Sieben Einrichtungen und 85 Ziele wurden im Zuge dieses Angriffs, der nur etwa 30 Minuten gedauert haben soll, in Syrien und im Irak attackiert. Darunter seien Kommandozentralen, Geheimdienst-Standorte und Waffenlager, die von den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) und mit ihnen verbundenen Milizen genutzt würden, hiess es.
WATCH: The U.S. conducted retaliatory strikes on targets in the Middle East after three soldiers were killed by an Iran-backed militia. https://t.co/r4jtLsh2xQ pic.twitter.com/RFJ6Thr0nN
— Fox News (@FoxNews) February 3, 2024
Der hochrangige US-Militär Douglas Sims erklärte während eines Hintergrundgesprächs mit Medienschaffenden, dass die Vergeltungsschläge erfolgreich gewesen seien. Zum Einsatz kamen dabei auch Langstreckenbomber des Typus B-1, die in den USA abhoben. (Die strategischen Bomber können in der Luft aufgetankt werden.)
Laut Aktivisten und staatlichen Angaben sind mindestens 45 Menschen getötet worden.
Unter den 16 Todesopfern im Irak seien auch Zivilisten, teilte ein Regierungssprecher in Bagdad am Samstag mit. Eine Zahl nannte er nicht. Zudem habe es 36 Verletzte gegeben sowie Schäden an Wohngebäuden und an Privatbesitz.
Der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London zufolge wurden in Syrien mindestens 29 Mitglieder proiranischer Milizen getötet.
Über die Zahl der getöteten Menschen wollten sich die USA nicht äussern. Generalleutnant Douglas Sims zeigte sich im Hintergrundgespräch überzeugt davon, dass die US-Militärs «exakt» die richtigen Stellungen getroffen hätten. Die Frage, ob es bereits zu Gegenschlägen der pro-iranischen Milizen gekommen sei, beantwortete er negativ.
Joe Biden will keinen regionalen Krieg im Mittleren Osten, in den auch der Iran hineingezogen würde. Dies beteuerte der amerikanische Präsident am Freitag erneut – kaum hatten die US-Streitkräfte bekannt gegeben, dass sie Vergeltung für den Tod dreier amerikanischer Soldaten am vergangenen Sonntag in Jordanien geübt hätten. Zahlreiche weitere Soldaten wurden verletzt.
Iran's Islamic Revolutionary Guards Corps (IRGC) Quds Force and affiliated militia groups continue to represent a direct threat to the stability of Iraq, the region, and the safety of Americans. We will continue to take action, do whatever is necessary to protect our people, and… pic.twitter.com/Y53nvRfjjx
— U.S. Central Command (@CENTCOM) February 3, 2024
Am Mittwoch schrieb die US-Regierung die Attacke offiziell einer Gruppe mit dem Namen «Islamischer Widerstand im Irak» zu, die den Angriff zuvor bereits für sich reklamiert hatte. Beim Islamischen Widerstand im Irak handelt es sich um eine Art Dachgruppe für pro-iranische Milizen im Irak, die seit den Terrorakten der islamistischen Hamas vom 7. Oktober in Israel gemeinsam unter diesem allgemeinen Namen auftreten.
Washington hofft, dass Teheran sich die zahlreichen Organisationen, die es in der Region mit Waffen, Geld oder strategischen Ratschlägen unterstützt, vorknöpfen wird. Ziel ist es, die anhaltenden Attacken gegen amerikanische Soldatinnen und Soldaten zu stoppen, die in der Region stationiert sind.
Gleichzeitig signalisiert Biden aber auch, dass er nicht aufs Ganze gehen will, wie der US-Korrespondent Renzo Ruf in den CH-Media-Titeln schreibt. Eine Attacke gegen Ziele auf iranischem Territorium sei nicht geplant, sagte am Freitag John Kirby, ein Sprecher des Präsidenten. Vielmehr kündigte Kirby an, dass die Attacken gegen pro-iranische Kräfte weitergehen würden, bis die Gefahr für die USA gebannt sei.
Biden liess sich zu diesem Thema mit den Worten zitieren:
Weiter erklärte er: «Unsere Reaktion hat heute begonnen. Sie wird fortgesetzt zu Zeiten und an Orten unserer Wahl.»
Die Frage ist nun: Wie werden der Iran – und die mit Teheran verbündeten Milizen in Syrien und im Irak – auf die amerikanischen Luftschläge reagieren?
Der Sprecher des Oberbefehlshabers der irakischen Streitkräfte drohte:
Der irakische Regierungssprecher Bassim al-Awaudi sprach von einer «neuen Aggression der US-Regierung auf die Unversehrtheit des Irak». Dies werde die Sicherheit des Iraks und der Region an den Rand des Abgrunds treiben.
