Am 29. Juli organisiert Erin Patterson (48) im ostaustralischen Städtchen Leongatha ein Familienessen. Eingeladen sind ihr Ex-Mann Simon, ihre beiden Ex-Schwiegereltern Don und Gail Patterson sowie die Schwester von Gail, Heather Wilkinson, und ihr Ehemann Ian. Erin Patterson hat selbst gekocht: Es gibt Beef Wellington mit Pilzen. Im letzten Moment sagt Simon ab, weshalb nur fünf Leute am Essen teilnehmen.
Wenige Tage später lebt mehr als die Hälfte der Tischrunde nicht mehr. Don und Gail Patterson sowie Heather Wilkinson sterben, Ian Wilkinson liegt in kritischem Zustand im Spital. Sie alle hatten typische Symptome einer Pilzvergiftung aufgewiesen. Nur Erin Patterson, der Köchin, geht es gut.
Nach dem Tod der drei Personen hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen. Man geht schwer davon aus, dass die Opfer gestorben sind, weil sie Grüne Knollenblätterpilze gegessen haben. Der Pilz gleicht essbaren Sorten stark, ist aber hochgiftig. Der Knollenblätterpilz beinhaltet Amatoxine und Phallotoxine, welche beim Verzehr ein Leberversagen verursachen. Deshalb ist er für mehr als 90 Prozent der tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen verantwortlich.
Der Fall sorgte international für Schlagzeilen – dass ausgerechnet die Köchin überlebte, sorgte vielerorts für Stirnrunzeln. Hinzu kam, dass die Kinder Pattersons gerade an diesem Mittag im Kino waren und so nicht am Essen teilnahmen. Am Abend assen sie das übrig gebliebene Beef Wellington, nicht aber die Pilze: Diese habe sie entfernt, da die Kinder diese nicht gerne ässen, so Patterson gegenüber ABC.
Als Patterson zum ersten Mal von der Polizei befragt wurde, machte sie sich in den Augen vieler weiter verdächtig: So machte die Australierin von ihrem Schweigerecht Gebrauch und verzichtete auf Angaben zum fatalen Essen. Ein Fehler, wie sie später einräumte: «Ich bereue es sehr, nicht geantwortet zu haben», so Patterson. Das Gespräch mit der Polizei sei «furchterregend» gewesen.
Letzte Woche häuften sich die Berichte um den Fall Patterson erneut. Grund dafür war ein Fund der Polizei: Wie Medien berichteten, untersuchten die Beamten eine nahegelegene Mülldeponie und nahm dabei einen Dörrautomaten mit – denjenigen von Patterson, welchen diese entsorgt hatte. Die Polizei wollte daraufhin von ihr wissen, ob sie damit die mutmasslich giftigen Pilze zubereitet habe. Patterson verneinte: Sie habe das Gerät «schon vor längerer Zeit entsorgt» – eine Lüge, wie sich später herausstellte.
Police have returned to a South Gippsland tip as they investigate the deaths of three people from suspected mushroom poisoning.
— Monique Hore (@moniquehore) August 9, 2023
The ABC understands police also attended the site on Friday and removed a food dehydrator | via @sachapjourno @abcnews https://t.co/IxxZga6W47 pic.twitter.com/eBIvQXlzkV
So gestand sie später, diesen tatsächlich beim Kochen des tödlichen Mahls verwendet zu haben. Sie habe im Spital mit ihrer Familie darüber gesprochen, als sie ihr Ex-Mann gefragt habe: «Hast du den gebraucht, um sie zu vergiften?» Daraufhin habe sie Panik bekommen, erklärt Patterson, Panik, dass sie das Sorgerecht für ihre Kinder verlieren könnte. Deshalb habe sie den Dörrautomaten weggeworfen.
Erin Patterson bestreitet jegliche Vorwürfe, sie habe die Familie ihres Ex-Ehemannes absichtlich vergiftet. In einem Statement für die Polizei, welches auch der Zeitung ABC vorliegt, berichtet die 48-Jährige, sie sei «am Boden zerstört», dass die von ihr zubereiteten Pilze für den Tod der Gäste verantwortlich seien. «Ich betone, dass ich keinerlei Gründe hatte, um diesen Leuten, die ich liebe, zu schaden», sagt sie.
Patterson erklärt weiter, sie habe vor dem Essen sämtliche Portionen vorbereitet und ihre Gäste hätten dann einen Teller zu sich genommen. Sie selbst habe die Portion gegessen, die übrig geblieben sei. Zudem schreibt sie, dass sie ebenfalls Vergiftungssymptome gehabt habe – darüber war bislang nicht berichtet worden. So sei sie nach dem Mittagessen mit starken Magenschmerzen und Durchfall ins Spital eingeliefert worden, wo sie dann ein Medikament zum Schutz ihrer Leber bekommen habe. Das Spital, welches Patterson dabei nannte, bestätigte, dass am 30. Juli – am Tag nach dem Essen – tatsächlich eine fünfte Person mit Verdacht auf eine Lebensmittelvergiftung eingeliefert worden war.
Was die Pilze betrifft, erklärte Patterson, sie habe zwei verschiedene Sorten verwendet: Champignons aus einem Supermarkt sowie getrocknete Pilze, welche sie vor einigen Monaten in einem asiatischen Shop in Melbourne gekauft habe. Allerdings könne sie sich nicht mehr genau erinnern, welcher es gewesen sei.
Die Ermittlungen im Fall Patterson laufen nach wie vor. Die Polizei erklärte, Patterson werde als Verdächtige behandelt, stellte aber gleichzeitig klar: Konkrete Hinweise auf eine vorsätzliche Tat gibt es bislang nicht. Aus diesem Grund wurden auch keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Patterson eingeleitet.
Ebenfalls untersucht wird derzeit, ob es sich beim tödlichen Essen tatsächlich um Grüne Knollenblätterpilze handelte. Patterson gibt an, sie habe die Reste des Essens den Behörden übergeben.
(dab)