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Tuvalu: Tausende wollen nach Australien mit dem Klima-Asyl

Funafuti Tuvalu
Die Hauptinsel von Tuvalu: Funafuti. Bis zum Jahr 2100 wird laut Prognosen 90 Prozent des Inselstaates unter Wasser stehen.Bild: Shutterstock

Klima-Asyl für Tuvalu: Per Lotterie in die neue Heimat Australien

Tuvalu geht unter. Es könnte das erste Land der Welt sein, das wegen der Klimakrise unbewohnbar wird. Immer mehr Menschen wollen den Kleinstaat verlassen. Doch Australien will nicht alle aufnehmen.
22.07.2025, 19:4322.07.2025, 19:43
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Das Wasser steigt und ebenso die Zahl der Menschen, die keine Zukunft mehr für sich in Tuvalu sehen: Fast die Hälfte der Bevölkerung der Insel im Pazifischen Ozean hat innerhalb weniger Wochen ein Visum für eine Einwanderung nach Australien beantragt.

Im Südpazifik steigt der Meeresspiegel im Zuge der globalen Erderwärmung besonders schnell. Tuvalu wird – wie andere Inseln in der Region auch – in den nächsten Jahrzehnten weitgehend überschwemmt werden.

Hier liegt Tuvalu:

Konkret wird laut Tuvalus Premierminister Feleti Teo mehr als die Hälfte von Tuvalu bis 2050 regelmässig von Flutwellen überflutet sein. Bis zum Jahr 2100 sollen 90 Prozent seines Landes bei Flut unter Wasser stehen und komplett im Meer versunken sein.

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Ein Mann fährt durch Tuvalus Hauptstadt Funafuti. Irgendwann zwischen 2050 und 2100 werden die Atolle aber nicht mehr bewohnbar sein.Bild: EPA

Der Inselstaat ist eines der am niedrigsten gelegenen Länder der Welt: Tuvalu ragt an der höchsten Stelle gerade einmal fünf Meter aus dem Meer. «Eine innere Umsiedlung in Tuvalu ist keine Option, wir sind völlig flach, es gibt gar kein höheres Gelände», erklärt der Premierminister Teo gegenüber CNN.

Tuvalu
Tuvalu ist mit 26 km² der viert- kleinste Staat unserer Erde. Die breiteste Stelle ist gerade mal 400 Meter weit.Bild: Shutterstock

Deswegen haben die australische und tuvaluische Regierung das sogenannte Falepili-Abkommen 2023 abgeschlossen, um so den vom Klimawandel extrem betroffenen Bewohnern ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren.

Visa-Lotterie: Zufallsverfahren startet

Einer Volkszählung von 2022 zufolge leben rund 10'600 Menschen in dem nördlich von Neuseeland und östlich von Papua-Neuguinea liegenden Inselstaat. Von diesen haben sich übereinstimmenden australischen Medienberichten zufolge 5157 für ein Visum beworben. Die Formulare waren Mitte Juni online gegangen.

Im Rahmen der Vereinbarung können 280 Einwohner und Einwohnerinnen von Tuvalu pro Jahr mit einem Sondervisum nach Australien auswandern. Die Plätze sollen ab dem 25. Juli durch ein Zufallsverfahren vergeben werden, wie die Nachrichtenseite News.com.au berichtete. Wenn die Zahl der Anträge in Zukunft in gleichem Masse anhalte, könnte die gesamte Bevölkerung Tuvalus innerhalb von 40 Jahren in Australien leben, hiess es. Die Tuvaluaner erhalten bei ihrer Ankunft in Australien eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, mit dem Recht auf Arbeit und Zugang zu öffentlicher Gesundheitsversorgung und Bildung.

Die Obergrenze von 280 Visa pro Jahr soll verhindern, dass Tuvalu zu schnell seine jungen und hochqualifizierten Bürger verliert.

Australien erkenne die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensgrundlagen, die Sicherheit und das Wohlergehen von klimavulnerablen Ländern und Menschen, insbesondere in der Pazifikregion, so das australische Aussenministerium zur Vereinbarung.

epa11568075 Australian Prime Minister Anthony Albanese shakes hands with Prime Minister of Tuvalu Feleti Teo (L) after signing agreements for the Australia-Tuvalu Falepili Union to come into force at  ...
Der Premierminister von Tuvalu, Feleti Teo (links), schüttelt nach der Unterzeichnung des Falepili-Abkommens mit dem australischen Premierminister Anthony Albanese die Hände.Bild: keystone

Was sagen die Bewohner?

«Wenn Tuvalu untergeht, bevor ich sterbe, gehe ich mit meinen Liebsten», sagt ein 70-jähriger Mann im Gespräch mit der ARD. «Wenn nicht, versuche ich hier zu bleiben», ergänzt er. Ihm ist dabei vor allem eines wichtig: Er will, dass seine Enkelkinder einen Platz in dem Asyl-Programm bekommen und so die Chance auf eine sichere Zukunft erhalten. «Wenn die Zeit für uns kommt, diesen Ort wirklich zu verlassen, dann gibt es so wenigstens einen Ort für sie, an den sie gehen können.»

«Wenn Tuvalu untergeht, bevor ich sterbe, gehe ich mit meinen Liebsten»

Doch der Klimawandel scheint für viele auf Tuvalu nicht unbedingt das bestimmende Thema bei der Sache zu sein. Die Tuvaluerin Savali Matio etwa hofft auf eine bessere Zukunft für ihre Kinder: «Ja, ich habe einen Antrag für meine Kinder gestellt. Sie sind schon älter und brauchen Zugang zu einer guten Ausbildung und zu Medikamenten in Australien. Es wäre gut, wenn sie diese Art von Visum bekämen», sagt sie gegenüber der ARD.

Matio stellt dabei keinen Einzelfall dar, auch Savali Fatoga hat einen Antrag für ihren Sohn gestellt: «Er will es gerne ausprobieren, er will in die Welt hinaus, das Leben in Australien kennenlernen. Er sucht nach Jobs in Australien», sagt sie.

Sie selbst will es in der nächsten Ausschreibungsrunde auch versuchen und sich auf eines der begrenzten Visa bewerben. Bis sie erfährt, ob ihr Sohn in diesem Durchgang einen der wenigen Plätze erhält, vergeht noch ein wenig Zeit. Sollte es klappen, könnte er noch Ende des Jahres nach Australien umziehen.

(les mit Material der sda/dpa)

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