Das irakische Aussenministerium bestellte den Geschäftsträger der US-Botschaft im Irak, David Burger, ein, da die US-Botschafterin ausser Landes war. Man werde Burger eine Protestnote überreichen, hiess es in Bagdad.
Präsident Abdul Latif Raschid berief eine Notfallsitzung der wichtigsten Kräfte in der Regierung sowie der politischen Blöcke ein, um über die Konsequenzen der US-Angriffe zu beraten und eine «klare und vereinte Haltung» zu finden. Ministerpräsident Mohammed al-Sudani erklärte eine dreitägige Staatstrauer.
Das syrische Verteidigungsministerium erklärte, die Angriffe seien «ein Versuch, die Fähigkeiten der syrischen Armee und ihrer Alliierten beim Kampf gegen Terrorismus zu schwächen. Die »US-Aggression« habe mehrere Zivilisten und Militärangehörige getötet und schwere Schäden verursacht, teilte das Ministerium der Staatsagentur Sana zufolge mit. In der vom US-Militär angegriffenen Gegend laufe der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), hiess es.
Die US-Raketenschläge gegen proiranische Milizen in Syrien und im Irak sollen den Weltsicherheitsrat in New York beschäftigen. Ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums ist Diplomatenkreisen zufolge für Montag um 22 Uhr MEZ vorgesehen. Russland hatte die Sitzung angefragt und den USA vorgeworfen, mit den Luftschlägen gezielt eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten herbeiführen zu wollen.
Russland, das selbst einen verbrecherischen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine führt, kritisiert regelmässig das Vorgehen der USA im Nahen Osten.
Die Sorge vor einer länderübergreifenden kriegerischen Eskalation in der Region wächst.
Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell hat nach den US-Vergeltungsschlägen gegen pro-iranische Milizen im Irak und in Syrien vor einer weiteren Zuspitzung der Spannungen gewarnt. Der Spanier sagte am Samstag am Rande eines informellen EU-Aussenministertreffens in Brüssel:
Man rufe alle Beteiligten auf, sich darum zu bemühen, eine Eskalation zu vermeiden.
Der Iran hat die US-Luftangriffe auf Dutzende Stellungen proiranischer Milizen im Irak und in Syrien scharf verurteilt. Aussenamtssprecher Nasser Kanaani sagte am Samstag:
Dies sei eine «strategische Fehlkalkulation» der US-Regierung und werde Washington nur noch weiter in den Konflikt zwischen Israel und Palästina hereinziehen, so der Sprecher.
US-Präsident Joe Biden hatte vor Beginn der Attacken auf dem Luftwaffenstützpunkt in Dover (Delaware) an einer Zeremonie teilgenommen, an der die Leichname der drei getöteten amerikanischen Soldaten William Rivers (46), Kennedy Sanders (24) und Breonna Moffett (23) mit militärischen Ehren empfangen wurden.
Die drei US-Soldaten waren am vergangenen Sonntag bei einem nächtlichen Drohnenangriff auf einen kleinen US-Aussenposten («Tower 22») an der jordanischen Grenze zu Syrien getötet worden. Für diese Attacke verantwortlich zeichnet mutmasslich eine pro-iranische Miliz im Irak.
Kirby beteuerte allerdings während des Hintergrundgesprächs, zwischen der Zeremonie und den Vergeltungsschlägen bestehe «überhaupt kein» zeitlicher Zusammenhang. Vielmehr, sagte ein hochrangiger Militär, sei der Freitag aufgrund des guten Wetters gewählt worden.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Oktober haben pro-iranische Milizen fast täglich Angriffe auf US-Militärstützpunkte im Irak und in Syrien verübt. Die US-Regierung reagierte darauf bereits zuvor mit Luftschlägen in beiden Ländern – allerdings in geringerem Ausmass als die neue konzertierte Aktion.
Seit dem 7. Oktober tritt der Islamische Widerstand im Irak als Einheit auf. Zu der Gruppe gehört die vom Iran unterstützte Kataib Hisbollah. Sie zählt zu den stärksten Milizen im Irak und fordert den Abzug der US-Truppen aus dem Land. Der Nordosten Jordaniens, wo sich die tödliche Attacke mit den US-Soldaten ereignete, grenzt sowohl an Syrien als auch an den Irak.
Ausserdem greifen die jemenitischen Huthi – aus Solidarität mit der Hamas – immer wieder Frachter im Roten Meer an. Als Reaktion darauf haben die USA und Grossbritannien mit der Unterstützung Verbündeter Militärschläge gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen ausgeführt. Die US-Luftschläge schreckten die Milizen bisher nicht vor weiteren Angriffen ab.
(yam, mit Material von CH Media / Renzo Ruf / sda / dpa)
Weit hat es der Mensch gebracht. Und eine Besserung scheint nicht in Sicht.
Es wird einem nicht leicht gemacht, noch irgendwie positiv an die Zukunft zu denken.