sollten sie jedoch schuldig sein, dann müssen sie angeklagt werden.»

Dass ausgerechnet Pam Bondi ins Fadenkreuz des Präsidenten geraten ist, überrascht. Sie gilt als eigentliches Trump-Groupie. In einem ausführlichen Portrait im Magazin «New Yorker» beschreibt sie Ruth Marcus wie folgt: «Selbst in einem Team von Trump-Speichelleckern sticht sie mit kriecherischer Ergebenheit hervor. An einer Kabinettssitzung wandte sie sich an Trump und sagte: ‹Präsident, ihre ersten hundert Tage haben alles übertroffen, was je eine Präsidentschaft in diesem Land erreicht hat.›»

epa12293962 US Attorney General Pam Bondi addresses the media alongside US President Donald Trump in the James S. Brady Press Briefing Room of the White House, Washington, DC, USA, 11 August 2025. US  ...
Blond und knallhart: Justizministerin Pam Bondi.Bild: keystone

Bondi schmeichelt nicht nur, sie handelt auch. Sie hat das Justizministerium gesäubert, wie noch nie jemand seit der Watergate-Affäre. Und sie zögert keinen Moment, die Wünsche des Präsidenten umgehend umzusetzen. So hat sie beispielsweise die Nominierung von Alina Habba, einer von Trumps Anwältinnen, als Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New Jersey unterstützt, obwohl diese in keinerlei Art qualifiziert war. Es hat dann letztlich doch nicht geklappt.

In der Epstein-Affäre hat Bondi zwar gepatzt, aber nie in einem Ausmass, das zu einer Entlassung gereicht hätte. Zudem ist Inkompetenz in der zweiten Amtszeit von Trump bekanntlich kein Grund, gefeuert zu werden. Obwohl sie einst Mitglied der Demokratischen Partei war, gehört Bondi auch seit bald zwei Jahrzehnten zum Freundeskreis von Trump. So erklärt denn auch die Stabschefin Susie Wiles: «Ich habe eine lange Beziehung zu Trump. Sie noch eine längere.»

Trump will nicht nur Rache und Vergeltung, er will den Tod von Charlie Kirk auch als Auftakt für ein neues «Great Awakening» in den USA missbrauchen. Unter einem «grossen Erwachen» verstehen die Amerikaner periodisch wiederkehrende, religiöse Wallungen, die das gesamte Land erfassen. Weil Kirk ein bekennender Christ war, soll er nun als Märtyrer für den «christlichen Nationalismus» emporstilisiert und als Feigenblatt für die Errichtung eines autoritären Staates missbraucht werden.

Im Magazin «The Atlantic» nennt David Frum noch einen weiteren Grund, weshalb Trump auf seine Justizministerin losgeht. «Trump hat ein feines Gespür fürs Überleben. Er muss gemerkt haben, dass er, wenn er nicht jetzt handelt, um freie und faire Wahlen 2026 zu verhindern, dann einen Grossteil seiner Macht einbüssen wird – und auch seine Straflosigkeit.»

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Gedenkfeier Charlie Krik
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Gedenkfeier Charlie Krik

Elon Musk nimmt auch an der Gedenkveranstaltung, zusammen mit Matt Gaetz, der von Donald Trump kurz für sein Kabinet in Betracht gezogen wurde.

quelle: keystone / ross d. franklin
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Erika Kirk vergibt dem Attentäter – Donald Trump gibt sich unversöhnlich
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212 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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-C-
22.09.2025 13:13registriert Februar 2016
Nun, liebes Amerika, wer einen Diktator bestellt, der kriegt auch einen Diktator. Das wird auch dann sichtbar, wenn man Ihn versucht als Republikaner zu verkleiden..
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s'Paddiesli
22.09.2025 13:29registriert Mai 2017
Warum kommuniziert diese Type eigentlich via TröötSocial mit seiner Justizministerin, was sie tun soll?

Jemand sollte mal Trumps Immobilienbetrügereien auflisten.
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Rainer aus Deutschland
22.09.2025 13:16registriert Januar 2025
Ich hoffe man kann die Negativspirale für Trump noch aufrecht erhalten und die Demokraten werden dann in den Midterms wirklich auch in den tief roten Staaten Siege einfahren.

Dann kann man den Trump und seine MAGA Kumpels ein für alle Mal zum Teufel jagen.

Ich denke, dass die Midterms in einem Jahr die entscheidenden Wahlen sein werden und vielleicht die letzten regulären, denn Trump riskiert zuviel, wenn er jetzt schon zu diktatorisch auftritt.

Man darf nicht vergessen, dass diejenigen die für ihn kämpfen würden keine 20% ausmachen. Die hätte man schnell überwältigt.
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