International
Analyse

Für Donald Trump ist das Oval Office eine Bühne

epa12123574 US President Donald Trump (R) plays a 'White genocide video' (L) as he meets with South Africa's President Cyril Ramaphosa (2-R) in the Oval Office of the White House in Was ...
Am Mittwoch war der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa zu Gast im Oval Office. Bild: keystone
Analyse

Das Oval Office ist eine Bühne, auf der es nur einen Star geben kann: Donald Trump

Zuerst Wolodimir Selenski, nun auch der südafrikanische Präsident: Wer ins Weisse Haus in Washington eingeladen wird, geht ein grosses Risiko ein. Lohnt sich das?
22.05.2025, 21:0922.05.2025, 21:09
Renzo Ruf, Washington / ch media
Mehr «International»

Es ist das berühmteste Arbeitszimmer der Welt: das Oval Office im Weissen Haus in Washington. Hier studiert der amerikanische Präsident Akten, hier empfängt er Gäste zu Gesprächen – und wer sich schon einmal in diesem überraschend kleinen Raum befand, der sagt anschliessend: Man spüre die Macht, die von den Wänden des Oval Office in den vergangenen 115 Jahren aufgesogen worden sei.

Dem neuen alten Präsidenten reicht dies aber nicht aus. Für ihn ist das Arbeitszimmer auch eine Bühne, auf der es – natürlich! – nur einen Star geben kann: Donald John Trump. Also liess er das Oval Office in den vergangenen Wochen umgestalten. Ganz nach seinem Geschmack ist nun überall Schnickschnack zu sehen, vornehmlich aus Gold. Und an der Wand prangt eine fast 250 Jahre alte Kopie der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, zum grossen Gräuel von Kuratoren und Historikern. Das Oval Office sieht nun aus wie Trumps alte Wohnung im Trump Tower in New York oder seine Residenz in Palm Beach (Florida).

Wichtiger aber ist, wie Trump diese neue Bühne ausfüllt. Ganz gezielt nutzt der amerikanische Präsident in den ersten vier Monaten seiner Amtszeit das Oval Office als einen Ort, an dem er Gäste nötigenfalls auch in die Enge treibt – und zwar vor laufender Kamera. Diese Woche hat das nun auch der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa erfahren müssen. Er wollte eigentlich über den Ausbau des bilateralen Handels sprechen, in Begleitung der berühmten Golfspieler Ernie Els und Retief Goosen – zwei alte Bekannte des amerikanischen Präsidenten, der in Anwesenheit von professionellen Golfern manchmal wirkt wie ein ganz normaler Sport-Fan.

Eine multimediale Strafpredigt

Trump aber hatte anderes im Sinn. Er wollte über den «Genozid» an weissen Landwirten in Südafrika sprechen, für den in den Augen des amerikanischen Präsidenten die schwarze Mehrheitsbevölkerung des afrikanischen Landes verantwortlich sei. Das hat er mal aufgeschnappt, höchstwahrscheinlich im Gespräch mit anderen berühmten Südafrikanern – Elon Musk zum Beispiel. Und nun lässt sich Trump nicht mehr umstimmen.

Weil das inoffizielle Familienmotto der Trumps «Zu viel und nie genug» lautet, spielte der amerikanische Präsident seinem Gast auch einen Kurzfilm vor, der diThesen angeblich untermauerte. Ramaphosa blieb nichts anderes übrig, als diese multimediale Strafpredigt über sich ergehen zu lassen, auch wenn er Trump nicht den Gefallen machen wollte, das Filmchen aufmerksam zu studieren. (Stattdessen nahm der südafrikanische Präsident seinen reichsten Landsmann ins Visier, der sich ebenfalls im Oval Office aufhielt, wie Augenzeugen berichteten.)

Diese Episode sollte nicht amerikanischen Politikern, die demokratisch gewählt worden sind, als Warnung dienen. Ein Besuch bei Trump, der selbstverständlich auch mit viel Prestige verbunden ist, birgt Fallstricke. Wer als Bittsteller auftreten muss, der droht gedemütigt zu werden – weil der amerikanische Präsident, aufgewachsen im Grossstadtdschungel von New York, die Schwächen seiner Gegenüber gnadenlos auszunutzen weiss. Und Geschenke mögen Trump zwar vorübergehend besänftigen, aber allzu lange lässt sich der bald 79 Jahre alte Präsident jeweils nicht ablenken.

Märtyrer-Strategie zahlt sich nicht aus

Nun gibt es im amerikanischen Sprachgebrauch den schönen Ausspruch: «Take one for the Team», opfere dich für die Gemeinschaft! Ramaphosa scheint diese Formulierung zu kennen; der ehemalige Anti-Apartheid-Kämpfer reagierte auf die Tirade Trumps sehr gelassen. Im Gegensatz zum ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski Ende Februar liess sich der Südafrikaner nicht provozieren – und korrigierte nur die abstrusesten Aussagen des amerikanischen Präsidenten. Ramaphosa zählte wohl darauf, dass er mit Trump werde vernünftig sprechen können, sobald sein Gastgeber die Medien aus dem Oval Office verscheucht habe. (Diesen Gefallen tat ihm Trump allerdings erst nach einer Stunde.)

Aber diese Märtyrer-Strategie ist grundsätzlich nicht zu empfehlen. Erstens lässt Trump es selten bei einer Demütigung bleiben. Und umstimmen kann man ihn sowieso nicht, schon gar nicht vor einer Kamera. Und zweitens bezahlt man für einen Bückling vor Trump zu Hause auch einen politischen Preis. Gerade ein Politiker aus Europa sollte es sich deshalb zweimal überlegen, ob er oder sie diesen Preis bezahlen will. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
12 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gen X
22.05.2025 22:10registriert August 2023
"Das Oval Office sieht nun aus wie Trumps alte Wohnung im Trump Tower in New York oder seine Residenz in Palm Beach (Florida)."
Igitt. Der Typ echt überhaupt keinen Sinn für Geschmack, Stil und Ästhetik.
Er ist einfach ein durch und durch widerlicher Mensch.
466
Melden
Zum Kommentar
avatar
Martin Baumgartner
22.05.2025 22:05registriert Juni 2022
Früher hatte Trump seine Sendung The Apprentice, in denen er Auszubildene nach Lust und Laune vor Publikum zur Schnecke machen konnte. Nun gibt es mit Oval Office eine Neuauflage. Und wieder heisste es "You're Fired!"
374
Melden
Zum Kommentar
avatar
Maya Eldorado
22.05.2025 22:38registriert Januar 2014
Andere demütigen scheint seine Stärke zu sein, sowohl innen- wie aussenpolitisch.
Warum hat er das wohl nötig? Dass man nicht merkt, wie wenig er im Grunde genommen selbst zu bieten hat?
273
Melden
Zum Kommentar
12
    Deutsche Justizministerin will AfD-Verbotsverfahren prüfen lassen

    Deutschlands Justizministerin Stefanie Hubig plädiert für eine Prüfung eines Antrages auf ein Verbot der rechtspopulistischen AfD.

    Zur Story